2. Fußball-Bundesliga - Nach Rúrik Gíslasons Rundumschlag

SV Sandhausen verzichtet auf rechtliche Schritte

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mjw
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Als er es eigentlich so richtig ruhig hatte, holte Fußball-Profi Rúrik Gíslason zum Rundumschlag gegen seinen ehemaligen Arbeitgeber SV Sandhausen aus. In seiner Heimat äußerte sich der isländische Nationalspieler in einem Podcast eines Radiosenders zum ersten Mal nach seinem Aus beim Fußball-Zweitligisten der Öffentlichkeit (wir berichteten in unserer Samstagsausgabe). Er beschrieb den Präsidenten Jürgen Machmeier, den Sportlichen Leiter Mikayil Kabaca und Trainer Uwe Koschinat unter anderem als die „drei Amigos mit verdorbenem Charakter“. Der 32-Jährige habe sich „gemobbt“ gefühlt.

Allerdings geriet Gíslason schon in der Hinrunde nach einem Zwist im Training ins Abseits. Zeitweise wurde er sogar suspendiert. Sportlich konnte er ohnehin nicht überzeugen und deswegen plante Koschinat im Abstiegskampf nach der Corona-Zwangspause nicht mehr mit dem Flügelstürmer. Weshalb das so war, ließ der Trainer offen. Äußern wollte sich der sonst so redselige Coach zu dieser Personalie in den Pressekonferenzen nie.

„Komische Schwingungen“

Gíslason blieb das nicht verborgen: „Ich habe komische Schwingungen vom Trainer empfangen.“ Während der Unterbrechung eskalierte die Situation endgültig. Gíslason verabschiedete sich im April für drei Wochen in sein Heimatland, um seine todkranke Mutter zu begleiten. In der Zwischenzeit stimmten alle Spieler und Verantwortlichen einem Gehaltsverzicht zu. Gíslason hingegen weigerte sich, diese Vertragsänderung zu unterschreiben. Er habe die Differenz stattdessen an wohltätige Organisationen spenden wollen, erklärte er. Das hätte dem Club, der wegen der fehlenden Einnahmen sparen musste, aber nicht geholfen.

Kabaca sagte auf Nachfrage dieser Zeitung: „Er hat sein Wort gebrochen. Er hat mir telefonisch zugesichert, dass er unterschreiben wird. Auch unserem Kapitän (Anm. d. Red.: Dennis Diekmeier) und dem Trainer hat er das gesagt. Es ist ein Vertrauensbruch und mit so einem Spieler möchten wir gar nicht mehr arbeiten.“

Gíslason sagte auch, er habe das Gelände nicht mehr betreten dürfen, obwohl er fit gewesen sei. „Um Sandhausen helfen zu können, habe ich sogar die Beerdigung meiner Mutter verpasst. Es ist Bullshit, wenn behauptet wird, dass ich nicht so fit wie die anderen war.“ Club-Präsident Machmeier, der in erster Linie „perplex“ die Äußerungen des ehemaligen Schützlings aufgenommen hatte, meinte, Gíslason sei in einer desolaten körperlichen Verfassung zurückgekommen. Hätte man ihn mit der Mannschaft trainiert, wäre die Verletzungsgefahr zu groß gewesen.

Auch mit Anwälten keine Rückkehr

Gíslason habe daraufhin seine Anwälte eingeschaltet, um eine Rückkehr ins Mannschaftstraining zu erzwingen. Dies wurde ihm aber verwehrt. Allein aus sportlicher Sicht haben einer Vertragsverlängerung die Argumente gefehlt, denn der Offensivspieler traf in 55 Spielen nur drei Mal. Schon bei seiner vorherigen Station in Nürnberg war er in Ungnade gefallen. Damals war nach Gíslasons eigener Aussage der damalige Coach Michael Köllner der Hauptschuldige.

Die Verantwortlichen des SVS wollen dem Interview jedoch nicht allzu viel Bedeutung beimessen und verzichten auf rechtliche Schritte. Kabaca sagt: „Es ist nicht meine Art noch einmal nachzutreten, aber wer in zwei Jahren so wenig geleistet hat, und nur dank des Clubs auf den WM-Zug aufgesprungen ist, sollte aufpassen. Fakt ist: Mit unserem starken Endspurt haben wir alles richtig gemacht und letztendlich kann sich jeder sein eigenes Bild machen.“

Vieles richtig gemacht hat Gíslason in der jüngsten Vergangenheit nur in der Social-Media-Welt. Während der WM 2018 wurde er durch den Hashtag „#sexyrurik“ bekannt. Danach schossen seine Followerzahlen in die Höhe. Hätte er den Hype um seine Person auf dem Sportplatz nur annähernd bestätigen können, wäre er wohl fester Bestandteil des Kaders geblieben. Eine neue Station ist aktuell noch nicht in Sicht. mjw

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