US-Wahlkampf - Ex-Präsident Barack Obama wirft Donald Trump „Inkompetenz“ im Kampf gegen die Pandemie vor

„Viele Amerikaner hätten nicht sterben müssen“

Von 
Can Merey
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Barack Obama spricht auf einer Wahlkampfveranstaltung in Philadelphia zur Unterstützung für den demokratischen Präsidentschaftskandidaten Joe Biden. © dpa

Washington. Der frühere US-Präsident Barack Obama hat seinem Nachfolger Donald Trump in drastischen Worten Versagen bei der Eindämmung der Coronavirus-Pandemie vorgeworfen. Trump habe die Pandemie ignoriert und dann mit „Inkompetenz“, „Falschinformationen“ und Planlosigkeit alles noch schlimmer gemacht, sagte der Demokrat am Mittwoch (Ortszeit) bei einer Wahlkampfveranstaltung. Viele Menschen in den USA hätten nicht sterben müssen, wenn die Regierung auch nur „grundlegende“ Maßnahmen ergriffen hätte. Der Vergleich mit anderen Ländern wie Südkorea oder Kanada zeige, dass die Zahl der Corona-Toten deutlich geringer hätte ausfallen können.

Erste Auftritte im Wahlkampf

Trump habe „kein Interesse gezeigt“, den Menschen in Amerika zu helfen, und das Präsidentenamt nur als „Reality Show“ genutzt, kritisierte Obama. Der Republikaner sei nicht fähig, „den Job ernst zu nehmen“, sagte der Ex-Präsident. „Und der Rest von uns muss mit den Konsequenzen leben.“ Obamas Fazit: „Wenn er die ganze Zeit seinen Job gemacht hätte, dann wäre es nie so schlimm geworden.“

Die beiden Auftritte in Philadelphia im umkämpften Bundesstaat Pennsylvania waren Obamas erste große Wahlkampfveranstaltungen für seinen früheren Vizepräsidenten Joe Biden, der am 3. November gegen Trump antritt.

Trump sagte am Mittwochabend (Ortszeit) bei einem Wahlkampfauftritt in Gastonia im umkämpften Bundesstaat North Carolina, es seien „gute“ Nachrichten, dass Obama sich nun für Biden engagiere. Schließlich habe sich sein Vorgänger bei der Wahl 2016 für seine demokratische Herausfordererin Hillary Clinton eingesetzt – und zwar erfolglos. „Er sagte: ,Er wird nicht unser Präsident sein. Und ich gewann.’“ Trump verwies zudem darauf, dass es „ewig“ gedauert habe, bis Ex-Präsident Obama überhaupt für Biden in den Wahlkampf gezogen sei.

Obama räumte ein: „Die Pandemie wäre für jeden Präsidenten schwierig gewesen.“ Das „Ausmaß der Inkompetenz und der Falschinformationen“ seitens der Regierung habe die Situation aber weiter verschlimmert. „Die Idee, dass dieses Weiße Haus irgendetwas anderes getan hat, als es komplett zu vermasseln, das stimmt einfach nicht“, sagte Obama. Südkorea und die USA hätten am gleichen Tag die erste bestätigte Infektion gehabt, aber die US-Regierung habe nicht gehandelt. „Am Fernseher twittern oder Sachen erfinden, löst keine Probleme“, sagte Obama weiter.

Er zeigte sich zuversichtlich, dass Biden die Lage in den Griff bekommen werde. „Das heißt nicht, dass alles schon morgen gelöst sein wird. Wir werden immer noch zu kämpfen haben, aber ich weiß, dass wir es besser machen können“, sagte er. Obama hatte sich nach dem Ausscheiden aus dem Amt – wie üblich bei ehemaligen US-Präsidenten – mit öffentlicher Kritik an seinem Nachfolger zurückgehalten. Erst seit Mai, als der Afroamerikaner George Floyd bei einem Polizeieinsatz ums Leben kam und Menschen im ganzen Land gegen Rassismus und Polizeigewalt protestierten, hat sich Obama wieder vermehrt zu Wort gemeldet. Seine beißende Kritik an Trump in Philadelphia stellt aber eine deutliche Verschärfung seiner Tonlage dar.

Daten der Universität Johns Hopkins zufolge gibt es in den USA bislang gut 8,3 Millionen bestätigte Coronavirus-Infektionen. Die Zahl der Neuinfektionen stieg zuletzt wieder auf gut 60 000 pro Tag an. Mehr als 222 000 Menschen starben bislang – mehr als in jedem anderen Land der Welt. Trump behauptet, durch sein Management der Pandemie inklusive der Einreisesperren für Menschen aus China und Europa womöglich Millionen weitere Todesfälle verhindert zu haben. Biden wirft ihm dagegen Versagen in der Corona-Krise vor und beschuldigt Trump, für den Tod Zehntausender US-Bürger verantwortlich zu sein.

Obama warb mit Nachdruck dafür, Trump abzuwählen. Falls dieser die Wahl erneut gewinnen sollte, würde das Land in den nächsten vier Jahren so weit zurückgeworfen, dass es „wirklich schwierig“ würde, „sich aus diesem Loch wieder zu befreien“, sagte Obama. „Wir befinden uns in einem tiefen Loch.“ dpa

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