Klimawende - Baden-Württemberg unterstützt Firmen bei Wettbewerb des Bundes um Forschungsgelder / Fünf Leuchtturm-Vorhaben im Südwesten

360 Millionen für Wasserstoff-Projekte

Von 
Peter Reinhardt
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Eine mit der Aufschrift „Wasserstoff“ gekennzeichnete Rohrleitung in der Brennstoffzelle eines Wasserstoff-Kraftwerks. Mit fünf Projekten bewirbt sich Baden-Württemberg um Forschungsgelder vom Bund. © dpa

Stuttgart. Gleich mit fünf Projekten für die Entwicklung der Wasserstofftechnologie ist Baden-Württemberg in einem milliardenschweren Wettbewerb des Bundes um Forschungsgelder vertreten. Am kommenden Dienstag will der Ministerrat 360 Millionen Euro als Finanzbeitrag des Landes dazu bereitstellen. „Die Entwicklung und der Aufbau einer industriellen Produktion von Brennstoffzellen und Wasserstofftechnologien bedeuten für die hiesige Wirtschaft einen großen technologischen Sprung und stärkt ihre Wettbewerbsfähigkeit“, schreibt Umweltministerin Thekla Walker (Grüne) in der Beschlussvorlage.

Wasserstoff gilt als Energieträger der Zukunft und klimafreundlicher Ersatz von Öl und Gas. Die Brennstoffzellen sollen Flugzeuge antreiben, Schiffe oder Langstrecken-Lkw. Stationäre Anlagen sollen in Fabriken zum Einsatz kommen. Die Bundesregierung nimmt für die neuen Technologien viel Geld in die Hand: 5,8 Milliarden Euro stellt allein sie für das Programm bereit. Mit dem 30-Prozent-Zuschuss der Bundesländer steigt die Summe auf gut acht Milliarden Euro.

Grüner Fahrplan

  • Kurz vor Weihnachten hat die grün-schwarze Landesregierung die sogenannte Wasserstoff-Roadmap beschlossen. Das ist eine Art Fahrplan für den Ausbau einer Wasserstoffwirtschaft.
  • Das Ziel ist der Ersatz fossiler Energieträger in der Industrie, im Transportwesen und der Stromerzeugung. Wasserstoff soll die Treibhausgas-Emissionen verringern.
  • In der Roadmap sind konkrete Ziele und Maßnahmen zur Förderung von Wasserstofftechnologien samt ihren Kosten definiert. Die Aktivitäten des Landes fügen sich nach Ansicht von Umweltministerin Thekla Walker „perfekt in die Strategien des Bundes und der EU ein“. 

In der Vorauswahl konnten sich vor vier Wochen fünf Vorhaben mit Schwerpunkt in Baden-Württemberg durchsetzen. Der darauf entfallende Förderbetrag summiert sich nach der Aufstellung des zuständigen Umweltministeriums für die nächsten fünf Jahre auf 1,7 Milliarden Euro. Von einer „einmaligen Gelegenheit“ schwärmt Ressortchefin Walker. Es stünden „Fördermittel in einem enormen Umfang“ bereit.

Fabrik für Brennstoffzellen

Das herausragende Projekt stammt von den Lkw-Bauern Daimler Truck und Volvo, die in einem gemeinsamen Unternehmen Brennstoffzellen produzieren wollen. Es gehe um die Weiterentwicklung der Technologie für den Einsatz im Schwerlastverkehr, den Aufbau einer Pilotproduktion in Esslingen und eine Großserienproduktion. Dafür soll der Standort demnächst ausgewählt werden. Der Förderbedarf wird mit 600 Millionen Euro beziffert. Davon muss das Land 180 Millionen übernehmen, wenn die Fabrik in Baden-Württemberg gebaut wird.

Die Weinheimer Autozulieferer Freudenberg Performance Materials will Schlüsselkomponenten für die Brennstoffzellen entwickeln und dafür eine klimafreundliche Serienproduktion aufbauen. Den Förderbedarf für die nächste Generation der Zellmembranen gibt das Familienunternehmen mit 176 Millionen Euro an.

Daimler Truck ist mit einem zweiten Projekt am Start: Das Unternehmen will 100 Brennstoffzellen-Lkw bauen und vier Jahre von Speditionen testen lassen. Die Laster sollen mit einer Tankfüllung flüssigen Wasserstoff 1000 Kilometer fahren. Die Fertigung ist im rheinland-pfälzischen Wörth geplant.

Der Autozulieferer ElringKlinger will neue leistungsfähigere Module der Brennstoffzellen für schwere Nutzfahrzeuge, Schiffe und Lokomotiven zur Marktreife bringen. Für dieses Projekt sind 243 Millionen Euro aufgerufen.

Auch der Stuttgarter Zulieferkonzern Bosch ist bei der Zukunftstechnologie engagiert. Das Unternehmen verwendet eine neue Technologie, um mit den stationären Brennstoffzellen höhere Leistungen zu erreichen. Auch hier geht es um die Optimierung der Produktion. Das Projekt mit einem Fördervolumen von 160 Millionen Euro ist auf Standorte in Baden-Württemberg, Bayern und dem Saarland verteilt. Einen kleinen Anteil reklamiert Walker auch an dem Projekt der H2 Mobility Deutschland, die ein nationales Tankstellennetz für Wasserstoff-Lkw aufbauen will.

Klimafreundliche Mobilität

Stolz zeigt sich Walker, dass sich aus Baden-Württemberg im Vorentscheid große und bedeutende Autohersteller und Zulieferer durchsetzen konnten. Die geplanten Investitionen würden aber „weit über die förderten Projekte und Unternehmen hinaus Wirkung entfalten“. Es bestehe die Chance, den Transformationsprozess vom Verbrennermotor zu klimafreundlichen Antrieben „massiv und wirksam zu unterstützen“.

Die als Kofinanzierung aufgerufenen 360 Millionen Euro sollen im Nachtragshaushalt, der gerade im Landtag beraten wird, abgesichert werden. Es sei aber wichtig, frühzeitig politische Unterstützung zu signalisieren und die haushaltsrechtlichen Voraussetzungen zu schaffen. Die ersten Förderbescheide will die Bundesregierung Anfang nächsten Jahres bereits übergeben.

Korrespondent Landespolitischer Korrespondent in Stuttgart

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