Liedermachershow

Zwischen kabarettistischem Leichtfuß und künstlerischer Intensität

Mit Musik-Kabarettist Daniel Helfrich und Liedermacherin Johanna Zeul sind zwei sehr unterschiedliche Künstler zu Gast in „Ulis Wohnzimmer“.

Von 
Matthias Nowack
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Mit der Liedermacherin Johanna Zeul (l.) und dem Musik-Kabarettisten Daniel Helfrich (r.) hat Uli Zehfuß Gäste in sein "Wohnzimmer" im "Philipp eins" eingeladen, wie sie unterschiedlicher kaum sein könnten. © Matthias Nowack

Speyer. „Ulis Wohnzimmer“ steht seit Jahren für ein kleines, aber feines Format mit großer künstlerischer Bandbreite: Liedermacher und Singer-Songwriterinnen, die mit Text, Wortwitz, Stimme und Instrument überzeugen, stehen hier regelmäßig im „Philipp eins“ auf der Bühne. Gastgeber Ulrich Zehfuß sorgt neben eigenen Liedbeiträgen für launige Moderationen und dafür, dass Qualität und Authentizität im Mittelpunkt stehen. Zur jüngsten Ausgabe seiner Liedermachershow begrüßte Zehfuß zwei Künstler, die unterschiedlicher kaum hätten sein können: den Musik-Kabarettisten Daniel Helfrich und die Liedermacherin Johanna Zeul.

Der aus dem Odenwald stammende Helfrich steht mittlerweile mit seinem sechsten Programm auf den Kleinkunstbühnen der Republik und organisiert im südhessischen Lorsch einen eigenen Kultursalon im Sapperlot-Theater. In Speyer präsentierte er Ausschnitte aus seinem aktuellen Programm „Trennkost ist kein Abschiedsessen“, mit dem er das Thema „Trennung“ in eine umfassende Revue über alles verwandelt, was auseinandergeht: Paare, Essen und natürlich auch der Müll.

Aktuelle Ernährungstrends und Gesundheitswahn gegeißelt

Aktuelle Ernährungstrends und den Gesundheitswahn geißelte er mit dem Trinklied „Petersiliensaft“, in dem es um Birkenblättertee und Brunnenkresseschorle statt Alkohol ging. Seine Faszination für katholische Theologie und Elvis Presley verarbeitete er zu einem „Elvis-Jesus-Medley“ - in dem er die Geschichte von Jesus nach dem musikalischen Elvis-Evangelium predigte. Virtuos am Klavier, publikumsnah im Ton, animierte er die Zuhörer mit jedem Beitrag zum Mitklatschen und Mitsingen - und erinnerte dabei mehr an einen Unterhaltungskünstler auf einer Faschingsbühne als an einen ernst zu nehmenden Musik-Kabarettisten.

Die Musik war solide, die Pointen gefällig, aber die Reime seiner Lieder blieben eher schlicht. So recht wollte dieser Stil nicht in das sonst übliche Programm von „Ulis Wohnzimmer“ passen, das in der Regel von lyrischen Tönen, gehobenem Wortwitz und überzeugenden Texten getragen wird. Bei manchen Gassenhauern von Helfrich schien es auch dem Gastgeber Uli Zehfuß nicht ganz wohl zu sein: „Was machst du nur mit meinem Publikum, Daniel?“, fragte er an einer Stelle von der Bühne in die Reihen.

Rocken gemeinsam auf der Bühne des "Philipp eins": Johanna Zeul (r.) an der Gitarre und Daniel Helfrich am Piano. © Matthias Mühleisen

Ganz anders Johanna Zeul, die zweite Gastkünstlerin des Abends. Ihre Ausbildung hat sie an der Popakademie Mannheim absolviert. Angekündigt als „Punkerin der Liedermacherszene“ brachte die mittlerweile in Fischerhude bei Bremen lebende Liedermacherin, die ihre Herkunft aus dem Schwabenland nicht verleugnet, viel Bewegung auf die Bühne.

Im Mittelpunkt standen eigene Kompositionen, gesungen in deutscher Sprache. Dabei eroberte sie die Bühne im „Philipp eins“ mit unbändiger Energie. Ihre Lieder begleitete sie mit den rhythmischen Sprungeinlagen und stürmischen Bewegungen eines Rockstars, immer wieder wurde die Gitarre als Percussion-Instrument eingesetzt. Ihre Beiträge changierten zwischen zarten Liebeserklärungen und explosiven Ausbrüchen.

Ausgeprägtes politisches Engagement auf die Bühne getragen

Zeul, deren Karriere mit dem Gewinn des Rio-Reiser-Songpreises begann, ist längst eine feste Größe in der Liedermacherszene: In „Ulis Wohnzimmer“ zeigte sie nicht nur ihre musikalische Bandbreite von lyrischen Passagen bis hin zu Rock und Funk, sondern auch Verbundenheit zu ihrer alten Heimat, zum Beispiel mit dem eingangs angestimmten schwäbischen Lied über das „Musterländle“, geschrieben von ihrem Vater Thomas Felder, der selbst ein bekannter Liedermacher war.

Hinzu kommt ihr ausgeprägtes politisches Engagement auf der Bühne: Im T-Shirt von „Viva con Agua“ forderte sie „Wasser für alle“ und warb mit dem Song „Lovefon“ für den Verein „Aktiv gegen Mediensucht“. Soziale Gerechtigkeit, Umweltschutz und der Kampf gegen die Mediensucht sind ihr echte Anliegen. So unterschiedlich die beiden Künstler auftraten, bot der Abend doch ein reizvolles Spannungsfeld zwischen kabarettistischem Leichtfuß und künstlerischer Intensität. Einmal mehr wurde damit der Beweis erbracht, dass „Ulis Wohnzimmer“ ein Ort bleibt, an dem Überraschungen zum Programm gehören.

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