Mannheim. Als Adler-Geschäftsführer Matthias Binder am Donnerstag die Saisoneröffnungspressekonferenz des achtfachen deutschen Eishockeymeisters traditionell einleitet, werden die anwesenden Journalisten schnell mit der Realität konfrontiert. Der Grund: Corona hat auch vor den wirtschaftlichen Rahmenbedingungen der Adler Mannheim nicht Halt gemacht.
„Wer von mir jetzt eine seriöse Kalkulation hören möchte, den muss ich gleich enttäuschen. Die Pandemie macht auch diese Saison nur schwer vorhersehbar“, betont Binder zu Beginn und zeigt auf, woher die Adler allein in Sachen Zuschauerzahlen kommen und wo sie seit der vergangenen Spielzeit stehen. So hatten die Mannheimer in der Saison 2019/2020 einen Zuschauerschnitt von 11 900. Die Runde darauf waren bundesweit keine Zuschauer in den Eisstadien zugelassen, und in der vergangenen Saison sei man letztlich bei 5400 Fans im Schnitt gelandet. „Da braucht man kein großes Mathe-Genie sein, um zu wissen, wo wir stehen“, sagt Binder.
Ein Grund für diesen Schnitt seien auch die sieben von insgesamt 28 Heimspielen, die komplett ohne Zuschauer ausgetragen werden mussten. „Ein Schnitt von 5400 Zuschauern entspricht einer Auslastung von 45 Prozent“, erläutert Binder. Die Adler bräuchten allerdings eine Auslastung von 75 bis 80 Prozent, um laut ihrem Geschäftsführer „mal anfangen zu können, mit dem Stift zu rechnen.“
Stewart: Ich mag Druck
Immerhin: Dieses Ziel könnten die Blau-Weiß-Roten - vorausgesetzt im Herbst und Winter bleibt die Pandemielage überschaubar - für die kommende Spielzeit durchaus erreichen. Denn die Adler haben laut Binder bereits gut sechs Wochen vor Rundenstart schon 6100 Dauerkarten verkauft. „Das ist für mich ein Zeichen, dass alle soweit an Bord geblieben sind. Wir hoffen, dass wir bis zum Saisonstart die 6500 überschreiten werden“, sagt Binder, für den es in der kommenden Saison vor allem um Fan-Erhaltung und Rückgewinnung geht.
Haupttriebfeder für ein hohes Zuschaueraufkommen, sind bei einem Sportverein naturgemäß die Erfolge der jeweiligen Mannschaft. Und die Adler streben traditionell nach dem Höchsten. Zwar nimmt das „M-Wort“ keiner der anwesenden Adler-Verantwortlichen in den Mund, Cheftrainer Bill Stewart betont aber, dass er mit dieser Mannschaft in puncto Konkurrenzfähigkeit „sehr, sehr optimistisch“ ist. Zusammen mit seinen Co-Trainern Marcel Goc und Jochen Hecht, soll er die Mannheimer zurück auf den Eishockeythron hieven. Druck verspüre Stewart dabei aber nicht, im Gegenteil: „Ich mag Druck“, sagt er bestimmt. „Es ist eine Ehre, Mannheim trainieren zu dürfen und wir sind hier noch nicht fertig, mit dem, was wir vorhaben. Wir wollen dem Club seine Identität zurückgeben. Das wird aber nicht einfach“, meint Stewart.
Trotz Krieg viele Spieler in KHL gegangen
Sportmanager Jan-Axel Alavaara hat dem Trainertrio, das „Mannheim pur verkörpert“ (Binder), für die kommende Spielzeit einen sehr tief besetzten Kader zur Verfügung gestellt. Drei Torhüter, elf Verteidiger und 16 Stürmer stehen unter Vertrag. „Ein breiter Kader ist sehr wichtig, wenn man bis zum Schluss eine Top-Mannschaft sein will und dafür trainieren wir hart“, sagt Alavaara und betont: „Bei uns gibt es keine Reihen von eins bis vier. Jeder ist wichtig und stark.“ Als Beispiel dafür nimmt der Schwede das Dienstag-Training, bei dem der vierte Block aus Neuzugang Taro Jentzsch, Nico Krämmer und Lean Bergmann bestand - alle drei deutsche Nationalspieler.
Überrascht hat Alavaara allerdings, dass trotz Kriegsgeschehen deutlich mehr Spieler als erwartet in die russisch geprägte Kontinental Hockey League (KHL) gegangen sind. Doch dafür habe der Sportmanager den eigenen Kader früh fertig gehabt. „Das gibt uns Ruhe und Planungssicherheit“, sagt der Schwede. „Wir wollen attraktives, intensives Eishockey spielen. Dafür muss man sehr gut trainiert sein, doch das werden wir. Wir wollen dort weitermachen, wo wir vergangene Saison aufgehört haben“, sagt Alavaara. Dafür würden die Trainer mit „ihrer Leidenschaft ohnehin alle anstecken“.
Das Fieber, es steigt langsam wieder in der Eishockey-Stadt Mannheim. Und sollten die Symptome dabei frei von Corona bleiben, heißt es in der kommenden Saison in der SAP Arena bestimmt mal wieder „ausverkauft“. Matthias Binder hätte sicherlich nichts dagegen.
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