USA - Präsident wirbt bei den Kongress-Abgeordneten für seine billionenschweren Investitionspläne / Schon viele Vorhaben bereits nach den ersten 100 Tagen erfüllt

Bidens Versprechen: Die Zukunft wird Amerika gehören

Von 
Can Merey
Lesedauer: 
US-Präsident Joe Biden während seiner Rede im Kongress. © dpa

Washington. 36 Jahre lang wohnte Joe Biden den Ansprachen der US-Präsidenten im Kongress als Senator bei. Weitere acht Jahre saß er als Vizepräsident bei den Reden hinter Präsident Barack Obama. Am Mittwochabend ist Bidens große Stunde gekommen: Erstmals spricht der 78-Jährige als Präsident der USA im Kapitol vor den beiden Kammern des US-Kongresses, am Vorabend seines 100. Tages im Amt. Seinem Stil bleibt der Demokrat treu: Die Ansprache ist versöhnlich, nicht spalterisch. Seinen Landsleuten macht Biden Mut. Auch mit Blick auf den Rivalen China verspricht er: „Die Zukunft wird Amerika gehören.“

Wie rasant sich die Verhältnisse unter Biden geändert haben, zeigt sich am Tisch hinter seinem Redepult. Erstmals in der Geschichte dieser jährlichen Ansprachen im Kongress sitzen zwei Frauen hinter dem Präsidenten: Vizepräsidentin Kamala Harris, die erste Frau und erste Schwarze auf dem Posten, die zugleich Präsidentin des US-Senats ist – und daneben die Vorsitzende des US-Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi, die 2007 erstmals und ebenfalls als erste Frau dieses Amt übernommen hatte. Im Publikum lauscht nicht nur First Lady Jill Biden den Worten des Präsidenten, sondern auch – ein weiteres Novum – der Second Gentleman Douglas Emhoff, Harris’ Ehemann.

Rasantes Tempo

Biden hat in seinen ersten 100 Tagen im Amt ein rasantes Tempo vorgelegt. Von einer langweiligen Präsidentschaft, die manche angesichts des nicht immer spritzigen Auftretens des 78-Jährigen erwartet hatten, kann keine Rede sein. Die „Washington Post“ hat sich 24 zentrale Wahlversprechen Bidens vorgenommen: Zehn davon hat sein Team demnach bereits vollständig erfüllt, darunter etwa das – sogar nachträglich verdoppelte – Impfziel von 200 Millionen Dosen und die Rückkehr ins Pariser Klimaschutzabkommen. Die meisten anderen Vorhaben stuft die Zeitung als teilweise erfüllt oder in Arbeit ein, nur bei zwei der Zusagen sei bislang nichts geschehen.

Bei Letzteren handelt es sich um die Versprechen, ein Gesetz zur stärkeren Kontrolle von Schusswaffen auf den Weg zu bringen und eine Kommission für Polizeireformen ins Leben zu rufen. In seiner Ansprache kündigt Biden nun an: „Ich werde alles in meiner Macht stehende tun, um das amerikanische Volk vor dieser Epidemie der Waffengewalt zu schützen.“ Er wirbt außerdem für einen Gesetzesentwurf für Polizeireformen, der nach dem getöteten Afroamerikaner George Floyd benannt ist. „Wir haben alle das Knie der Ungerechtigkeit auf dem Nacken des schwarzen Amerikas gesehen“, sagt Biden.

In seiner Rede wirbt der Präsident für weitere Vorhaben, darunter sein Infrastrukturpaket und seinen Plan für mehr Sozialleistungen für Familien – zusammen würden diese beiden Projekte über mehrere Jahre mit schwindelerregenden knapp vier Billionen Dollar zu Buche schlagen, was etwa 20 Prozent der Jahres-Wirtschaftsleistung der USA entspräche.

Der US–Präsident weiß natürlich, dass die Zeit drängt. Bei den Kongresswahlen im kommenden Jahr könnten seine Demokraten ihre knappen Mehrheiten im Senat und im Repräsentantenhaus verlieren, was jedes Gesetzesvorhaben erheblich erschweren würde. Deshalb muss jetzt alles schnell gehen.

Selbstverständlich wird Bidens Rede auch von der Coronavirus-Pandemie geprägt. Normalerweise finden die jährlichen Ansprachen des US-Präsidenten im Kongress vor 1600 Zuhörern statt, darunter Abgeordnete, Senatoren, Kabinettsmitglieder, Verfassungsrichter, Militärs und Ehrengäste. Dieses Mal sind nur 200 Anwesende dabei. „Eine Erinnerung an die außergewöhnlichen Zeiten, in denen wir leben“, sagt Biden.

Biden trägt eine Maske, als er ins Kapitol kommt, nimmt sie aber für seine Rede ab. Der Präsident ruft in seiner Ansprache die Amerikaner eindringlich dazu auf, sich impfen zu lassen – und verspricht zugleich, dass die USA auch bei diesem Thema eine globale Führungsrolle einnehmen würden. dpa

Autor

Copyright © 2025 Mannheimer Morgen