Turnen

Gespräche zur Entspannung

Die aus Altlußheim stammende Elisabeth Seitz hat im Turnsport schon viel erlebt. Gerade deswegen möchte sie sich immer wieder neu herausfordern. So auch bei den anstehenden European Championships in München

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Philipp Koehl
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Am Stufenbarren kann alles passieren. Vielleicht ja auch eine Medaille für Elisabeth Seitz bei der EM. © Christoph Söder/dpa

Von Philipp Koehl

Mannheim/München. Elisabeth Seitz ist bereits seit 2004 Mitglied des Bundeskaders des Deutschen Turnerbundes sowie der Nationalmannschaft und gehört damit bei den European Championships in München zu den erfahrensten Turnerinnen im Teilnehmerfeld. Doch trotz der vielen Jahre im Turnsport sind sie bei Seitz immer noch da: Die Aufregung und die Anspannung - vor wie auch während eines Wettkampfes. „Manchmal frage ich mich auch, warum ich mich in dieser Hinsicht nicht entspannen kann, aber auf der anderen Seite ist genau diese Spannung ja auch das Wichtige im Wettkampf“, betont sie.

(An)Spannung ja, Aufregung nein. Um diese loszuwerden, hat sich die gebürtige Heidelbergerin eine Art Ritual angeeignet. Sie führt „gute Gespräche“, wie sie selbst sagt. Als Gesprächspartner herhalten muss dann meistens der oder die anwesende „Physio“. „Oftmals geht es da gar nicht um den Wettkampf oder den Sport, sondern um alles Mögliche, Hauptsache die Aufregung kann dadurch etwas vertrieben werden“, erläutert Seitz. Und der Erfolg gibt ihr Recht. Mit 23 deutschen Meistertiteln an verschiedenen Geräten und im Mehrkampf ist sie deutsche Rekordmeisterin im Kunstturnen. Hinzu kommen noch vier internationale Medaillen (zweimal Silber, zweimal Bronze).

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Mit Spaß und Spannung

Wie hält man da angesichts dieser Titelsammlung in den vergangenen Jahren noch den Fokus wie die Motivation für den nächsten Saisonhöhepunkt aufrecht? Für die 28-Jährige ganz einfach. „Grundsätzlich ist bei mir am Wichtigsten, dass ich an diesem Sport noch unheimlich viel Spaß habe und ich merke, dass ich diese Herausforderungen weiterhin noch wahnsinnig spannend finde,“ sagt sie und erläutert: „Mit spannend meine ich nicht nur die Qualifikation für einen Wettkampf, wie eine EM oder Olympia, sondern auch sich selbst immer wieder herauszufordern, wieder fit zu werden, an seine Grenzen zu gehen und alles zu perfektionieren. Und das jedes Mal aufs Neue. Es ist immer ein neuer Weg, ein neuer Kampf, etwas ganz Spezielles.“

So war es auch in diesem Jahr, als sich die Wahl-Stuttgarterin nach ihrer längeren Pause von den Olympischen Spielen in Tokio, erstmal mit ihrer physischen wie psychischen Verfassung auseinandersetzen musste: „Ich habe geschaut, was sowohl mein Körper wie auch mein Kopf dazu sagen, weiterhin Sport auf diesem Niveau zu betreiben. Und da habe ich herausgefunden, dass es körperlich geht und dass der Spaß daran weiterhin groß ist.“

Mit Spaß möchte sie auch an den am Donnerstag startenden Wettkämpfen der European Championships antreten. Wenn Europameisterschaften in gleich neun Sportarten ausgetragen werden, ist das eine Konzentrierung, die auch laut Seitz viel Potenzial verspricht: „Für den Sport im Allgemeinen ist solch ein Event extrem wichtig, weil wir da einfach geballt zeigen können, wie viele schöne verschiedene Sportarten es gibt und wie toll es auch ist, sie anzusehen. Wenn wir dann noch ein paar Kinder und Jugendliche speziell für den Turnsport begeistern, hätten wir schon super viel erreicht.“

Naturgemäß möchte die sechsfache deutsche Turnerin des Jahres bei den Europameisterschaften aber sowohl selbst, wie auch mit der Mannschaft glänzen. „Das Wichtigste ist mir, dass wir nach dem Qualifikationswettkampf am Donnerstag den Wettkampf nicht beenden müssen, sondern, dass wir freitags beim Teamfinale noch dabei sind“, betont Seitz und meint dann auf ihre ganz persönlichen Ziele bezogen: „Im besten Fall möchte ich sonntags am Stufenbarren noch turnen und da geht es - das musste ich den vergangenen Jahren mehrfach schmerzlich erfahren - immer wieder bei null los und es kann alles passieren.“

Elisabeth Seitz hat bereits schon mehrfach in ihrer Karriere bewiesen, dass sie sowohl über die nötige Erfahrung, wie auch Klasse verfügt, um mit allen Eventualitäten umgehen zu können. Man denke dabei nur an die Aufregung und Anspannung. „Sobald diese im Wettkampf verlorengeht, ist es vielleicht auch nicht mehr das richtige“, meint Seitz. Doch mit dem Aufhören hat es ja bekanntermaßen noch Zeit.

Redaktion Sportredakteur, Schwerpunkt Adler Mannheim

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