Ihren Stadionbesuch in Mannheim hatte Familie Sietan lange hinausgezögert. Aber die Eltern des Waldhof-Profis Janne Sietan bewiesen den perfekten Riecher dafür, wann der richtige Zeitpunkt für die die erste Fahrt aus dem Osten der Republik gekommen war. Beim 3:0-Sieg gegen Erzgebirge Aue zauberte Trainer Bernhard Trares den gebürtigen Cottbuser - bisher ohne eine Drittliga-Minute beim SVW - aus dem Hut. Und der gelernte Innenverteidiger zeigte im defensiven Mittelfeld ein imponierendes Debüt, das Lust auf mehr machte.
„Die Geschichte hätte man sich so ausdenken können, dass sie das erste Mal gesammelt hierhin kommen und ich mein erstes Spiel von Beginn an mache. Es ist ein Stück weit Zufall, aber umso schöner, dass es so gekommen ist. Ich bin gerade sehr glücklich“, sagte der 22-Jährige, der nur durch mehrere Ausfälle im zentralen Mittelfeld des SVW in die Startelf gerutscht war.
Aber Sietan, im Sommer von Nordost-Regionalligist Babelsberg nach Mannheim gewechselt, bewies, dass er problemlos in der Lage ist, in der 3. Liga mitzuhalten. Aggressiv und robust im Zweikampf, taktisch diszipliniert, jedoch auch mit der nötigen Ruhe und Dynamik am Ball erledigte der SVW-Neuling souverän seine Aufgabe auf einer Position, die für ihn ungewohnt, aber nicht komplett neu war. „Ich habe in der Jugend schon im Mittelfeld gespielt, deshalb war es nicht ganz artfremd für mich. Aber ich musste mich dennoch erstmal sortieren und wieder in die Abläufe finden“, berichtete Sietan.
Trares: „Er ist jung, hat gute Beine, kann viel marschieren“
Bevor er bei seinem neuen Verein erstmals in Erscheinung treten durfte, hatte der Neuzugang aber komplizierte Monate überstehen müssen. In der 3. Liga wechselte Sietan zwischen Bank und Tribüne, nur im Pokal in Diedesheim (7:1) und zweimal in der Waldhöfer Verbandsliga-Mannschaft bekam er Spielpraxis.
„Es war schon eine schwere Zeit, weil man sich das anders vorstellt. Klar bin ich nicht mit den Erwartungen hergekommen, direkt Stammspieler zu werden. Das wäre vermessen gewesen. Aber ich hätte mich schon über den einen oder anderen Einsatz gefreut“, erklärte Sietan. Manchmal brauche man jedoch „so eine Leidenszeit“, in der man fleißig bleiben müsse, „um dann mit einem Spiel wie heute belohnt zu werden“.
Trainer Trares freute sich über seine Entdeckung aus dem eigenen Kader, der mit guten Trainingsleistungen auf sich aufmerksam gemacht habe. „Ich habe im Training das Gefühl gehabt, dass er ein guter Sechser sein kann. Er ist jung, hat gute Beine, kann viel marschieren und bleibt ruhig an der Kugel“, sagte Trares. Deshalb habe er mit Blick auf das Aue-Spiel auch „totales Vertrauen“ gehabt, das sich Sietan auf der prägenden Position zwischen Defensive und Offensive problemlos einfinden werde.
Sietans rundherum ansprechende Leistung bestätigte den Waldhof-Trainer in seiner Einschätzung. „Das war ein fantastisches Spiel von Janne, richtig gut. Er hat unglaublich viele Zweikämpfe gewonnen. “, sagte Trares. Und Kapitän Marcel Seegert, gegen Aue mit seinem 300. Spiel für den SVW der gefeierte Mann, kommentierte das blau-schwarze Debüt des Cottbusers geradezu überschwänglich: „Das war unfassbar. Ein richtiger Arbeiter auf der Sechs. Er hat gefühlt jeden Zweikampf gewonnen und die Bälle dann ruhig verteilt. Das hat mir sehr gut gefallen.“

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Sietan hat sich innerhalb von nur 90 Minuten fast aus dem Stand weit oben auf die Liste gespielt, wenn es in den nächsten Begegnungen um die Besetzung des defensiven Mittelfelds geht. Während sein Doppel-Sechs-Partner Adrian Fein mit einem vor allem gegen den Ball ausbaufähigen Auftritt gegen Aue keine Eigenwerbung betreiben konnte, ist Sietan jetzt ein natürlicher Startelf-Kandidat, wenn der SVW am Dienstag (19 Uhr) bei Borussia Dortmund II gastiert.
Doch mit Julian Rieckmann, der nach Gelb-Rot-Sperre zurückkehrt, Maximilian Thalhammer (Kurzeinsatz nach Adduktorenbeschwerden) und Rico Benatelli, der seinen Hexenschuss bis dahin ausgestanden haben dürfte, wächst die Konkurrenz im Mittelfeld-Zentrum wieder an. „Das ist dann ein bisschen mein Problem, wie ich dann aufstelle. Je mehr Spieler sich zeigen, desto schwieriger wird’s“, sagte Trares.
Die Trendumkehr ist dem neuen Trainer auf jeden Fall gelungen - in fünf Partien holte Trares zehn Punkte und führte die Mannheimer vom letzten Platz ins Mittelfeld des Klassements. Zurücklehnen dürfe sich sein Team aber nicht, warnte Trares mit Blick auf das Dortmund-Spiel. „Wir dürfen keinen Deut nachlassen, weil der BVB eine tolle Mannschaft ist. In unserer aktuellen Phase haben wir noch nicht das Potenzial, einen Gegner durchgehend so zu bespielen. Wir müssen hart arbeiten, vor allem gegen den Ball“, forderte der SVW-Coach.
Die konsequente Arbeit gegen den Ball wiederum ist die Paradedisziplin von Janne Sietan, der nach seinem Debüt und langer Anlaufzeit hofft, beim SV Waldhof richtig Fuß zu fassen. „Meine Hoffnung ist groß, dass ich weitere Einsatzzeiten bekomme. Aber das hat immer noch der Trainer zu entscheiden“, sagte der 22-Jährige. Sich erneut zeigen würde er sehr gerne schon in Dortmund. „Mein sehr guter Kumpel Franz Roggow spielt da. Deshalb würde ich mich sehr freuen, gegen ihn auf dem Feld die Schlacht zu schlagen.“
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