Energie

Welche Änderungen die FDP bei Heizungen durchsetzen will

Verrückte Koalitionswelt: Die Liberalen haben den neuen Regeln beim Heizungsgesetz im Prinzip zugestimmt - wollen sie jetzt aber massiv ändern. Nicht einmal der Starttermin Anfang 2024 ist fix

Von 
Julia Emmrich
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Eine alte Gastherme samt Warmwasserspeicher liegt ausgebaut auf dem Grundstück eines Einfamilienhauses. © Jan Woitas/dpa

Berlin. Der Streit um das Heizungsgesetz geht weiter - ein schnelles Ende im Ringen um die um

strittenen Regeln ist nicht in Sicht. Im Gegenteil: Die FDP-Minister in der Ampel-Regierung hatten zwar im Prinzip zugestimmt - gleichzeitig aber klargemacht: Im Detail muss sich noch vieles ändern, bevor es auch ein Ja der FDP im Bundestag gibt. Rückenwind für die neue Verhandlungsrunde gab es am Wochenende beim Bundesparteitag der Liberalen. Christian Lindners Partei will massive Änderungen durchsetzen. Welche Regeln besonders strittig sind - und wo sich Lösungen andeuten.

Tritt das Gesetz zum 1. Januar 2024 in Kraft?

Das ist das Ziel. Doch innerhalb der FDP sind die Zweifel derzeit so groß, dass nicht ausgeschlossen ist, dass der Startzeitpunkt noch einmal nach hinten rückt. Denn: Nichts sei schlimmer als ein unausgegorenes Regelwerk, das Heizungsbesitzer, Installateure und Gasnetzbetreiber vor unlösbare Fragen stelle, heißt es aus FDP-Kreisen. „Wir wollen das Gebäudeenergiegesetz ändern“, sagte Fraktionschef Christian Dürr am Wochenende. „Die Fraktion steht dafür, dass ein gutes Gesetz beschlossen wird.“ Die Sorge ist groß, dass ein Gesetz, das nicht praxistauglich ist, angesichts der anstehenden Landtagswahlen, gerade auch in den ostdeutschen Ländern, zu einer Wahlhilfe für die AfD werden könnte.

Auch wenn es unter den FDP-Delegierten brodelte - grundsätzlich will die Parteispitze aber an ihrer Zustimmung zum Heizungsgesetz festhalten. „Die FDP ist nicht Opposition, die fortwährend Maximalpositionen aufstellt“, so lautet die Ansage aus der Führungsetage an die eigenen Leute. Grundsätzlich steht auch die Mehrheit der Anhänger hinter diesem Kurs, wie eine neue Umfrage zeigt: Während in der Gesamtbevölkerung eine Mehrheit von 56 Prozent gegen das geplante Verbot neuer Gasheizungen ist, verhält es sich bei den Wählern der FDP umgekehrt: 55 Prozent der FDP-Anhänger sind dafür.

Bleibt es bei der Ausnahme für Heizungsbesitzer über 80 Jahre?

Der ursprüngliche Plan sieht eine Altersgrenze von 80 Jahren für Ausnahmen von der Austauschpflicht vor: Geht die Heizung kaputt, dürfen betagte Eigentümer auch wieder eine konventionelle Heizung einbauen. Sie sind befreit von der Vorgabe, zu 65 Prozent klimafreundliche Energie zu nutzen. Nicht nur in der FDP halten viele diese Grenze für willkürlich und damit verfassungswidrig. Das Argument, die 80-Jahre-Marke errechne sich durch die schwierige Kosten-Nutzen-Bilanz angesichts der hohen Investitionskosten (etwa für eine Wärmepumpe) und die begrenzte Lebenserwartung der hochbetagten Verbraucher, lassen sie nicht gelten. Schlicht, weil es zu viele Sonderfälle gebe. Zum Beispiel der Fall einer Erbengemeinschaft aus einem 80-Jährigen und einem 60-Jährigen. „Was macht man da? Bildet man den Durchschnitt?“, fragte der FDP-Abgeordnete Frank Schäffler beim Parteitag am Wochenende.

Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) hat bereits darauf hingewiesen, dass auch unter 80-Jährige eine Ausnahme beantragen könnten. Und zwar, wenn ein Heizungstausch „eine unbillige Härte bedeuten würde“. Doch das reicht der FDP nicht. Eine verfassungsfeste Lösung, so heißt es, könnte möglicherweise eine Regelung analog zum gesetzlichen Renteneintrittsalter sein.

Gibt es weitere Ausnahmen bei der Austauschpflicht?

Zumindest gibt es bereits eine Debatte darum: SPD-Gesundheitsminister Karl Lauterbach forderte am Sonntag großzügige Ausnahmeregelungen für Kliniken, Pflege- und Reha-Einrichtungen. „Wir werden nicht zulassen, dass steigende Energie- und Heizkosten Krankenhäuser in ihrer Existenz gefährden“, sagte er der „Bild am Sonntag“.

Konkret soll es den genannten Einrichtungen möglich sein, auch nach 2024 den Einbau einer neuen Gasheizung zu beantragen, wenn die Investitionen eine unverhältnismäßige Belastung für sie darstellen. Die Austauschpflicht wäre damit ausgesetzt. Lauterbachs Kabinettskollegin, Bildungsministerin Bettina Stark-Watzinger, kritisierte den Vorstoß: „Ein Heizungstausch muss machbar, bezahlbar und auch technologieoffen sein. Allerdings kann jetzt nicht die Lösung sein, über einzelne Ausnahmen zu diskutieren“, sagte die FDP-Politikerin unserer Redaktion. Das greife zu kurz. „Sonst hätten auch Schulen, Hochschulen und Forschungseinrichtungen eine besondere Berücksichtigung verdient.“ .

Sind die Gasnetze bereit für klimafreundliche Energie?

Viele Fragen sind hier noch offen: Können die kommunalen Gasnetzbetreiber über ihre bisherigen Leitungssysteme problemlos die künftigen Anforderungen an klimafreundliches Heizen erfüllen? Was passiert, wenn ein Hauseigentümer eine neue Therme einbauen will, die zu 65 Prozent mit erneuerbaren Energien laufen muss - aber nur herkömmliches Gas geliefert bekommt? Gerade bei der kommunalen Wärmeplanung müsse man auf angemessene Übergangsfristen achten und sicherstellen, dass alle grünen Gase sowie deren Mischungen als Erfüllungsoptionen zulässig seien, verlangt die FDP mit Blick auf die weiteren Gespräche.

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