Handball

Darum ist für die Rhein-Neckar Löwen noch so viel drin

Die Rhein-Neckar Löwen verabschieden sich in die WM-Pause. Anschließend geht Trainer Sebastian Hinze in sein letztes Halbjahr bei den Mannheimern. Und das könnte noch sehr gut enden. Wir erklären warum

Von 
Marc Stevermüer
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Trainer Sebastian Hinze verlässt die Löwen im Sommer 2025 – und kann bis dahin mit dem Team noch viel erreichen. © Max Krause

Mannheim. Die Spieler der Rhein-Neckar Löwen schrieben nach dem 32:27-Sieg über die HSG Wetzlar noch fleißig Autogramme und machten Fotos mit ihren Fans, da zog Sebastian Hinze bereits seine Halbjahresbilanz. Seiner Miene konnte man in diesem Moment nicht unbedingt anmerken, wie seine Gefühlslage war – was sicherlich auch daran liegt, dass er bisweilen als stiller Genießer durchgeht. Seine Worte ließen allerdings keine Zweifel an seinem Urteil zu. Denn der 45-Jährige vergab eine Schulnote an sein Team: „Da, wo wir jetzt stehen, das ist kein Befriedigend, sondern das ist in Kombination mit dem Einzug ins Final Four ein Gut’“.

Nach 16 von 17 Hinrundenspielen stehen die Löwen in der Bundesliga mit 20:12 Punkten auf Rang sieben, zu den Mannschaften auf den Plätzen davor ist der Abstand nicht allzu groß. „Alles liegt sehr eng zusammen. Mit zwölf Minuspunkten können wir ganz gut leben“, meinte Torwart David Späth. Wobei die Formulierung „ganz gut“ auch die Interpretation zulässt, dass es noch ein wenig besser hätte sein können.

Die eingeschlagene Richtung stimmt

Kapitän Patrick Groetzki sah das offensichtlich ähnlich. Er bezeichnete das bisherige Abschneiden als „ okay plus“. Was etwas zu bedeuten hat. Der Rechtsaußen gilt nämlich als kritischer Geist und ehrgeiziger Profi. Was nicht zuletzt daran liegt, dass er die besten Zeiten des Vereins nicht nur miterlebt, sondern geprägt hat. Entsprechend hoch ist immer sein Anspruch. Ihm geht es stets ums Maximum.

„Wenn man sich die Spiele noch einmal anschaut, dann ist es schon mein Gefühl, dass zwölf Minuspunkte einen Tick zu viel sind“, sagte Groetzki und hatte dabei die Heimniederlage gegen den ThSV Eisenach im Sinn. „Sehr ärgerlich“ sei dieser Ausrutscher gewesen, aber auch die Niederlage in Leipzig schmerze, „weil wir dort über weite Strecken der Partie geführt haben“.

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Doch egal, ob jetzt „gut“, „ganz gut“ oder „okay plus“ – bei den Löwen herrscht auf jeden Fall Einigkeit darüber, dass sowohl der eingeschlagene Weg als auch die Richtung stimmt. Zumal die Mannheimer im Jahresendspurt auf einige Spieler verletzungsbedingt verzichten mussten.

Es bleiben Qualitätsdefizite – aber einige Profis entwickeln sich

Bei den Siegen über den TVB Stuttgart und über Wetzlar fielen Juri Knorr und Halil Jaganjac aus, Sebastian Heymann stand nur sporadisch zur Verfügung. Doch das fiel nicht schwerer ins Gewicht. „Dieses Thema hatten wir zu Saisonbeginn noch nicht so gut im Griff“, sagte Hinze, den rückblickend vor allem die beiden deutlichen Niederlagen bei den Füchsen Berlin (27:34) und gegen den SC Magdeburg (25:36) schmerzen: „Das darf uns einfach nicht passieren.“ Woraus er eine Aufgabe für die Rückrunde plus das Nachholspiel gegen den VfL Gummersbach ableitet: „Wir müssen in jeder Formation und in jeder Phase die Qualität des Kaders auf die Platte bringen.“

Hin und wieder stößt diese Mannschaft aber eben an Grenzen. Was man ihr vermutlich nur bedingt vorwerfen kann, weil das Potenzial nach den bisherigen Erkenntnissen nicht wesentlich mehr hergibt als den aktuellen Status. Oder anders ausgedrückt: Der Kader ist nicht besser. Was eine schlechte Nachricht ist. Es gibt aber auch eine gute Botschaft: Denn dieser Kader wird besser – und hat noch dazu in der restlichen Saison alle Optionen. Sogar auf einen Titel.

