Oftersheim. Das mit dem Realisieren nach einem großen Erfolg im Sport ist so eine Sache. Fragt man Athleten nach ihren Gefühlen kurz nach einem Titelgewinn, kommt oft postwendend die Antwort, dass man das noch gar nicht realisiert habe. Auch Max Moerstedt bedient sich nach seiner Rückkehr von der U-17-WM in Indonesien dieser Sportlerfloskel. Doch dem 17-jährigen Oftersheimer ist das durchaus abzunehmen.
Am vergangenen Samstag wurde Moerstedt mit den DFB-Junioren U-17-Weltmeister. Es folgten zahlreiche Ehrungen und Medienanfragen, der kräftezehrende Rückflug, der Empfang in Frankfurt und dann die Rückkehr zu seinem Club - der TSG Hoffenheim, wo es in der Akademie ebenfalls einen Empfang mit Plakaten, Applaus und vielen Gratulationen gab. So viele verschiedene Eindrücke und keine Zeit, um durchzuschnaufen oder eben zu realisieren. „Ich habe sehr viel geschlafen“, betont Moerstedt.
Und so war auch noch keine Zeit, um all die Glückwünsche aus der Nachbarschaft und seinem Heimatort anzunehmen. „Ich habe aber während der WM mitbekommen, dass beispielsweise bei der SG Oftersheim im Clubhaus geschaut wurde.“
„Was er mitbringt, ist besonders“
Der WM-Hype um Moerstedt und die deutsche U 17 beschränkte sich aber bei weitem nicht nur auf Oftersheim. Fußball-Deutschland lechzt schließlich nach internationalen Erfolgen. Von Sieg zu Sieg - die DFB-Junioren gewannen alle Turnierspiele - wurde die Aufmerksamkeit größer. „Wir haben viel davon mitbekommen und es war unglaublich schön, wie wir supportet wurden“, sagt Moerstedt, der in sechs von sieben WM-Spielen in der Startelf stand. Nur im bedeutungslosen letzten Gruppenspiel setzte er aus.
Wenn es darauf ankam, waren Moerstedts Qualitäten gefragt. Vier Turniertore erzielte der gebürtige Mannheimer, doch der Mittelstürmer ist nicht nur deswegen bei seinen Trainern beliebt - bei U-17-Nationalcoach Christian Wück und auch beim Hoffenheimer U-19-Trainer Tobias Nubbemeyer. „Ich sage immer, Max ist verbindlich auf dem Platz. Das heißt, dass er die Mannschaftsteile gut verbinden kann. Man kann ihn immer anspielen und er ist sehr uneigennützig. Außerdem gibt er seiner Mannschaft extrem viel Kraft. Was Max mitbringt, ist schon besonders“, so Nubbemeyer.
Moerstedt: "Mentalität ist brutal wichtig"
Im WM-Finale gegen Frankreich bewies er zudem Nervenstärke. Als dritter Schütze trat Moerstedt im Elfmeterschießen an - und verwandelte souverän. „Eigentlich wollte ich gar nicht schießen“, gibt der 17-Jährige zu, der bei der EM im Mai noch einen Elfmeter vergeben hatte. Doch DFB-Trainer Wück bestärkte ihn, hatte Vertrauen in seinen Mittelstürmer und behielt recht damit.
Überhaupt hat Moerstedt bei der WM und auch schon zuvor bei der EM eines festgestellt: „Ich habe gelernt, dass Mentalität brutal wichtig ist. Vor allem ab einem gewissen Zeitpunkt im Turnier trennt sich dadurch die Spreu vom Weizen.“
Zusammenhalt im DFB-Team entscheidend
Im Zuge dessen wurde bei der aktuellen Weltmeister-Mannschaft des DFB-Jahrgangs 2006 auch immer wieder von einem besonderen Zusammenhalt gesprochen. „Es war beeindruckend, wie wir uns immer wieder gepusht haben“, sagt Moerstedt.
Wück sprach bei seinem Team von einer Mischung aus Gangstern und Schwiegersöhnen. Aber wozu zählt dann Moerstedt? „Ich bin wohl ein Mittelding zwischen den beiden“, sagt er schmunzelnd.
Weniger lustig empfand die deutsche U 17 die rassistischen Kommentare, die es aus der Heimat während des Turniers zu einigen Nationalspielern gab. „Das gab es bei der EM auch schon, aber wir sind so ein eingeschworener Haufen. Deshalb hat uns das nicht umgeworfen.“
Mutter in Indonesien immer dabei
Die Antwort gaben die DFB-Junioren ohnehin auf dem Platz. „Es ist ein unglaublich geiles Gefühl, Weltmeister zu sein“, sagt Moerstedt, dem in Hoffenheim viel zugetraut wird. „Max bringt extrem viel mit und noch dazu hat er ein tolles Umfeld“, sagt Ex-TSG-Profi Pirmin Schwegler, der nun als Profifußball-Leiter im Kraichgau arbeitet.
Auf sein Umfeld musste Moerstedt auch bei der WM in Indonesien nicht verzichten. Seine Mutter nahm sich extra einen ganzen Monat frei, um ihren Sohn vor Ort zu unterstützen. Moerstedts Vater musste berufsbedingt zwar in Deutschland bleiben, verfolgte die Spiele aber am Fernseher - gemeinsam mit der Oftersheimer Nachbarschaft.
Meisterschaft und Pokalsieg mit U 19 im Visier
Die Heimatverbundenheit lässt sich auch bei dem frischgebackenen Weltmeister heraushören. „Ich bin unglaublich glücklich, hier so nah an meiner Heimat spielen zu können.“ Einmal hat es der 17-Jährige schon woanders versucht. Im Alter von 14 Jahren ging Moerstedt zu Bayern München. „Das war aber am Anfang von Corona. Da bin ich dann vereinsamt und habe mit meiner Familie entschieden, zurückzugehen.“
Es war wohl der richtige Schritt. Mit der Hoffenheimer U 19 peilt Moerstedt in dieser Saison die Deutsche A-Jugend-Meisterschaft und den DFB-Pokalsieg an. Und nun verkündete Profitrainer Pellegrino Matarazzo auch noch, dass Moerstedt ab der Wintervorbereitung fest beim Bundesligateam mittrainieren wird. „Das erfüllt mich mit Stolz“, sagt Moerstedt. Es könnte momentan wahrlich schlechter laufen für den Oftersheimer.
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