Historie vor dem Pokalduell

Als eine Nürnberger Niederlage den SV Waldhof den Bundesliga-Aufstieg kostete

In den 1920er und 1930er gehörten der SV Waldhof und der 1. FC Nürnberg zu den besten deutschen Mannschaften. Den SVW-Fans ist aber vor allem die Saison 2000/2001 in Erinnerung, als fehlende Schützenhilfe aus Franken den Mannheimern den Aufstieg in die Bundesliga kostete. Ein historischer Rückblick

Von 
Andi Nowey
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Pure Enttäuschung: Waldhofs Hanno Balitsch nach dem verpassten Bundesliga-Aufstieg 2001. © dpa

Mannheim/Nürnberg. Viele Jahre lang war der 1.FC Nürnberg der größte sportliche Rivale für den SV Waldhof. Insbesondere in den 1920er und 1930er Jahren verwies der „Glubb“ die Mannheimer immer wieder auf Rang zwei. Vor dem Wiedersehen in der zweiten Runde des DFB-Pokals (Dienstag, 18 Uhr) haben wir wichtigsten Berührungspunkte zwischen Blau-Schwarz und Rot-Weiß zusammengestellt.  .

1920: Der 1.FC Nürnberg galt seinerzeit als stärkste Mannschaft Deutschlands. Die Sturmreihe mit den bekannten Namen Szabo, Träg und Bös sowie Torhüter Stuhlfauth standen sinnbildlich für die sportlichen Erfolge. Dennoch gelang es einer Waldhof-Elf am 11.4.1920, also genau am 13.Geburtstag des Vereins, den vermeintlich unbezwingbaren FCN zu besiegen. Der Mannheimer General-Anzeiger schrieb: „Wohl konnte man der energischen, beständigen Waldhof-Mannschaft unbedingt ein günstiges Abschneiden gegen den bisher ungeschlagenen Nordbayern-Meister zutrauen – aber dieser glatte einwandfreie Sieg übertraf alle Erwartungen.“ Mit 2:1 hatten die Mannheimer die Franken vor 13.000 Zuschauern am Sandacker bezwungen. Doch Einzug in die Geschichtsbücher hielt dieser Erfolg nicht. Der Grund: Da der 1.FC Nürnberg die Spieler Stuhlfauth und Kalb an  diesem Tag an die Süddeutsche  Auswahl hatte abstellen müssen, legten die Nürnberger Protest ein. Dieser hatte Erfolg – die Partie wurde neu angesetzt und Waldhof verlor eine Woche später mit 1:6.

1940: 60 000 Zuschauer erlebten am 28. April 1940 das Tschammer-Pokal-Endspiel (Vorgänger des DFB-Pokals) in Berlin zwischen dem 1.FC Nürnberg und dem SV Waldhof. Bitter für die Blau-Schwarzen war vor dem Anstoß, dass Stammtorhüter Drayß zur Wehrmacht eingezogen worden war, der nachverpflichtete Deyhle war noch gesperrt, so dass mit Fischer ein Nachwuchskeeper zwischen die Pfosten rücken musste. Doch an ihm hatte es letztlich nicht gelegen, dass der FCN mit einem 2:0-Sieg den größten Erfolg der Waldhöfer Vereinsgeschichte verbaute. Nie mehr vorher und nachher erreichte der SVW ein bundesweites Endspiel.

1996: Schicksal spielte der SVW am vorletzten Spieltag der Saison 1995/96. Ausgerechnet bei der letzten Auswärtsbegegnung beim 1.FC Nürnberg gelang der erste und einzige Saisonsieg auf fremden Platz für die Blau-Schwarzen. Die Mannheimer siegten mit 4:2. Viel mehr noch überwog in dieser Begegnung, dass damit der erstmalige Abstieg der Nürnberger in die Drittklassigkeit besiegelt wurde. Pikante Randnotiz: Das 2:0 für den SVW erzielte ausgerechnet die FCN-Legende Dieter Eckstein.

2001: Am letzten Spieltag der Saison 2000/01 standen sich der SV Waldhof und der 1.FC Nürnberg zwar nicht direkt gegenüber, dennoch hat sich dieser Tag bei den blau-schwarzen Anhängern eingebrannt. Die Ausgangslage: Der FCN stand bereits ohne Heimniederlage als Aufsteiger in die Fußball-Bundesliga fest, ebenso Borussia Mönchengladbach. Um Platz drei stritten der FC St.Pauli, der mit dem Gastspiel in Frankenland die von der Papierform her schwerste Aufgabe zu lösen hatte, und der SV Waldhof, dem ein Heimsieg gegen den 1.FSV Mainz 05 durchaus zuzutrauen war. Die Mannheimer erledigten ihre Pflicht und fegten die Rheinhessen mit 4:0 vom Platz. In einem Zeitalter, als noch keiner an Handys als Gebrauchsgegenstand dachte, kursierten im Carl-Benz-Stadion ständig unterschiedliche und falsche Wasserstandsmeldungen. Mal war man aufgestiegen, mal wieder nicht. Vom 2:1-Sieg des FCN war die Rede, kurz darauf wurde revidiert und der FC St.Pauli als Aufsteiger bekannt gegeben. Das Carl-Benz-Stadion versank in einem Tränenmeer. Der Stachel beim SVW saß tief, noch dazu, weil die Waldhof-Anhänger den Nürnberger vorwarfen, nicht alles gegeben zu haben. „Dass St.Pauli in Nürnberg gewinnt, verstehe ich nicht“, sagte ein schwer enttäuschter Waldhöfer David Montero. Auch Coach Uwe Rapolder diktierte sichtlich enttäuscht in die Notizbücher der Pressevertreter: „Man sieht sich im Leben immer zweimal. Vielleicht kreuzen sich die Wege von Nürnberg und uns nächstes Jahr in umgekehrter Richtung, und vielleicht ist es dann Nürnberg, das auf fremde Hilfe angewiesen ist und sie nicht bekommt.“

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