Washington. Nach seiner Rede lässt US-Präsident Donald Trump im Zentrum Washingtons ein großes Feuerwerk abbrennen, ganz so, als hätte die ganze Nation Anlass zum Feiern. Mehr als eine Stunde spricht Trump am Donnerstagabend (Ortszeit) im Garten des Weißen Hauses. „Mit einem Herzen voller Dankbarkeit“ nimmt er zum Abschluss des Parteitags der Republikaner seine Nominierung zum Kandidaten bei der Wahl im November an.
In seiner Rede entwirft Trump ein Horrorszenario, wonach die radikale Linke die Macht übernimmt und den USA den Sozialismus aufzwingt. Wer das Land davor schützen kann? Nur er.
Glaubt man Trump, müssen die US-Amerikaner nicht nur um ihre Zukunft, sondern auch um die Sicherheit fürchten, sollte sein Herausforderer Joe Biden die Wahl am 3. November gewinnen. Am Donnerstag warnt er: „Niemand wird in Bidens Amerika sicher sein.“ Bidens Demokraten wirft er vor, an der Seite von Anarchisten, Randalierern und Plünderern zu stehen.
1500 Gäste ohne Schutzmaske
Bemerkenswert ist, dass Trump Biden beschuldigt, sich in der Corona-Krise nicht an der Wissenschaft orientieren zu wollen. Genau das wird Trump vorgeworfen, der trotz Warnungen von Experten eine Öffnung der USA vorantreibt. Allein in den vier Tagen des Parteitags hat die Pandemie in den USA mehr als 4000 Menschen das Leben gekostet, insgesamt starben bisher mindestens 180 000 US-Amerikaner. Trump sagt: „Um so viele Leben wie möglich zu retten, konzentrieren wir uns auf die Wissenschaft, die Fakten und die Daten.“ Im Garten des Weißen Hauses lauschen seinen Worten rund 1500 Gäste, die dicht gedrängt sitzen und von denen kaum einer eine Schutzmaske trägt.
Und wie üblich spart Trump auch nicht an Übertreibungen. „Ich sage mit großer Bescheidenheit, dass ich mehr für die afroamerikanische Community getan habe als jeder Präsident seit Abraham Lincoln“, behauptet er beispielsweise.
Erst kurz vor dem Parteitag hat Trumps Wahlkampfteam eine Liste mit 50 Prioritäten für eine mögliche zweite Amtszeit vorgelegt, die aber wenig Neues enthält. Trump verspricht mehr Jobs und niedrigere Steuern. Bürokratie und Regulierungen sollen abgebaut werden. Arzneimittelpreise will Trump senken, das Vorgehen gegen illegale Migranten will er verschärfen. Die USA sollen weniger abhängig von China werden. Die Außenpolitik soll sich weiterhin am Leitmotiv „America first“ orientieren.
Interessant ist, was nicht zu den Prioritäten von Trumps eventueller zweiten Amtszeit zählt: Mit keinem Wort wird der Kampf gegen den Rassismus erwähnt, obwohl nach den jüngsten Schüssen von Polizisten auf einen Afroamerikaner wieder Proteste die USA erschüttern. Stattdessen verspricht Trump eine Stärkung der Polizei. Keine Erwähnung findet auch der Kampf gegen den Klimawandel. Trump preist sich am Donnerstag dafür, den Rückzug der USA aus dem „unfairen und sehr teuren“ Klimaschutzabkommen von Paris angekündigt zu haben.
Frau und Tochter helfen
Das kommt bei Trumps Basis an, die ehern an seiner Seite steht. Beim viertägigen Parteitag bemühen sich die Republikaner darum, das Image des Amtsinhabers aufzupolieren und auch Bevölkerungsgruppen anzusprechen, bei denen Kontrahent Biden bisher punktet. In landesweiten Umfragen liegt Trump hinter Biden.
Trumps scheidende Beraterin Kellyanne Conway preist ihren Chef als Förderer der Frauen – obwohl Trump in der Vergangenheit vor allem mit frauenverachtenden Aussagen von sich reden machte. Mehrere Afroamerikaner verteidigen Trump gegen Rassismus-Vorwürfe. First Lady Melania Trump versucht, die undiplomatische Art ihres Ehemannes als „totale Ehrlichkeit“ umzudeuten. Präsidententochter Ivanka Trump sagt: „Ich verstehe, dass der Kommunikationsstil meines Vaters nicht jedermanns Geschmack ist. Aber die Ergebnisse, die Ergebnisse sprechen für sich.“ dpa
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