Mannheim. Leon, Kalifornien statt Kurpfalz: Wann ist es mit den San Jose Sharks konkret geworden?
Leon Gawanke: Es kam alles ziemlich überraschend für mich, um ehrlich zu sein. Von Anfang an gab es den Hintergedanken, dass es passieren kann, in Nordamerika zu einem anderen Club getauscht zu werden und ich bei einem Verein lande, bei dem ich die Chance auf NHL-Einsätze sehe. Konkret wurde es am vergangenen Samstag. Mein Berater hat angerufen und gemeint, dass er einen Trade mit San Jose organisieren könne. Dann musste ich mich entscheiden, ob ich auch hingehen würde. Ich weiß, dass San Jose einen Neuanfang startet, und habe mir den Kader angeschaut. Es war für meine weitere Eishockey-Karriere die beste Entscheidung, es noch einmal drüben zu versuchen.
Die Sharks haben mich vor dem Tausch beobachtet und den Trade nicht ohne Hintergedanken eingefädelt.
Sie sehen größere Chancen als in Ihren vier Jahren in der Organisation der Winnipeg Jets?
Gawanke: Auf jeden Fall. Die Sharks haben mich vor dem Tausch beobachtet und den Trade nicht ohne Hintergedanken eingefädelt. Zudem bestehen in San Jose derzeit mehr Möglichkeiten für Verteidiger, in die Aufstellung zu rutschen.
Haben die Sharks Ihnen schon einen Weg in die NHL aufgezeigt?
Gawanke: So viel Kontakt hatte ich in diese Richtung noch nicht. Wenn man da drüben ein paar Jahre gespielt hat, weiß man, was zu tun ist, um es nach oben zu schaffen. Man muss sich jedes Mal beweisen. Ich muss mich im Sommer gut vorbereiten und im Camp gute Leistungen bringen. Dann werde ich von den Sharks auf jeden Fall eine Chance bekommen, mich zu zeigen. Diese muss ich dann nutzen.
Wie geht’s im Sommer bei Ihnen weiter? Werden Sie Teile der Vorbereitung bei den Adlern in Mannheim bestreiten?
Gawanke: Ich bleibe in Berlin, hier habe ich meinen Trainer und alles, was ich brauche. Ich werde schon Mitte August in die USA fliegen, um mich vor Ort in San Jose auf das anstehende Camp vorzubereiten.
Leon Gawanke
- Leon Gawanke wurde am 31. Mai 1999 in Berlin geboren.
- Der Eishockey-Verteidiger durchlief die Nachwuchsteams der Eisbären Berlin.
- Die Winnipeg Jets sicherten sich die Rechte an Gawanke im Draft 2017, gaben ihm aber nie eine Chance in der NHL.
- Der deutsche Nationalspieler, der bei der WM 2023 die Silbermedaille gewann, unterzeichnete im Frühjahr einen Vierjahresvertrag bei den Adlern Mannheim. Dieser ruht nun, weil Gawanke in der Organisation der San Jose Sharks eine neue NHL-Chance sieht.
Was können die Sharks im nächsten Jahr erreichen?
Gawanke: Das ist alles noch ein bisschen früh. Obwohl San Jose im Neuaufbau steckt, kann es für Überraschungen sorgen. Was das ausgegebene Ziel ist? Keine Ahnung! Ich habe erst mit einigen Leuten telefoniert und brauche noch mehr Zeit, um das herauszufinden.
Mit Nico Sturm steht ein weiterer Deutscher im Sharks-Kader, haben Sie sich mit ihm ausgetauscht?
Gawanke: Wir haben kurz geschrieben, er hat mir gratuliert. Ich freue mich, vor Ort ein bekanntes Gesicht zu haben, das kann natürlich nur ein Vorteil sein.
Hat er ein gutes Wort für Sie eingelegt?
Gawanke (lacht): Ich weiß nicht, wie viel er bei den Sharks schon zu sagen hat. Wenn sie ihn gefragt haben, wird er bestimmt das eine oder andere Positive über mich gesagt haben.
