Es war der 21. Juni 2019 als in Vancouver der General Manager der Detroit Red Wings, Steve Yzerman, auf die Bühne trat und bei der Talentziehung der nordamerikanischen Profi-Eishockeyliga NHL, dem sogenannten Draft, Moritz Seider an sechster Stelle auswählte. Jener Seider saß zu diesem Zeitpunkt mit seinen Eltern im Publikum und hielt sich fassungslos die Hände vor das Gesicht. Immer wieder schüttelte er ungläubig den Kopf, ehe er - im wahrsten Sinne des Wortes - den Gang auf die große NHL-Bühne antrat.
Moritz Seider
- Seider wurde am 6. April 2001 in Zell (Mosel) geboren.
- Mit dem Eishockeyspielen begann er beim EHC Erfurt, ehe er 2015 zu den Jungadlern Mannheim wechselte.
- Am 25. Oktober 2017 bestritt er im Alter von 16 Jahren sein erstes Profispiel für die Adler. Gegner war die Düsseldorfer EG.
- Seider gewann bereits in der DEL die Auszeichnung zum besten Neuling des Jahres. In der schwedischen SHL wurde er gar zum besten Verteidiger gewählt.
- Am 14. Oktober 2021 bestritt er sein erstes NHL-Spiel für Detroit und sammelte dabei zwei Assists.
Auf den Tag genau drei Jahre später ist von diesem 18-jährigen Spieler nicht mehr viel übrig. Seider ist - obwohl erst 21 Jahre alt - zu einem gestanden Profi gereift, hat überall, wo er mit seinen Schlittschuhen das Eis berührte, nachhaltige Spuren hinterlassen. Doch was geblieben ist, ist diese sympathische Bodenständigkeit, die ihn seit seinen Jugendzeiten im Trikot der Adler Mannheim auszeichnet, und die so auch wieder am 21. Juni 2022 in der US-Metropole Tampa zu sehen war, als er die Trophäe für den besten Rookie - also Neuling - der NHL entgegennahm und damit deutsche Eishockeygeschichte schrieb. Eine Ehre, die vorher noch kein anderer deutscher Profi in der besten Eishockeyliga der Welt erlangt hatte.
Im edlen Anzug nebst Fliege nahm er den Preis entgegen und gab zu, dass er mit diesem überhaupt nicht gerechnet hatte. „Ich habe keine Rede vorbereitet“, meinte der Nationalspieler, nachdem er zuvor seiner Freundin, der dreimaligen Shorttrack-Olympiateilnehmerin Anna Seidel, einen Kuss gegeben und die ersten Gratulationen entgegengenommen hatte. „Ich will einfach mit dem Strom schwimmen.“
Dabei ist mit dem Strom zu schwimmen eigentlich gar nicht Seiders Art. Er ist vielmehr einer, der heraussticht. In seiner ersten NHL-Saison stand der 1,93 Meter große Hüne in allen 82 Hauptrundenspielen auf dem Eis, kam auf insgesamt 50 Scorerpunkte und verbuchte 43 Vorlagen. Und in der Defensive zeigte er sich abgebrüht gegen die etablierten Stars. Von Anpassungsproblemen war nach seiner Eingewöhnungsphase bei Detroits Kooperationspartner Grand Rapids Griffins und einer Saison bei Rögle BK in Schweden keine Spur mehr. Von allen Neulingen der NHL, lieferte er die meisten Assists und hatte mit 23:02 Minuten pro Spiel die meiste Eiszeit.
Die Adler Mannheim, mit denen Seider 2019 deutscher Meister geworden war, schrieben am Morgen nach der Preisverleihung auf Instagram: „Unfassbar geil! Herzlichen Glückwunsch zu dieser unfassbaren Auszeichnung!“ Und auch Adler-Sportmanager Jan-Axel Alavaara, der ihn in der Saison 2018/2019 zusammen mit dem damaligen Trainerteam Pavel Gross/Mike Pellegrims fest bei den Profis eingebaut hatte, meinte: „Die Auszeichnung war keine Überraschung. Für mich gab es nur einen Rookie des Jahres - und das ist Moritz Seider.“
Dieser will nun erst einmal ein bisschen abschalten. „Ich werde definitiv etwas Zeit haben, um zu reflektieren. Das werde ich wahrscheinlich zu Hause bei meinen Eltern. Im Moment geht wirklich alles sehr schnell.“ Doch danach will er dabei helfen, die Detroit Red Wings wieder zu alter Stärke zu führen. Detroit lag vergangene Saison 26 Punkte hinter einem Play-off-Platz und verpasste somit bereits zum sechsten Mal in Folge die Endrunde. „Wir haben eine sehr glänzende Zukunft vor uns“, meinte er und ergänzte: „Viele Leute zweifeln an uns, das motiviert uns.“
Fokussiert auf dem Eis und sympathisch abseits davon - so präsentierte sich Seider auch bei der Preisverleihung in Tampa. Mit einem kleinen Scherz über seine abwesenden Eltern, „die gerade erst aus Kroatien zurückgekommen sind und dachten, es sei wichtiger, Urlaub zu machen“, hatte Seider die Sympathien auf seiner Seite. (mit dpa)
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