Pyeongchang. Francesco Friedrich wird in der Bobszene nur „Franz“ genannt. Seit Sonntag ist er Friedrich, der Große. Der Doppel-Olympiasieger von Pyeongchang. Nach dem mit Kanada geteilten Triumph im Zweier steuerte der 27-jährige Sachse seinen Vierer zu einem souveränen Triumph. Am besten wurden Friedrichs besondere Fähigkeiten von seinem Bundestrainer Rene Spies erklärt: „Francesco ist einer, der zu den Big Points da ist. Der die Ruhe weg hat. Das hat man oder hat man nicht. Und er hat es. Er ist ein Champion.“ Der nach insgesamt sieben Weltmeistertiteln nun auch zwei Olympiasiege in seiner langen Erfolgsvita stehen hat.
Im Weltcup hatte Teamkollege Johannes Lochner noch mit vier Siegen im großen Schlitten dominiert, doch der fuhr auf der schwierigen Olympiabahn als Achter nur ratlos hinterher. Der im Weltcup mit dem Vierer sieglose Friedrich dagegen schockte die Weltelite mit dem gleichen Wallner-Bobmodell in mit Fahrten vom anderen Stern. 0,53 Sekunden hatte er Ende Vorsprung vor seinem Teamkollegen Nico Walther und dem von den Tausenden Fans umjubelten Koreaner Won Yunjong, die gemeinsam Silber gewannen. Friedrichs Erfolgsrezept: „Der Bob und ich waren eine Einheit. Auf diesen Erfolg haben wir vier Jahre hingearbeitet.“
Schwieriger Weg zum Erfolg
Er wirkte auch mit der Goldmedaille um den Hals so lange ganz cool, bis die Sprache auf seine Familie kam. „Ich muss mich besonders bei meiner Frau bedanken, die meinen kleinen Sohn hütet“, sagte er. Beim Gedanken an seinen gerade ein Jahr alten Sohn Karl kamen dem Mann, der perfekt explosive Schnelligkeit am Start mit Fahrtalent und Nervenstärke verbindet, doch noch die Tränen. Vielleicht hat er auch an den schwierigen Weg zum olympischen Erfolg gedacht. 2005 war der Leichtathlet in den Bob gewechselt. Fast hätte er schnell wieder damit aufgehört: Sein Bruder David verunglückte einst auf der Bobbahn im sächsischen Altenberg schwer und lag zwei Wochen im Koma. Francesco Friedrich: „Am Ende hat sich aber doch herausgestellt, dass das offenbar der richtige Sport für mich ist.“
Das kann man getrost unterschreiben. Selbst DOSB-Präsident Alfons Hörmann filmte den deutschen Siegesjubel des Vierers mit Friedrich und seinen Anschiebern Thorsten Margis. Martin Grothkopp und Candy Bauer auf der Tribüne begeistert mit seinem Smartphone mit. „Das war eine sporthistorische Leistung“, meinte Hörmann: „Und das nennt man mal eine erfolgreiche Revanche für Sotschi.“
Vor vier Jahren hatte die erfolgsverwöhnte Bobsparte noch ein historisches Debakel ohne Medaille erlebt. Dieses Mal wurden alle drei möglichen Goldmedaillen gewonnen und mit einem Doppelsieg das perfekte Finale geschafft. „Wenn ich vor zwei Jahren gesagt hätte, dass wir hier dreimal Gold gewinnen, hätten sie mich sofort entlassen und ich wäre für verrückt erklärt worden“, sagte Spies mit einem Grinsen.
Der ehemalige Toppilot selbst ist ein wichtiger Grund für den Erfolg. Mindestens genauso wichtig war jedoch das von ihm initiierte Duell zwischen zwei den beiden Top-Anbietern um das beste Material. Im Zweier hatte Friedrich noch mit einem vom Institut für Forschung und Entwicklung von Sportgeräten (FES) entwickelten Hightech-Boliden triumphiert.
Mit Formel-1-Knowhow
Im Vierer siegte er mit einem Gerät des österreichischen Bobbauers Hannes Wallners, in den auch das Formel-1-Knowhow vom BMW eingeflossen war. „Jeder hat gesehen, dass wir im Eiskanal neben hervorragenden Sportlern auch einen Materialvorteil hatten“, erklärte Hörmann. So fährt der Deutsche Bob- und Schlittensportverband (BSD) nach den vorangegangenen Erfolgen im Rodeln und Skeleton mit der sensationellen Bilanz von sechs Goldmedaillen und insgesamt elf Medaillen nach Hause.
Grundlage für den Erfolg: Die vier Eisbahnen in Deutschland in Königssee, Oberhof, Winterberg und Altenberg zur perfekten Förderung von Topfahrern wie Talenten. „Die Bahnen sind der Basis unseres Erfolgs. Mit jeder Bahn, die wir schließen würden, wären 25 Prozent der Medaillen weg“, sagte Sportdirektor Thomas Schwab. Etwa fünf Millionen Euro kostet der Unterhalt aller vier Bahnen zusammen pro Jahr. Für Friedrich, den Großen fallen dagegen nach Olympia nur 40 000 Euro an – als Prämie für seine beiden Goldmedaillen.
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