Speyer. Der „Brutus“ ist ein Höhepunkt geblieben bei den Brazzeltagen im Technik Museum, die nach zwei Jahren Pause am Wochenende wieder live und laut durchgeführt werden konnten. Minimale Umdrehung, maximale Geschwindigkeit – für Kenner der Materie ein Höhepunkt. Zwei Tage lang war das Außengelände des Museums Anlaufstelle für mehrere Tausend Besucher – die Schätzungen gehen Richtung 16 000.
Motorisiertes aller Art, soweit das Auge reicht. Das erhöht den Puls der leidenschaftlichen Fans und sorgt für fotografisches Feuer frei an allen Ecken und Enden des weitläufigen Areals. Im Detail inspiziert werden Wagen und Zweiräder, Eigenkreationen wie ein zum Fahren gebrachter übermächtiger „Red Bull“-Helm oder ein flugzeugähnliches Konstrukt mit einem Windkanal an der Front. Das erzeugt natürlich große Bewunderung.
Im Hintergrund drehen gut ein Dutzend Männer auf 50-Kubikzentimeter-Mopeds ihre Runden. „Schnapsglasklasse“ hat der Veranstalter das Wettrennen genannt, das im Le-Mans-Start begann. Über die Fahrbahn rennen dabei die Herren zu ihren Zweirädern, satteln auf und rasen mit Vollgas los – mit einer Ausnahme. Ein Zweirad wollte nicht wie der Fahrer. Nach einigen Neustartversuchen und motivierendem Beifall der Zuschauer hat’s doch noch geklappt. Die Räder laufen.
Während die knatternden Maschinen ihre Runden drehen, sind Menschen an einer anderen Stelle auf dem Gelände noch beseelt vom lautstarken Dröhnen eines Wagens, der von Hermann Layher angeworfen wurde. Dampf und ohrenbetäubender Schall hat den Platz erfüllt. Für die Menschen bei diesem Ereignis scheinen die Motorengeräusche Musik in den Ohren. Wie sehr haben sie es vermisst, das „Brazzeln“ – so die Bezeichnung auf Schwäbisch – in den vergangenen beiden Jahren.
Museumschef Layher geht es nicht anders. Er ist froh, auf dem Gelände des Technik Museums wieder etwas Großes bieten zu können. „Die Leute wollen raus“, sagt er. Darin schließt er sowohl die Besucher als auch die Eigentümer der Fahrzeuge vor Ort und die Anbieter diverser Waren ein. „Wir haben eine sehr hohe Dichte an Fahrzeugen“, merkt Layher im Gespräch an. Das ist nicht zu übersehen. Überwältigend ist der erste Eindruck, den das Publikum beim Zutritt auf das Festgelände hat.
Die feste Fangemeinde ist da, stellt der Chef der Technik Museen Speyer und Sinsheim fest. Aber auch andere sind gekommen. Die, die Spaß daran haben, endlich wieder etwas erleben zu dürfen. Die Brazzeltage sind ein Ereignis für alle Generationen, dazu reicht ein Blick in die kaum zu erfassende Menschenmasse.
Mitfahren erwünscht
Layhers Herz geht auf, lässt er den Blick über die Fläche schweifen. Etliche Autos bringen den eingefleischten Autofan ins Schwärmen. „Es sind viele Modelle da, die nicht mir oder dem Museum gehören. Deren Besitzer erweisen uns die Ehre und sind gekommen mit Fahrzeugen, die ich gerne um mich habe“, erzählt er. Während Layher im Glück schwelgt , dröhnen in der Brazzel-arena die Motoren der Lanz-Bulldogs. Mitfahren ist dort erwünscht.
Wenige Minuten später fahren Militärfahrzeuge auf den Brazzelparcours im Schatten der Antonov, des Seenotkreuzers John T. Essberger und des Hausboots von Sean o’Kelly, das gerade von Filmaufnahmen ins Technik Museum zurückgekehrt ist, ein. Parallel dazu gibt’s Musik der 1940er- und 50er-Jahre bei der „Sgt. Wilsons Army Show“. Die Sonne brennt vom Himmel, Kühles im Brazzeltag-Becher hält die Kehle geschmeidig und der Speicherplatz auf diversen mobilen Endgeräten und Profikameras füllt sich.
„Am Ende des Tages ist es wichtig, dass die Leute gechillt sind, dass sie einen gemütlichen Tag hatten und nichts passiert ist“, betont Layher. Sein Wunsch wird erhört. Gleichsam wirkt sich die Veranstaltung auf die Kasse des Fördervereins des Technik Museums aus. Der nämlich braucht Geld, um den Transport des U-Boots zu finanzieren, das als neue Errungenschaft die Sammlung möglichst bald ergänzen soll.
Info: Mehr Bilder vom Brazzeltag gibt’s auf unserer Seite www.schwetzinger-zeitung.de
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