Ski Nordisch

So schwach wie seit 25 Jahren nicht mehr

Die deutschen Kombinierer sind auch beim Saisonhöhepunkt in Seefeld weit zurück. Zuletzt gab es im Jahr 1998/1999 eine Saison ohne Weltcup-Sieg. Das könnte sich nun wiederholen

Von 
Lars Müller-Appenzeller
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Für Johannes Rydzek (vorne) und die deutsche Kombinierer-Familie läuft es in dieser Saison noch überhaupt nicht. © Matthias Schrader/AP/dpa

Seefeld. Seefeld, nein der gesamte Weltcup der nordischen Kombination war über viele Jahre fest in deutscher Hand. Im Winter 2016/2017 beispielsweise gewannen die Kombinierer um Eric Frenzel und Johannes Rydzek 22 von 25 Rennen, die beiden belegten damals beim Nordic Triple von Seefeld an allen drei Tagen die ersten beiden Plätze. Sieben verflixte Jahre später sind deutsche Podestplatzierungen schon eine erfreuliche Ausnahme – Siege scheinen völlig ausgeschlossen.

Der beste Deutsche, Vinzenz Geiger, schloss das Triple auf dem Tiroler Hochplateau am Sonntag als Sechster ab. Es kommen zwar noch acht Wettkämpfe, allerdings sieht es schwer danach aus, dass die schwarz-rot-goldenen Winterzweikämpfer Mitte März die Saison ohne Weltcupsieg beenden werden. Das gab es zuletzt 1998/1999 – Sebastian Haseney hatte vor 25 Jahren mit einem dritten Platz für das einzige Weltcup-Podium gesorgt. Was sagt Eric Frenzel, der heutige Bundestrainer, zur Sieg-Misere?

„Wir waren viele, viele Jahre ganz oben. Es gibt immer Aufs und Abs. Dass wir hier am Wochenende keinen einzigen Podestplatz geschafft haben, ist schade und nicht unser Anspruch“, sagt der 35-Jährige, der nach seinem Karriereende im vergangenen Frühjahr die lebende Legende Hermann Weinbuch als Trainer beerbte. Es mangelt Eric Frenzel nicht an Kritikfähigkeit. „Mit der Umstellung von Hermann zu mir haben wir etwas Neues, was auch erstmal Fuß fassen muss. Das ist auch meinerseits ein Lernprozess“, sagte er.

Nicht nur Spitzenresultate fehlen

Seine Jungs hätten es grundsätzlich drauf – und mehr verdient als die bisher lediglich zwei Podestplätze von Manuel Faißt in den inzwischen 14 Wettbewerben.

Nicht nur die Spitzenresultate fehlen – sondern auch die Breitenresultate. Während die deutschen Männer vergangenen Winter trotz der sagenhaften Überlegenheit der von Jarl Magnus Riiber angeführten Norweger die Teamwertung gewannen, sind sie aktuell nur noch dritte Kraft. Dieser Satz von Seefeld-König Jarl Magnus sagt viel: „Die Österreicher haben dafür gesorgt, dass ich diese Saison mehr trainieren muss.“

Die Österreicher sind Riibers Herausforderer, nicht mehr die Deutschen. Für die läuft es nicht katastrophal – auf der Loipe sind Vinzenz Geiger und Johannes Rydzek die Besten. Aber es läuft eben alles andere als sehr gut – weil bei allen auf der Schanze die Konstanz fehlt, jegliche Selbstverständlichkeit und Lockerheit verloren gegangen sind. Eric Frenzel sagt mit einem Seufzer: „Der Schuss geht auf der Schanze gerade leider eher nach hinten los.“ Vor allem bei Julian Schmid, der vergangenen Winter noch fünftbester Skispringer und im Gesamtweltcup Dritter war.

Keine Trainerdiskussion

Der 24-Jährige vom SC Oberstdorf redet Klartext: „Wir werden in unserem Sport nur an Podestplätzen gemessen. Von einem vierten, fünften, sechsten, siebten Platz kann man sich bei uns nichts kaufen.“ An den drei Triple-Tagen sammelte das deutsche Team acht Top-Ten-Plätze. Nicht nur Julian Schmid, auch Vinzenz Geiger und Johannes Rydzek sagen unisono, dass es gerade auf der Schanze „sehr schnell gehen kann, dann sind wir wieder voll dabei.“ Solche Sätze kennt man von den springenden Spezialisten Andreas Wellinger, Karl Geiger und Pius Paschke.

Die flatterhaften Ergebnisse erklärt Julian Schmid mit Neugier beziehungsweise Unzufriedenheit: „Ich tüftele sehr gerne ein bisschen rum, dabei geht relativ viel schief.“ Auch der neue Chefcoach probiere viel aus: „Dann laufen ein paar Sachen mal nicht so, wie sie laufen sollen. Dafür nutzen wir dieses Übergangsjahr. Vom nächstem Jahr an zählt es wieder richtig.“ 2025 stehen in Trondheim Weltmeisterschaften an, 2026 in Cortina d’ Ampezzo Olympische Spiele. Kurzum: Es gibt keine Trainerdiskussion. Allenfalls eine Grundsatzdiskussion: Wie kommen wir zumindest punktuell wieder ganz nach oben?

Bei dieser Fragestellung fehlt den siegverwöhnten Kombinierern die Erfahrung. Das gab es schon lange nicht mehr: Die Kolleginnen beziehungsweise Kollegen im Deutschen Skiverband der Sparten Biathlon, Ski alpin, Skispringen und Langlauf haben diese Saison mindestens einen Weltcupsieg gefeiert. Einzig die Kombinierer-Familie noch nicht. Daran hat der Saisonhöhepunkt in Seefeld nichts geändert.

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