Fußball - Deutsche Talente wollen im EM-Finale am Sonntag gegen Portugal den Titel / Trainer Kuntz beweist bei der Kaderzusammensetzung erneut gutes Gespür

Auf den Spuren der Weltmeister-Generation

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dpa
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Der nächste Streich: Die deutsche U 21 feiert den Finaleinzug. Mittendrin Doppeltorschütze Florian Wirtz. © dpa

Szekesfehervar. Dem ausgelassenen Jubel über das Final-Triple will die deutsche U 21 um Rekordmann Florian Wirtz eine rauschende Titel-Party folgen lassen. Laut grölend und klatschend feierten die EM-Helden von Trainer Stefan Kuntz bei der nächtlichen Rückkehr ins Teamhotel das mitreißende 2:1 im Halbfinale gegen die Niederlande.

Das dritte Endspiel in Serie rührte Kuntz, der den Turnier-Außenseiter Deutschland nun zum dritten Europameister-Triumph führen möchte. „Es freut mich von Herzen“, sagte der 58-Jährige. Lange und innig umarmte Kuntz Matchwinner Wirtz, der mit seinem Doppelpack den Final-Traum erfüllt hatte.

Mit einem Endspiel-Coup am Sonntag (21 Uhr/ProSieben) in Ljubljana gegen Portugal würden sich Wirtz & Co. einen bedeutsamen Platz in der Geschichte des deutschen Fußball-Nachwuchses sichern. Bislang feierten die Weltmeister-Generation um Manuel Neuer im Jahr 2009 und deren Titel-Nachfolger um Serge Gnabry acht Jahre später als Europameister. „Jetzt geht auch den letzten Schritt und holt Euch den Titel, Jungs!“, sagte DFB-Direktor Oliver Bierhoff.

2017 siegte die Kuntz-Auswahl 1:0 gegen Spanien, 2019 gab es ein 1:2 gegen denselben Gegner. „EM-Finale – das ist Wahnsinn. Sowas erlebt man nicht oft im Leben, vielleicht ist es das letzte Mal und deswegen heißt es einfach: Irgendwie gewinnen“, sagte Torhüter Finn Dahmen. „Das ist für uns alle wahrscheinlich das größte Spiel.“

Schnellstes Tor aller Zeiten

Für Doppelpacker Wirtz wurde das spannende Halbfinale am Donnerstag in Szekesfehervar zum bislang größten DFB-Spiel. Der seit seinem Debüt im Oktober mit damals 17 Jahren und 159 Tagen jüngste deutsche U-21-Nationalspieler schockte die Holländer nach nur 29 Sekunden – es war das schnellste Tor bei einer U-21-EM. Sein zweiter Treffer sieben Minuten später machte die Final-Euphorie endgültig perfekt.

„Es ist einfach ein unbeschreibliches Gefühl, dass ich den Jungs und dem Team das schenken konnte“, sagte das 18-jährige Leverkusener Supertalent. Nationalmannschaftsluft bei Joachim Löw schnupperte er während der Vorrunde der U-21-EM im März, auf einen Einsatz im A-Team muss er aber noch warten. Wirtz lächelte, als er nach der Notwendigkeit einer Nachnominierung durch Löw für die große EM befragt wurde. „Ich konzentriere mich auf die U 21 und möchte das Turnier gewinnen“, sagte der Offensivspieler. Portugal, gegen das es 2015 ein krachendes 0:5 im Halbfinale gab, ist aber eine hohe Hürde.

Wirtz’ erste Tore für die U21 wertete Kuntz als Bestätigung für viele Gespräche in den Vortagen. „Es ist natürlich schwer für einen ganz jungen Mann, der mit wahnsinnigen Vorschusslorbeeren hierher kommt“, sagte der Coach. Besonders hervorheben wollte der 58-Jährige trotz der großen Tor-Show Wirtz aber nicht. „Jeder zahlt zurück“, sagte er. Seine als nicht so stark eingeschätzte Auswahl trumpft bei der wegen der Corona-Pandemie zweigeteilten EM-Runde unerwartet stark auf.

„Ich glaube, die Mannschaft hat kein Limit“, sagte Verteidiger Nico Schotterbeck. Rund um das Gerüst aus Spielern wie Schlotterbeck (Union Berlin), Ridle Baku (VfL Wolfsburg), Niklas Dorsch (KAA Gent) oder Lukas Nmecha (RSC Anderlecht) hat Kuntz wieder eine spannende Mischung berufen.

Ein großes Tor-Talent ist sicher Mergim Berisha, der für RB Salzburg in der abgelaufenen Champions-League-Saison vier Tore erzielte. Bei der EM hat er aber noch kein Glück, im Halbfinale traf er bei drei starken Aktionen dreimal den Pfosten. „Er hat zu mir gesagt, Trainer, du brauchst mich gar nicht anzusprechen. Ich habe mir das Tor für Sonntag aufgehoben“, sagte Kuntz. dpa

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