Mannheim. „Warum sollte man diesen Job machen? Genau für solche Spiele.“ Worüber Schiedsrichterin Sonja Reßler spricht? Im November 2022 ist die Mannheimerin Zeugin, wie der 1. FC Nürnberg im Achtelfinale des DFB-Pokals der Frauen mit 6:0 vom VfL Wolfsburg überrollt wird. Das Ganze geschieht im Max-Morlock-Stadion vor mehr als 17 000 Fans. Reßler durfte sich das Torfestival aus nächster Nähe ansehen - als Schiedsrichterassistentin an der Seitenlinie. Die tolle Atmosphäre machte Eindruck auf die Unparteiische.
„Da stehst du dann vor einer roten Wand und auf einmal kommt Svenja Huth zum Eckball und hinter dir buhen und pöbeln die Nürnberger Fans, um die Spielerin aus dem Tritt zu bekommen“, schildert die Schiedsrichterin die für sie besondere Stimmung. „Das war ein richtiges Highlight, das ich erleben durfte“, so Reßler.
Sonja Reßler hält sich mit den Schattenseiten der Schiedsrichterei nicht lange auf
Wenn Reßler über den Fußball und ihre Arbeit als Schiedsrichterin spricht, merkt man schnell, wie viel ihr der Sport in all seinen Facetten bedeutet. Gerade das Drumherum mache die Arbeit als Unparteiische für sie so besonders. „Man bekommt einiges zu sehen und ist dem Fußball trotzdem treu geblieben“, schwärmt die 37-Jährige, die für den TSV Neckarau aktiv ist. „Ich kann zwar Fußball spielen, aber ich wäre niemals so weit gekommen. Und jetzt schau mal, wo ich winke und auch gepfiffen haben.“
Zwar gebe es auch Schattenseiten, doch mit denen hält sich Reßler nicht lange auf. Durch Selbstreflexion versuche sie, sich stetig zu verbessern, schlecht gelaufene Situationen beim nächsten Mal besser zu machen. Auch von sexistischen Anfeindungen lässt sie sich nicht unterkriegen. „Durch die Leistung, die ich an den Tag lege, kann man solche Kritiken ganz schnell im Keim ersticken“, sagt Reßler. „Wir sind Leistungssportler und wollen dementsprechend geschätzt werden“, fordert die 37-Jährige.
Mannheimer Schiedsrichterin Reßler hat über 70 Spiele in der zweiten Frauen-Bundesliga gepfiffen
Schiedsrichterin ist sie bereits seit dem Jahr 2006. Zuvor spielte sie noch selbst, machte dann aber im Zuge eines Trainerscheins auch ihren Schiedsrichterschein - mit Folgen. „Tatsächlich bin ich dann bei der Schiedsrichterei hängen geblieben und habe dort meinen Weg gemacht“, erinnert sich Reßler. Und dieser Weg kann sich sehen lassen. Bei den Männern pfeift sie bis in die Regionalliga, im Frauenbereich ist sie in der 2. Bundesliga als Unparteiische unterwegs. Insgesamt stehen mehr als 70 Spiele in der zweithöchsten Frauen-Spielklasse zu Buche. Hinzu kommen noch mehr als 100 Einsätze als Assistentin in der Frauen-Bundesliga.
Nun geht Reßler den nächsten Schritt. Ab der kommenden Saison will sie sich voll und ganz auf die Aufgaben einer Schiedsrichterassistentin (SRA) konzentrierten. Im Zuge einer vom Deutschen Fußball-Bund angestrebten Professionalisierung des Frauenbereichs wird die 37-Jährige dann künftig als eine sogenannte SRA-Spezialistin in der Frauen-Bundesliga eingesetzt.
Kommunikation mit Trainern und Betreuern sieht Reßler als Schwierigkeit
Dort wolle sie dann vor allem ihre langjährige Erfahrung an jüngere Kolleginnen und Kollegen weitergeben und von der Seitenlinie aus unterstützen. „Mir gefällt der Assistenten-Job. Man braucht andere Skills.“ Was sie damit meint? „Wann wird der Ball gespielt, wann ist der Verteidiger auf der Höhe?“ - das seien die Punkte, die es zu beobachten gilt. Die größte Schwierigkeit als Assistentin liegt für Reßler jedoch in einem anderen Bereich: in der Kommunikation mit den Trainern. „Wie bringe ich die Schiedsrichterleitung an die Trainer heran?“ - das sieht sie als eine der hauptsächlichen Herausforderungen.
Das wird nun in Zukunft auf die Schiedsrichterin aus Mannheim zukommen - hoffentlich dann bei zahlreichen Spielen in der Frauen-Bundesliga mit ähnlich beeindruckender Kulisse wie im Nürnberger Max-Morlock-Stadion im November 2022.
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