Syrien

Opfer warten vielerorts noch auf Hilfe

Lieferungen kommen nicht im Norden des Landes an

Von 
Gerd Höhler
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Damaskus. Während in der Südosttürkei mittlerweile Rettungskräfte aus 36 Ländern im Einsatz sind, bleiben die Menschen im angrenzenden Syrien immer noch weitgehend auf sich selbst gestellt. „Wir brauchen große Kräne und schweres Gerät, um mit dieser Tragödie umzugehen“, sagte Munir Mustafa, der stellvertretende Leiter der Rettungsorganisation Weißhelme. Es fehlt an allem: Einsatzkräfte, Ärzte, Medikamente, Trinkwasser und Lebensmittel.

Erschwert werden die Rettungs- und Bergungsarbeiten, weil es in der Region kaum funktionierende staatliche Strukturen gibt. Teile des Gebiets werden von Rebellen kontrolliert. Das Assad-Regime schickt deswegen keine Hilfsgüter in den Norden, weil sie „Terroristen“ in die Hände fallen könnten, wie es in Damaskus heißt. Andere Gebiete kontrolliert wiederum die türkische Armee. Ankara hat seit 2016 mit drei Militäroperationen Teile Nordsyriens militärisch besetzt, um die kurdischen Milizen von der Grenze fernzuhalten.

Landebahn zerstört

Kritisch ist die Lage der Erdbebenopfer auch, weil schon vor dem Beben infolge des elfjährigen Bürgerkriegs, der Kämpfe rivalisierender Gruppen im Norden und der Bombardements der türkischen Armee die Infrastruktur, Krankenhäuser und Wohngebiete vielerorts zerstört waren. Assad hält Hilfe für das Katastrophengebiet wohl auch deshalb zurück, weil er jetzt die Chance sieht, die Sanktionen des Westens aufzuweichen. Die USA setzen indes darauf, ohne Kooperation mit dem geächteten Regime in Damaskus Unterstützung zu den Erdbebenopfern zu bringen. Wie das gehen soll, ist aber bisher unklar.

Hilfslieferungen könnten am ehesten über die Türkei nach Nordsyrien gelangen. Aber der Flughafen von Hatay ist nicht mehr in Betrieb, weil das Erdbeben die einzige Landebahn zerstört hat. Auch die Straßenverbindungen zum einzigen Grenzübergang Bab al-Hawa waren zunächst unterbrochen. Inzwischen konnten die Straßen wieder so weit repariert werden, dass am Donnerstag die ersten sechs Lastwagen mit Hilfsgütern der Uno das syrische Katastrophengebiet erreichten. Es handelte sich dabei allerdings um Lieferungen, die schon vor dem Erdbeben für die Kriegsflüchtlinge in Nordsyrien zusammengestellt wurden.

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