Fußball-Kreisliga

Zwei Nackenschläge, ein Motor - Neulußheim nimmt Fahrt auf

Der SC Olympia Neulußheim steigt in die Fußball-Kreisliga auf und schreibt dabei eine außergewöhnlich Erfolgsgeschichte.

Von 
Andi Nowey
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Die Meistermannschaft des SC Olympia Neulußheim nach Überreichen der Meisterschale durch Staffelleiter Henrik Reßler (r.). © SC Olympia Neulußheim

Neulußheim. Es klingt paradox, aber es waren zwei Daten negativer Ereignisse in der jüngeren Geschichte des SC Olympia Neulußheim, die für Aufbruchstimmung und eine neue Stärke der Fußballer gesorgt haben.

Zum einen ist da der 7. November 2021: Nach einem 2:6 gegen den SC Pfingstberg-Hochstätt belegte der SON in der Kreisklasse A1 den vorletzten Tabellenrang und steuerte sehenden Auges in Richtung B-Klasse zu. Der Super-Gau wurde abgewendet und mit Marvin Pelzl tauchte ein Mann immer mehr im Vordergrund auf, der das Gesicht des derzeitigen Höhenfluges wurde. Der 31-Jährige, der unter anderem bei Arminia Ludwigshafen, beim VfR Mannheim und bei der TuS Mechtersheim Oberliga-Erfahrungen gesammelt hatte, führte Neulußheim 2023 in die Kreisliga, musste aber – und hier kommt das zweite markante Datum ins Spiel – am 5. Mai 2024 die bittere Pille des sofortigen Wiederabstiegs hinnehmen.

Zwei Nackenschläge, an denen ein Verein zerbrechen kann – in Neulußheim passierte das Gegenteil. Gleichzeitig mit dem verpassten Kreisliga-Klassenerhalt wurde die Parole der sofortigen Rückkehr ausgerufen. „Und zwar über Platz eins“, wie Pelzl vor Saisonbeginn unmissverständlich klarstellte. Mit einigen Waffen vom Transfermarkt im Gepäck ging es in die Runde. „Wir hatten uns punktuell verstärkt und einige Hochkaräter an Land gezogen. Daher hatten wir schon große Erwartungen, die aber letztlich auch bestätigt wurden, allein schon dadurch, dass wir in der Rückrunde jedes Spiel gewonnen haben“, sagt Pelzl heute.

Ziel des SC Olympia Neulußheim: Landesliga

Die letzten Mosaikstückchen an Unsicherheit wurden im Winter mit den Neuverpflichtungen Kevin Roderig und Nico Neugebauer vom Landesligisten SV 98 Schwetzingen geschlossen. Dreieinhalb Jahre nach dem eingangs beschriebenen Absturz auf den vorletzten Tabellenplatz ist der SC Olympia Neulußheim kaum wiederzuerkennen und voll durchgestartet. „In dieser Zeit hat sich der Verein auch neu aufgestellt und ist bereit geworden, auch zu investieren. Der Aufstieg in die Kreisliga soll auch kurzfristig noch kein Ende sein, langfristig wollen wir die Landesliga in Angriff nehmen“, haut Pelzl forsche Töne heraus.

Doch er kann es. Einerseits, weil er in seiner eigenen Karriere schon viel gesehen hat und dadurch fachlich-sportlich die Leistungsstärke der kommenden Gegner gut einschätzen kann. Zu anderen hat er sein Netzwerk gespannt und ein Dutzend neuer Spieler an Land gezogen, die größtenteils bereits ihr Landesliga-Format in den vergangenen Jahren unter Beweis gestellt haben. Patrick Morscheid zum Beispiel, der vom FV 1918 Brühl nach Neulußheim wechselte, oder Immanuel Gregg vom SV 98 Schwetzingen. Auch vom ASV Eppelheim kamen vier Akteure zum SON.

Hört sich also fast danach an, dass ein Goldesel in der Waghäuseler Straße Station gemacht hat. Doch Pelzl verneint: „So ist das nicht. Der Verein ist einfach gut aufgestellt, hat viele Sponsoren und nicht nur einen Gönner, an dem alles hängt. Außerdem generieren wir Einnahmen durch Feste, die Kerwe und Veranstaltungen.“

Langfristige Denkweise beim SON

Und wer nun dachte, dass durch das Aufrüsten mit Routiniers die Jugend hinten herunterfällt, sieht sich getäuscht. Schon in der Vorsaison hatte Pelzl vier Spieler aus der eigenen B-Jugend in den Trainingsbetrieb mit eingebaut und festgestellt, „dass der Verein hier auch sehr aktiv ist, um die Bindung zwischen Jugend und Herren zu verfestigen“, so Pelzl. Ein gutes Beispiel hierfür ist Magnus Biskup, der aus der Neulußheimer Jugend stammte, zuletzt beim FC Speyer 09 in der A-Jugend auflief und nun zurückkehrte.

Doch an einen Selbstläufer glaubt Pelzl, seines Zeichens ein optimistischer Realist mit dem gesunden Blick auf Fakten und keineswegs ein Architekt für Luftschlösser, nicht. „Wir haben so viele neue Spieler, das muss sich alles auch erst einmal neu positionieren und bedarf seiner Zeit“, unterstreicht der 31-Jährige. Auch müsse man sich an das neue Spielniveau in der Kreisliga erst einmal gewöhnen. Spiele wie zuletzt die umkämpften Spitzenpartien gegen Rohrhof, Hockenheim oder Rheinau dürften in der neuen Spielklasse auf der Tagesordnung stehen. „Durch unsere Erfolgsserie haben sich letzte Saison die Mannschaften gegen uns hinten eingeparkt. Da mussten wir teilweise schon Geduld haben. Das dürfte in der neuen Saison anders werden, da dort auch einige sehr spielstarke Mannschaften dabei sind.“

Dennoch, zwischen einem Durchmarsch, getränkt durch die vorherrschende Euphorie und aufgrund des kommenden Kaders mit berechtigter Vorstellungskraft, und einer Bauchlandung in Form von Abstiegskampf, dürfte alles möglich sein. Geht es nach Pelzl, dann wird ein einstelliger Tabellenplatz angepeilt. „Alles andere wird man im Laufe der Vorrunde sehen und dann reden wir noch einmal“, meint Pelzl etwas verklausuliert – doch irgendwie weiß jeder, was gemeint ist.

Freier Autor Schwerpunkte: Mannheimer Kreisfußball, Kreisklassen A und B, Kreispokal, Waldhof-Legenden

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