Europa - Die Außenminister der Mitgliedstaaten beraten über das weitere Vorgehen / Ungarn verhindert mit Veto eine gemeinsame Position

Zweifel an einer starken Vermittlerrolle der EU

Von 
Can Merey
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In Rafah im südlichen Gazastreifen inspiziert ein Palästinenser ein Lagerhaus, das bei einem israelischen Luftangriff getroffen wurde. © dpa

Brüssel. Die EU soll sich nach Ansicht der Bundesregierung verstärkt in die Anstrengungen um eine Beilegung des eskalierenden Konflikts zwischen Israelis und Palästinensern einschalten. Deutschland sei dafür, die über den EU-Sonderbeauftragten Sven Koopmans laufenden Vermittlungsbemühungen weiter auszubauen, erklärte Außenminister Heiko Maas (SPD) am Dienstag zu einer per Videokonferenz organisierten EU-Sondersitzung.

Ein mögliches Format dafür ist nach den Worten des SPD-Politikers das zuletzt reaktivierte Nahost-Quartett. Die Vierergruppe aus den USA, Russland, den Vereinten Nationen und der EU bemüht sich bereits seit 2002 um eine Lösung des israelisch-palästinensischen Konflikts. Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell kündigte nach den Beratungen der Außenminister an, dass der Sonderbeauftragte Koopmans nun in die Region geschickt und mit dem Nahost-Quartett und anderen Partnern zusammenarbeiten werde.

Überschattet wurde die Videokonferenz von einem Veto Ungarns, das eine gemeinsame Positionierung der Außenminister zum eskalierenden Nahost-Konflikt verhinderte. Borrell nannte für die Blockade keine Gründe. Der ungarische Ministerpräsident Viktor Orban pflegt allerdings eine strikt loyale Position zur israelischen Regierung und persönlich zu Regierungschef Benjamin Netanjahu. Borrell hatte im Namen aller 27 Staaten unter anderem sagen wollen, dass die hohe Zahl der getöteten Zivilsten inakzeptabel sei.

Belastete Beziehungen

Bereits vor dem ungarischen Veto hatten Diplomaten auch vor allzu großen Erwartungen an die europäischen Vermittlungsbemühungen gewarnt. So hat die EU die für den Raketenbeschuss Israels verantwortliche Palästinenserorganisation Hamas bereits vor rund 20 Jahren als Terrororganisation eingestuft, was direkte Gespräche so gut wie unmöglich macht.

Hinzu kommt, dass auch die Beziehungen zu Israel nicht unbelastet sind. Die EU erließ 2015 eine Kennzeichnungspflicht für Obst, Gemüse und andere landwirtschaftliche Erzeugnisse israelischer Siedler in den besetzten Gebieten. Israel reagierte darauf mit der Ankündigung, die EU vorerst nicht mehr als Vermittler im Nahost-Friedensprozess zu akzeptieren.

Nicht zuletzt halten manche Diplomaten auch das besondere deutsche Verhältnis zu Israel als einen Grund für die bislang eher unbedeutende Rolle der EU bei den Bemühungen um einen Nahost-Friedensprozess. Wenn sich nun die Aufmerksamkeit etwas in Richtung Brüssel verlagert, könnte das Maas Recht sein. Auf ihn prasselten in den vergangenen Tagen von allen Seiten Forderungen nach einem stärkeren Engagement Deutschlands im Nahen Osten ein.

„Die Hamas hat mit ihrem Raketenterror bewusst eine Situation eskaliert, die schon zuvor höchst angespannt gewesen ist – und das mit schrecklichen Folgen für Israelis und auch für die eigene Zivilbevölkerung in Gaza“, sagte Maas zur aktuellen Situation. Er kündigte an, dass Deutschland für humanitäre Hilfe im Gazastreifen rund 40 Millionen Euro zur Verfügung stellt. dpa

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