Glauben Sie, dass Ihnen die WM-Silbermedaille noch ein Stück weit geholfen hat?
Gawanke: Geschadet hat sie jedenfalls nicht. Wenn man bei einer WM gut spielt und eine Silbermedaille mit nach Hause bringt, ist das natürlich ein Pluspunkt. Im Wesentlichen gehe ich aber davon aus, dass mich die Scouts der Sharks ganz gut kennen. Ich habe jetzt vier Jahre in der American Hockey League gespielt. Ich denke, sie haben ein ganz gutes Bild von mir und wissen genau, was für einen Spieler sie geholt haben. Ich hoffe, dass ich in San Jose meinen Weg gehe.
Mit welchen Qualitäten wollen Sie überzeugen?
Gawanke: Ich möchte an meine Offensivqualitäten der vergangenen Saison anknüpfen und defensiv konstant besser werden. In diesem Bereich habe ich mich in meinen Nordamerika-Jahren zwar auch schon weiterentwickelt, aber da fehlt immer noch ein bisschen was, um es in die NHL zu schaffen.
Sie hatten bei den Adlern einen Vierjahresvertrag unterschrieben, wie sind die Gespräche mit Sportmanager Jan-Axel Alavaara gelaufen?
Gawanke: Super. Axel ist ein Fachmann, der sich auskennt. Er hat meine Entscheidung verstanden. Es war ja auch von Anfang an klar besprochen, dass es die Möglichkeit gibt, dass ich noch einmal eine Chance in der NHL bekomme. Jetzt am Ende hätte ich fast selbst nicht mehr damit gerechnet, aber es ist halt doch so gekommen. Es ist schon auch ein bisschen schade, weil ich mich auf meine Zeit in Mannheim gefreut habe. Die Adler haben wirklich ein sehr gutes Team beisammen. Ich bin mir sicher, dass wir eine gute Saison gespielt hätten. Jetzt gilt mein voller Fokus meiner neuen Situation.
Es ist schon auch ein bisschen schade, weil ich mich auf meine Zeit in Mannheim gefreut habe. Die Adler haben wirklich ein sehr gutes Team beisammen.
Wie beruhigend ist es für Sie zu wissen, dass Sie die Sicherheit eines Vertrags in Mannheim haben, der nun ja nur ruht?
Gawanke: Es ist gut zu wissen, dass ich jederzeit zurück nach Deutschland kann, wenn ich merken sollte, dass es drüben wieder nicht Richtung NHL geht. Oder nächstes Jahr oder übernächstes Jahr. Der Vertrag bei den Adlern gibt mir ein gutes Gefühl. Mein Ziel ist es jetzt aber ganz klar, es in die NHL zu schaffen.
Sie sind sehr gut mit Taro Jentzsch befreundet. Wie hat er auf Ihre Unterschrift in San Jose reagiert?
Gawanke: Er meinte, dass er sich auf der einen Seite für mich freut, auf der anderen es traurig findet. Bei mir verhält es sich genauso: Ich gehe mit einem lachenden und einem weinenden Auge nach San Jose. Es ist schon ein bisschen schade, dass wir jetzt nicht jeden Tag in Mannheim auf der Terrasse sitzen und grillen. Wir sehen uns noch ein paar Mal im Sommer, das wird schon.
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Wie sieht die Adler-Verteidigung ohne Leon Gawanke aus?
Gawanke: Immer noch sehr stabil, sie ist weiter eine der besten Defensivreihen der Liga. Dass ich nach San Jose gehe, ist kein herber Verlust, den sie nicht ersetzen könnten. Es wurde ja genug Qualität dazugeholt.
Hand aufs Herz: Verfolgen Sie bei den DEL-TV-Übertragungen künftig die Adler-Spiele intensiver oder wählen Sie die Konferenz?
Gawanke: Natürlich schaue ich mir die Adler-Spiele an, die interessieren mich am meisten. Zu diesem Club habe ich jetzt ja den meisten Bezug. Der Konferenz bin ich aber nicht abgeneigt, denn ich habe auch einige Kumpels über die Liga verteilt. So oft gibt es die Konferenz aber nicht.
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