Es ist ein sehr ereignisreiches Jahr für Jens Mergenthaler. Der 39-jährige Gewichtheber vom AC Neulußheim hat gerade die deutschen Meisterschaften hinter sich gebracht, nun geht es bald zur EM nach Budapest und im August zur WM nach Barcelona. Ein gewaltiger Aufwand für einen berufstätigen Menschen, und Mergenthaler will sich gut überlegen, „ob ich diesen Aufwand nächstes Jahr noch einmal mache.“
Der dreifache deutsche Meister macht Gewichtheben aus Leidenschaft. Dabei ist er ein echter Spätstarter. Erst vor rund zehn Jahren hat er begonnen, ein Freund überredete ihn, mal mit zum Training zu kommen. „Du bist nicht ganz dicht“, war Jens Mergenthaler erste Reaktion, doch es gefiel ihm. Zuvor hatte er Leichtathletik betrieben, bei der SG Oftersheim Fußball gespielt und Wing-Tsun – eine chinesische Kung-Fu-Variante – gemacht.
Nachbarn beschweren sich
„Mit 29 Jahren anzufangen, ist natürlich sehr schwierig“, berichtet er. Heute staunen viele, wenn sie hören, dass er erst zehn Jahre dabei ist. Zweimal die Woche trainiert er im Trainingsraum hinter dem Feuerwehrhaus in Neulußheim, dazu noch zweimal zu Hause, aber keine komplexen technischen Übungen wie Reißen oder Stoßen, sondern nur Kniebeugen oder Zugübungen. „Manchmal habe ich auch zu Hause mal mit der Langhantel trainiert, aber da haben sich die Nachbarn beschwert“, erzählt er schmunzelnd.
Vor fünf Jahren war er erstmals bei den baden-württembergischen Meisterschaften dabei. Erste Erfolge motivierten ihn weiter. „Mit einfachen Mitteln den ganzen Körper trainieren und immer ein Stück weit gegen sich selbst kämpfen“, nennt er die Motivation fürs Gewichtheben. Da der gelernte Elektrotechniker eine sitzende Tätigkeit im Service ausübt, ist Gewichtheben ideal gegen Rückenschmerzen und alle weiteren Probleme, die sitzende Tätigkeiten so mitbringen. Das Training in Fitnessstudios sieht er für sich selbst als kritisch. „Da trainieren viele nur für die Schwimmbad-Figur, aber mit einer Langhantel kann man viel besser den ganzen Körper trainieren und es ist viel schöner, wenn ein Trainer draufschaut, als anonym an Maschinen“, so Mergenthaler.
Trainer ist beim AC Neulußheim der fast 70-jährige Michael Jäger. Doch nicht nur im Trainerbereich gibt es Nachwuchsprobleme. Mädchen sind ohnehin schwer zu finden, aber auch bei Jungen ist die Konkurrenz durch andere Sportarten sehr groß. „Heutzutage sind viele Kinder und Jugendliche die Mal zu uns gekommen sind auch viel zu unbeweglich,“ findet Mergenthaler, der seit sieben Jahren zudem Abteilungsleiter ist. Derzeit gibt es beim ACN zwei Jugendliche: Leon Schaaf ist 17, Henrik Kästner 18 Jahre alt. Sie gehören zum D-Kader Baden-Württemberg und schaffen 30 bis 40 Kilogramm Steigerung im Jahr, „dafür habe ich aufgrund des späten Einstiegs fünf Jahre gebraucht“ (Mergenthaler).
In Obrigheim hat er sich jüngst in der Altersklasse II (M40) seinen dritten deutschen Meistertitel in der Klasse bis 94 Kilogramm gesichert. Die beiden Titel davor waren bei den Masters der Altersklasse I (M35). Auf Landesebene ist er sein fünf Jahren bei Meisterschaften ungeschlagen.
An seinen ersten internationalen Einsatz erinnert er sich nicht so gerne. In Heinsheim bei Bad Rappenau schaffte er 2016 keinen gültigen Versuch im Stoßen, trotz acht Monaten Vorbereitung und zuvor 145 kg im Training. Das soll in diesem Sommer besser laufen. „Bei der EM ist vielleicht Platz zwei oder drei möglich“, hofft Jens Mergenthaler.
Mit Erfolgen auf sich und vor allem den Verein aufmerksam machen, das ist seine Motivation. „Wir haben viel in die Ausrüstung investiert und haben einen guten Trainer“, wirbt er für das Gewichtheben in Neulußheim.
Zur Person
Jens Mergenthaler ist am 20. September 1978 in Schwetzingen geboren, wohnt in Oftersheim.
Beruf: Elektrotechniker.
Familienstand: verheiratet, zwei Söhne (4 und 6 Jahre alt).
Seit 22 Jahren bei der Freiwilligen Feuerwehr Oftersheim.
Verein: AC Neulußheim.
Größte Erfolge: 3x deutscher Meister, 1 WM-Teilnahme.
Bestleistungen: 120 kg (Reißen), 146 kg (Stoßen). mra
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