Speyer. Ein neues Mitglied hat sich offiziell in die Reihe der Arno-Reinfrank-Literaturpreisträger eingereiht. Autor Tijan Sila ist mit seinem Buch „Die Fahne der Wünsche“ bereits der sechste Empfänger des von der Stadt Speyer alle drei Jahre vergebenen Preises und wurde im historischen Ratssaal in kleinem Rahmen geehrt, nachdem die geplante Preisverleihung während der „Speyer-Lit“- Veranstaltung zu Anfang des Jahres leider ausfallen musste.
Musikalisch verschönert wurden die Redebeiträge von Gitarrist Christian Straube, der den Abend virtuos mit einer Eigenkomposition eröffnete, bevor Bürgermeisterin Monika Kabs das Mikrofon übernahm.
Schwierige Lage der Künstler
Sie begrüßte die Gäste, führte in das Werk des Preisträgers ein und lud anschließend Jeanette Koch, die Witwe Arno Reinfranks und Stifterin des Preises zu einigen weiterführenden Worten ein. Die darauffolgende Ausführungen der Britin hangelte sich humorvoll an aktuellen Geschehnisse entlang: Fake News, Brexit und Corona-Pandemie, um schließlich beiderseits an die schwierige Lage der Künstler hierzulande zu erinnern, ohne gleichwohl auch künstlerische Möglichkeiten zu erwähnen.
Nach einem weiteren Musikbeitrag appellierte Ingo Rüdiger, Mitarbeiter des Literaturbüro in Mainz, für das Lesen ganz allgemein und für die deutsche Gegenwartsliteratur im Besondern.
Erscheint nur teilweise fiktiv
In seiner Laudatio ließ er selbstverständlich keinen Zweifel daran, mit welchen Büchern man da beginnen sollte: Wenig überraschend war es „Die Fahne der Wünsche“, welches das Leben des Radrennfahrers Ambrosio in einem nur teilweise fiktiv scheinenden totalitären Staat darstellt, der schließlich selbst das Flippern verbietet, oder auch Tijan Silas neuen Roman „Krach“, eine Coming-of-age-Geschichte, die sich ganz eindeutig zum Punkrock bekennt.
Nachdem der Preis verliehen und reichlich Fotos gemacht wurden, war es Zeit für die Rede des Autoren, die – wie er selbstironisch einräumte – seine erste sei und als solche auch ein wenig hochtrabend daherkomme.
Er ging darin der Frage nach, welche Parallelen er in seinem Lebenslauf zu Arno Rheinfrank finden könne. Der in Sarajevo geborene Preisträger schilderte den Beginn eines neuen Lebens in Mannheim, dem Geburtsort des Verstorbenen sowie seine Verbindung zu der neuen Sprache, die sie teilten. Dabei beschränkte er sich jedoch nicht allein auf diese Spurensuche in den Lebensläufen, sondern sprach auch viel allgemeiner über Heimat, Denkstrukturen, die in der Sprache verankert sind, die Freiheit, die mit dem Besitz eines deutschen Passes verbunden ist, und über seinen Anspruch an Literatur.
„Literatur muss aufhören eine reine Ablenkung zu sein“, forderte er und die Zuhörer folgten seinen Ausführungen gespannt.
Noch ein Exemplar erwerben
Mit einem abschließenden Lied fand die kurzweilige Veranstaltung ihr Ende und der Büchertisch vor der Tür wurde eröffnet. Der Appell des Preisträgers zum Lesen schien funktioniert zu haben. Und wer bedauerte, dass an diesem Abend nicht von dem Autoren aus dem von der Jury ausgewählten Buch gelesen wurde, konnte dort ein Exemplar erwerben – oder er lauscht im Februar nächstes Jahr dem Nachfolger „Krach“ auf der kommenden „Speyer-Lit“-Veranstaltung.
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