Im Interview - Mit Jörg Iske von Märklin sprechen wir über die Faszination Modelleisenbahn / Göppinger Firma passt sich Wünschen an

Für jedes Alter ist etwas dabei

Von 
Katja Bauroth
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Wer sich mit Modelleisenbahnen beschäftigt, der kommt an dem Göppinger Unternehmen Märklin nicht vorbei. Einst als kleine Fabrik für Blechspielzeug 1859 gegründet, präsentierten die Brüder Eugen und Karl Märklin 1891 die erste Modelleisenbahn auf der Leipziger Frühjahrsmesse. Die Marken Märklin, Trix, Minitrix und Lehmanngartenbahn (LGB) verbinden Menschen über Generationen. Das wird auch in der Serie über Modellbahnliebhaber in der Region deutlich, die das Jubiläum zu 150 Jahre Rheintalbahn begleitet. Mit Jörg Iske (53, Bild), Marketingleiter von Märklin, sprach diese Zeitung über das Phänomen Modelleisenbahn.

Herr Iske, was macht Ihrer Meinung nach seit Generationen die Faszination an Modelleisenbahnen aus?

Jörg Iske: Erinnerungen an die Kindheit sorgen bei vielen Menschen für leuchtende Augen. Die gemeinsamen Spiele mit den Eltern oder Großeltern an einer Modellbahn – egal ob nun einfach auf dem Teppich zusammengebaut oder auf einer Platte mit umfangreicher Landschaftsgestaltung – stehen bei vielen hoch im Kurs. Dies hören wir von Kunden im direkten Gespräch immer wieder. Der Aufbau oder auch Umbau einer eigenen kleinen heilen Welt als gemeinschaftliches Familienprojekt, um wertvolle gemeinsame Zeit – neudeutsch „Quality time“ – zu verbringen, wird bei der Modellbahn seit Generationen geschätzt. Diese Erkenntnis der vergangenen Jahre haben wir zu unserem offiziellen Motto gemacht: Märklin verbindet Generationen.

Welche Kriterien spielen eine Rolle, wenn ein neues Modell angedacht und schließlich gefertigt wird?

Iske: Gespräche mit Kunden auf Messen, Umfragen oder Zuschriften liefern uns wertvolle Informationen, welche Modelle von den Profi-Modellbahnern gewünscht sind. Überlegungen, ob eine aufwendige Form komplett neu konstruiert werden sollte oder ob mit einem Umbau vorhandener Formen ein neues Modell auf aktuellem Stand der Technik geschaffen werden kann, gehören ebenso zu den entscheidenden Kriterien. Auf den berühmten gesunden Mix kommt es hier an. Für die Kinderlinien gibt es wiederum andere Kriterien: Märklin my world Spielzeugbahnen für Drei- bis Sechsjährige müssen robust und preiswert sein. Wir achten dabei aber auch auf eine gewisse Nähe zum Vorbild. Die Märklin-Start-up-Modelle für Kinder ab sechs Jahren dagegen sind echte elektrische Modelleisenbahnen, vorwiegend modernerer Bauart, weil dies Modelle sind, die die Kinder auch in der echten Welt heute sehen. Themenwelten wie dieses Jahr „rund um die Landwirtschaft“ oder „Jim Knopf und die Wilde 13“ pünktlich zum Filmstart im Oktober bieten einen hohen Spielwert bei einem guten Preis-/Leistungsverhältnis.

Welches sind die neuesten Modelle aus Ihrem Haus?

Iske: Wir bringen jedes Jahr um die 300 bis 400 Neuheiten heraus. Damit können wir fast alle Altersklassen, Spurweiten, Epochen und Themenwelten bedienen. Für die Profis gab es in diesem Jahr eine Jubiläumslok zum 30. Geburtstag unserer Handelspartner-Organisation MHI, der Märklin Händler Initiative. Die war sehr schnell nach der Vorstellung bereits ausverkauft. Ein Hammer war auch die US-Dampflok 4014, der sogenannte „Big Boy“. Die größte betriebsfähige Dampflok der Welt im Maßstab 1:87 ist natürlich eine riesige Maschine! Im Mai haben wir eine deutsche Dampflok der Baureihe 38 vorgestellt. Ein Evergreen, den wir dieses Mal komplett neu konstruiert haben. Eine Augenweide und technisch auf dem neuesten Stand.

Sind Modelleisenbahnen eigentlich nur „reine Männersache“ sowohl in Bezug auf die Herstellung in Ihrem Unternehmen als auch beim Endverbraucher?

Iske: Traditionell ist die Modelleisenbahn eher ein Thema für Väter und ihre Söhne. In unseren jüngsten Kampagnen in der Weihnachtszeit haben wir jedoch entdeckt, dass nahezu ein Viertel der Anmeldungen für ein Infopaket von weiblichen Modellbahnfans kam. Der Schwerpunkt aller Anmeldungen kam von 34- bis 54-Jährigen. Wir sehen also auch eine Verjüngung unserer Zielgruppe. In unserem Unternehmen arbeiten viele Frauen. In der Produktion übernehmen Frauen oft Arbeiten, die durch die Filigranität bestimmter Bauteile oder die Bemalung per Hand viel Fingerspitzengefühl erfordern.

„Spielt“ man eigentlich mit den Modellen oder gibt es da in der Fachsprache einen anderen Begriff für?

Iske: Das handhabt jeder anders. Es gibt Modellbahner, die spielen, andere wiederum sammeln. Die Nächsten bestehen darauf, dass sie fahren, weil sie sich als Zugführer sehen.

Haben Sie privat auch Modelle? Wenn ja, wie oft bringen Sie diese in Bewegung?

Iske: Ich besitze noch meine Märklin Sprint Autorennbahn aus meiner Jugend. Jedes Mal, wenn ich diese wieder auspacke, kommen bei mir schöne Erinnerungen an die Zeiten hoch, als ich mit meinem Vater und später mit meinem Sohn damit gespielt habe. Die Marke Märklin lässt auch bei mir den Puls höherschlagen. Das schaffen sonst nur wenige, wie der Hersteller begehrter Smartphones.

Autor Katja Bauroth liebt Begegnungen und Storys - im Lokalen und auf Reisen.

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