Porträt - Die Schwetzingerin Sabina Hillebrandt hat sich dem Unterwasserhockey verschrieben und hat an der WM teilgenommen

Im Wasser in ihrer eigenen Welt

Von 
Michael Rappe
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Im Unterwasserhockey geht es beim Kampf um die Scheibe hart zur Sache.

© Frei

Mit schnellen Flossenschlägen gleitet Toby Scott in zwei Metern Tiefe durch das Wasser. Mit- und Gegenspieler haben Mühe ihm zu folgen. Der Neuseeländer ist eine Klasse für sich. Durch geschickte Bewegungen befördert er mit seinem Hockeyschläger den Puck unter Wasser ins gegnerische Tor, eine drei Meter lange Metallrinne am Beckenboden.

Hockey unter Wasser? Ja, das gibt es wirklich. Bis zum vergangenen Wochenende fand sogar die Weltmeisterschaft im südafrikanischen Stellenbosch statt, und mit Sabina Hillebrandt (28, kleines Bild) ist eine Schwetzingerin mit dabei. 2012 kam die Physik-Doktorandin der Universität Heidelberg während eines Auslandssemesters in York erstmals mit dieser exotischen Sportart in Berührung. In England hat jede Uni eine Unterwasserhockey-Mannschaft, in Frankreich gibt es sogar fünf Ligen. Erfunden wurde es in den Sechziger Jahren von einem englischen Tauchlehrer, der für seine Taucher im Winter eine Beschäftigung suchte.

Deutschland ist noch absolutes Entwicklungsland. In den 1990er Jahren gab es erste Anfänge an der Universität Gießen, 2008 wurde in München der erste Verein gegründet, der heute der mitgliederstärkste ist. "München war mir zu weit, deshalb habe ich im Oktober 2013 zusammen mit Conrad Wagner in Heidelberg begonnen, ein Team zusammen zu stellen", erzählt Sabina Hillebrandt. Seit einem Jahr gehören sie zum Tauchclub Octopus (TCO) Weinheim, wo es schon Unterwasserrugby gab. Nur rund 130 Frauen und Männer spielen in Deutschland Unterwasserhockey, 13 sind es beim TCO Weinheim.

Faszinierende Sportart

"Man muss Wasser mögen", nennt Sabina Hillebrandt eine Grundvoraussetzung. "Probiere es doch mal aus", meint sie zu mir und hat sogar die passende Ausrüstung parat. Flossen in Größe 47, eine Wasserballkappe mit Ohrschutz, Schnorchel, Taucherbrille, Handschuhe und einen Schläger. Weniger später stehe ich in voller Montur am Rand des Schwimmbeckens in Dossenheim, wo das Training stattfindet. Kurz darauf lasse ich mich ins Wasser gleiten. Nicht sehr tief, erst einmal an Brille und Schnorchel gewöhnen. "Keine Sorge, ich bin Rettungsschwimmerin", meint die Schwetzingerin beruhigend. Na dann.

Ich beginne zu tauchen und bin sofort fasziniert. "Der Reiz am Unterwasserhockey ist die Geschwindigkeit", hatte Sabina Hillebrandt gesagt, bevor ich ins Wasser gestiegen bin, und "man ist in einer eigenen Welt, hört nichts und vergisst die Welt draußen". In der Tat ist es still. In sicherer Entfernung beobachte ich das Treiben unter Wasser. Ich wundere mich, wie langsam ich mit den Flossen vorankomme und bewege die Beine schneller. Das sollte ich am nächsten Tag noch merken...

Überall Schwimmflossen, schnell gleitende Körper, das pure Chaos. Irgendwann sehe ich auch den 1,3 Kilogramm schweren Puck am Beckenboden. Er wird mit dem knapp 30 Zentimeter langen Schläger fortbewegt. Alle 15 bis 30 Sekunden tauchen die Spieler auf und pusten das Wasser aus ihren Schnorcheln. Sechs gehören zu einem Team, dazu kommen vier Wechselspieler. Gewechselt wird fliegend. Es gibt zwei Stürmer, einen Mitte-Spieler - die Nummer 10, die spielt Hillebrandt - zwei Seitenverteidiger und einen Libero. Einen Torwart gibt es nicht. Gespielt wird zwei Mal 15 Minuten mit drei Minuten Pause. Es sind drei Schiedsrichter im Wasser, ein Hauptschiedsrichter an Land und ein Zeitnehmer. Bei einem Foul wird gehupt.

Spielzüge vorausahnen

Entscheidend ist die Taktik, das Spiel lesen zu können, denn Handzeichen gibt es nicht und Rufen geht logischerweise auch nicht. Alle müssen sich gut kennen und die Spielzüge vorausahnen. Schnelligkeit und Kondition sind Grundvoraussetzungen.

Apnoe-Übungen, Schwimmen, Joggen und Radfahren gehören zum Training eines Unterwasserhockeyspielers.

Mit Trainingslagern und Vorbereitungsturnieren hat sich das deutsche Frauen-Nationalteam auf die WM vorbereitet. Neben Sabina Hillebrandt ist mit Iris Schomäcker eine weitere Heidelbergerin dabei. 13 Nationen nehmen teil, für Deutschland geht es gegen Philippinen, Spanien, Gastgeber Südafrika, Großbritannien, und die USA. "Nicht Letzter werden, das ist unser Ziel", sagt Sabina Hillebrandt im Vorfeld. Deutschland beendete die Titelkämpfe als Zehnter - Ziel erreicht.

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