Mannheim. Es ist keinesfalls so, dass sich Mikael Appelgren nicht in Geduld üben kann. Im Gegenteil. Wer mehr als zwei Jahre verletzt war, der weiß durchaus, was es bedeutet, beharrlich zu sein und ein gewisses Durchhaltevermögen zu zeigen. Erst recht, wenn noch der eine oder andere Rückschlag hinzukam und die Zwangspause entsprechend verlängerte.
Allerdings läuft dem Torwart der Rhein-Neckar Löwen nun auch ein wenig die Zeit davon. Im Januar steht die Handball-Weltmeisterschaft in Polen und in seiner schwedischen Heimat an. Nur allzu gerne würde der 33-Jährige dabei sein und sich einen Kindheitstraum erfüllen. Weltmeisterschaft im eigenen Land. Viel mehr geht in emotionaler Hinsicht kaum. Doch noch immer bereitet ihm seine operierte Schulter ein paar Sorgen.
Für das Länderspiel an diesem Donnerstag (19 Uhr) in Mannheim gegen Deutschland muss er deshalb passen. Dabei wäre die SAP Arena, in der er seit 2015 für die Löwen spielt, zweifelsohne der perfekte Ort für seine Rückkehr in die Nationalmannschaft gewesen.
Der Torwart trägt seine Absage indes mit Fassung, weil die Vernunft bei ihm momentan über dem Herzen steht. So schwer das auch sein mag. „Ich muss verantwortungsvoll mit meiner Schulter umgehen, damit es nicht noch schlechter wird. Der Heilungsprozess wird noch ein paar Monate dauern“, macht Appelgren deutlich, dass die erneute Pause weder ein plötzlicher Rückschlag noch ein Grund zur Beunruhigung ist, sondern eher eine Vorsichtsmaßnahme. Die Schulter hat fast schon erwartungsgemäß auf die Belastung reagiert, nachdem der Schwede in den vergangenen Wochen viel gespielt hat, was wiederum seine Rückkehr zu alter Stärke unterstreicht.
35 Prozent der Würfe auf sein Tor hat er in dieser Saison abgewehrt. Eine Topquote, die von den Stammkeepern in der Bundesliga nur von einem übertroffen wird: Niklas Landin (37 Prozent), dem wohl besten Torwart der Welt im Trikot des THW Kiel.
Schwere Verletzungen an Schulter und Knie
Appelgrens Leistungen sind also längst schon wieder absolut WM-tauglich, was nach seinen schweren Verletzungen an Schulter und Knie einem kleinen Wunder gleicht. Denn hier und da fiel in den vergangenen zwei Jahren sogar immer mal wieder das Wort Sportinvalidität. Der Torwart selbst sagt allerdings, immer an sein Comeback geglaubt zu haben. Auch wenn es hin und wieder natürlich das eine oder andere emotionale Tief gab. Entsprechend beantwortet er die Frage, ob die Rückkehr auf sein früheres Weltklasse-Niveau trotz zweier Meisterschaften mit den Löwen vielleicht der größte Triumph seiner Karriere sei, auch nicht eindeutig: „Jein!“ Weil das für ihn eigentlich immer klar war. Er aber ebenso realistisch einzuschätzen weiß, welch langen und schwierigen Weg er gehen musste.
Nun fehlt nur noch der letzte Schritt zum finalen Glück. „Es war, ist und bleibt mein Riesenziel, wieder für Schweden zu spielen. Ich bin aber noch nicht soweit, und trotzdem zuversichtlich, dass ich noch Länderspiele bestreiten werde“, gibt sich Frohnatur Appelgren gewohnt optimistisch, zumal seine Rückkehr ins Nationalteam tatsächlich naht. Sonst hätte ihn Trainer Glen Solberg schließlich nicht für die Partien in Deutschland und am Sonntag gegen Dänemark berufen - auch wenn er dann absagen musste. Diese Nominierung habe ihm „sehr viel bedeutet und stolz“ gemacht, sagt der Löwen-Keeper: „Denn ich weiß, wie viele gute Torhüter es in Schweden gibt. Zumal diese Mannschaft gerade erst EM-Gold gewonnen hat.“
Im Januar dieses Jahres triumphierten die Skandinavier in Budapest. Mit Appelgren als Edelfan in der Zuschauerrolle, was für ihn nicht ganz einfach war. Denn oft genug stand er mit Schweden bei den zurückliegenden Turnieren vor dem großen Coup, der dann ausgerechnet gelang, als der Löwe fehlte. „Natürlich habe ich mich für die Jungs gefreut. Aber es tat auch ein bisschen weh, nachdem ich mit dieser Mannschaft eine so lange Reise hinter mir habe und ein großer Teil dieses Teams war“, gibt der Schlussmann ehrlich zu.
Nun bleibe ihm nichts anderes übrig, als weiter Leistung zu zeigen und seine „kleine physische Baustelle“ zu beheben, meint der Pragmatiker Appelgren, der sich gerade mit den Rhein-Neckar Löwen in Vertragsverhandlungen befindet. Im Sommer 2023 endet sein Arbeitsvertrag, der Bundesligist würde die Zusammenarbeit gerne verlängern. Und Appelgren? Will er bleiben oder gehen? „Das weiß ich noch nicht, das wird die Zukunft zeigen.“ Auch in dieser Angelegenheit übt sich der Schwede also in Geduld.
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