Politik

Hollande in Heidelberg: Warum der Ex-Präsident vor dem Rechtsruck warnt

Der ehemalige französische Präsident François Hollande zeigt sich in Heidelberg nahbar und wirbt für Engagement zum Erhalt der Demokratie. Seine Botschaft ist klar – und europäisch.

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Konstantin Groß
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Eintragung ins Goldene Buch der Stadt: Oberbürgermeister Eckart Würzner (v. r.) empfängt François Hollande und Martin Schulz im Heidelberger Rathaus. © Philipp Rothe

Heidelberg. Fünf Jahre steht François Hollande an der Spitze der Grande Nation, ausgestattet mit der Befugnis, alleine den Befehl zum Abschuss der französischen Atomraketen zu geben. Eine Amtszeit, die geprägt wird von schrecklichen Terror-Anschlägen in Paris. 2017 verzichtet der Sozialist auf eine erneute Kandidatur. Doch als 2024 vorzeitige Parlamentswahlen anstehen und eine Mehrheit der extremen Rechten droht, da gibt er den glanzvollen protokollarischen Status des ehemaligen Staatschefs auf, kandidiert zur Nationalversammlung und ist seither (fast) normaler Abgeordneter.

Welch besseren Festredner als ihn könnte die SPD in Zeiten wie diesen gewinnen, um den 100. Jahrestag des Heidelberger Programms ihrer Partei zu feiern? Doch mit Zittern bis zur letzten Minute: Denn plötzlich wird just für den Vormittag des Besuchstages die Abstimmung über Misstrauensanträge gegen Macrons Premier Lecornu anberaumt.

Doch die Mehrheiten sind klar, und so sitzt Hollande währenddessen im TGV nach Mannheim. Kaum einer der Passanten auf dem hiesigen Hauptbahnhof wird ihn erkannt, wohl erst aufgemerkt haben, als sein Fahrzeugkonvoi sich nach Heidelberg in Bewegung setzt. Der Stärkung im Europäischen Hof folgen ein Abstecher in die Friedrich-Ebert-Gedenkstätte und die Eintragung ins Goldene Buch im Rathaus.

Selfie-Wünsche gewährt der Ex-Staatschef mit einer Umarmung

Im Karlstorbahnhof, der neuen Eventlocation in der Südstadt, warten bereits gut 400 Interessierte. Bei seiner Ankunft gewährt der Ex-Staatschef, diskret behütet von eigenen Bodyguards und Heidelberger Polizei, geduldig jeden Wunsch nach einem Selfie, nicht selten seinen Arm um sein Gegenüber legend.

„Die Lage ist ernster denn je“, beginnt der 71-Jährige seine Rede, die von zwei Simultandolmetscherinnen in die Kopfhörer des Publikums übersetzt wird. „Wir dachten, die Demokratie sei irreversibel“, lautet seine Botschaft: „Nun merken wir, wie zerbrechlich sie ist.“ Bedroht von außen durch Russland und China sowie im Inneren durch extreme rechte Kräfte. Und so folgt ein flammendes Plädoyer für eine engere europäische Zusammenarbeit sowohl im Innern als auch nach außen: „Die größte Herausforderung unserer Zeit ist der Schutz der Demokratie für die künftigen Generationen.“

Martin Schulz unterstreicht Bedeutung der Ereignisse in Frankreich

Die gleiche Botschaft hat Martin Schulz. Der frühere Präsident des Europaparlaments ist der zweite Festredner des Abends, völlig zu Unrecht jedoch ein wenig im Schatten des prominenten Franzosen. „Ein Sieg der Rechten in Frankreich wäre das Ende Europas, wie wir es heute kennen“, mahnt er: „Was in Frankreich geschieht, hat direkte Auswirkungen auf Deutschland“, betont Schulz und beklagt zugleich, dass dies vielen nicht bewusst ist: „Fragen Sie mal auf der Hauptstraße in Heidelberg, was heute in der Nationalversammlung anstand.“

Doch beide Festredner sind auch zuversichtlich: „Wir werden die extreme Rechte schlagen, weil wir Hoffnung geben“, sagt Schulz. Beim Publikum kommt das an. „Solche Reden habe ich von einem SPDler in den letzten Monaten leider nicht gehört“, schwärmt ein jüngerer Zuhörer. Und ein älterer ergänzt schmunzelnd: „Na dann, auf in den Kampf!“

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