Überzeugende Auftritte in den direkten Duellen mit den Topteams

Platz sechs oder sieben sei „wahrscheinlich das, wo wir vom Leistungsniveau im Moment auch hingehören“, räumte Führungsfigur Groetzki ebenso ehrlich wie realistisch ein: „Trotzdem haben wir die Hoffnung, dass es in der Tabelle noch ein bisschen weiter nach oben geht.“

Möglich ist das auf jeden Fall. Und das nicht nur wegen der überschaubaren Punktabstände. Auch in den direkten Duellen mit den Topteams überzeugten die Löwen - insbesondere in der SAP Arena. Die Heimsiege in der Liga über Spitzenreiter MT Melsungen, Rekordmeister THW Kiel und Titelanwärter SG Flensburg-Handewitt sprechen ebenso für sich wie der sensationelle Achtelfinal-Coup im Pokal über Champions-League-Starter Füchse Berlin.

Damit es noch ein bisschen weiter nach oben geht, fordert Späth, dass die Löwen auch in der Fremde mal mit der „Mentalität“ auftreten, „die wir in den Heimspielen zeigen. Dann können wir auch auswärts einen Großen schlagen.“

Siege über Topteams – Löwen sind näher herangerückt

In der Tat sind die Badener von den absoluten Topteams nicht mehr ganz so weit entfernt wie noch in der vergangenen Saison. Das liegt zunächst einmal an den Neuzugängen, die man „sehr schnell integriert“ habe, wie Groetzki betont. Insbesondere gilt das für Rückraum-Linkshänder Ivan Martinovic, der seit Monaten Weltklasseleistungen aneinanderreiht und mit 84 Treffern bester Löwen-Feldtorschütze ist. Dass er in den Pokalkrimis gegen Berlin und Eisenach außerdem zehn- und elfmal (inklusive Siebenmetern) traf, unterstreicht seinen Wert. Der Kroate gilt längst als unersetzbar – und er brachte Qualität von außen ins Team.

Innerhalb des Kaders wuchsen aber auch andere Spieler an ihren Aufgaben. Groetzki nannte explizit Gustav Davidsson und Steven Plucnar, die der Club 2023 verpflichtet und damals ausdrücklich nicht als Soforthilfen geholt hatte. „Gustav hat eine gute Entwicklung genommen und viele Partien gemacht, in denen er die Spielsteuerung gut im Griff hatte. Steven bringt immer ein Plus, wenn er reinkommt. Das hilft dann schon“, freute sich Groetzki und zählte zudem noch David Móré auf.

Es könnte durchaus noch für Europa reichen

Der 20-Jährige aus dem eigenen Nachwuchs trumpfte in den beiden Partien vor dem Jahreswechsel groß auf, blieb bei den Siegen in Stuttgart und gegen Wetzlar ohne Fehlwurf und erzielte starke 16 Treffer. Keine Frage: Auch wegen ihres treffsicheren Linksaußens verabschiedeten sich die Löwen mit einem guten Gefühl in die W-M-Pause.

Erst am 9. Februar sind sie in der Bundesliga wieder beim HSV Hamburg gefordert. Bei der WM in Dänemark, Norwegen und Kroatien sind die deutschen Nationalspieler Jannik Kohlbacher, Juri Knorr, Späth und Heymann sowie der Kroate Martinovic am Ball.

Erfüllt Trainer Hinze am Ende seiner Zeit bei den Löwen noch seine Mission?

Zum ersten Training im neuen Jahr versammelt Hinze seine Mannschaft ohne dieses Quintett am 13. Januar – um dann voller Tatendrang in sein letztes Halbjahr bei den Mannheimern zu gehen. Die Voraussetzungen für ein versöhnliches Ende sind aber definitiv nicht schlecht.

Am zweiten Weihnachtsfeiertag stellte der Trainer eine Hochrechnung auf, wonach die durchschnittliche Punktausbeute seiner Mannschaft in dieser Runde in den vergangenen Jahren am Saisonende stets für eine Teilnahme am Europapokal gereicht hätte. Und wenn Hinze das tatsächlich gelänge, hätte er seine Mission in Mannheim mit Vertragsende im Sommer 2025 zweifelsohne erfüllt.

Redaktion Handball-Reporter, Rhein-Neckar Löwen und Nationalmannschaft

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