Hockenheim. Wer über den roten Teppich am Eingang schreitet, weiß: Hier ist der Kunde König. Nach einer herzlichen Begrüßung wird nach seinem Kaffeewunsch gefragt. Verwöhnt wird man dann mit einem Cappuccino, nussig, kräftig, gekrönt mit einem perfekten Herz aus Milchschaum von Barista Rosario Bonafede. 50 Jahre ist er jung und feiert das 20. Jubiläum seines Betriebs. Die Produktpalette krönt die Edition Sicilia – die Heimat seiner Eltern. 2016 wurde er vom Crema Magazin zum Röster des Jahres gekürt. Um mehr Raum für neue Maschinen und für Kunden zu schaffen, wurde die Rösterei vom Kaffee getrennt. Doch wer über Spezialitätenkaffee redet, muss ihn erst mal verkosten. Mit dem eigenen Cappuccino, kräftig, schokoladig, in der Hand nimmt sich der Geschäftsführer und Gründer des Cafés und der Rösterei Zeit für Fragen.
Herr Bonafede, was hat Sie vor 20 Jahren zum Kaffeerösten gebracht?
Rosario Bonafede: Ich war Handelsvertreter für Eiszubehör und musste jeden Tag die Erfahrung machen, dass man überall schlechten Kaffee bekam. Da ich Kaffeegenuss aus Italien kannte, wollte ich die Welt von schlechtem Kaffee befreien und dabei selbstständig und unternehmerisch tätig sein. Über Großhändler habe ich Kaffeemuster bestellt, Versuchsreihen gestartet, sortenrein Kaffee geröstet und später begonnen Sorten zu mischen. Ab 2006 habe ich in Ketsch in einer Garage Kaffee geröstet. Einmal in der Woche gab es einen Werksverkauf, die Nachfrage nach Qualität wuchs, bereits 2009 eröffnete ich den Onlineshop und 2011 die Rösterei in Hockenheim. Mein Wunsch war es, dass der Kunde Kaffee probieren kann, bevor er ihn kauft und sieht, wie das Produkt entsteht, eine gläserne Manufaktur.
Hat sich Ihre Vision im Laufe der Zeit verändert?
Bonafede: Meine Visionen haben sich nie geändert: hohe Kaffeequalität aus nachhaltigen Rohstoffen zu fairen Preisen zu verkaufen. Nur die Dimensionen haben sich verändert, aus der Produktion in der Garage wurde die Rösterei Bonafede in Hockenheim, heute mit einem zuverlässigen Kundenstamm und neun Mitarbeitern im Team. In den 20 Jahren hat sich in Deutschland eine aktive Kaffeekultur entwickelt und die Kunden sind bereit, für Qualität und fairen Handel mehr Geld zu bezahlen. So hat sich meine Vision im Laufe der Jahre bestätigt. 2024 wurde die Firma von einer Einzelunternehmung in eine Kapitalgesellschaft umgewandelt, damit verbinde ich als Geschäftsführer die Vision der Stabilität und Zukunftsfähigkeit für die Rösterei. Es gab auch Abschiede, zum Beispiel vom Café im Lingental und dem Eiscafé im Globus, auch das war ein Lernprozess, die Schwerpunkte in Rösterei und Café zu setzten.
Welches Leitbild verfolgen Sie?
Bonafede: In Bezug auf Kaffee und Röstmethoden setze ich auf hohe Qualität und schonende Röstmethoden, wir rösten circa 16 bis 21 Minuten bei 210 Grad im Gegensatz zur industriellen Röstung, hier sind es zwei bis vier Minuten bei 600 Grad. Bei den Kaffeesorten setze ich auf Nachhaltigkeit entlang der kompletten Wertschöpfungskette. Wir sind Bio und Demeter zertifiziert, die hohe Qualität garantieren mir meine beiden Importeure, mit denen ich von Anfang an zusammenarbeite. Darüber hinaus ist meine Mission Teamspirit auf Augenhöhe, so ist das Team zusammengewachsen und das tut uns allen gut und fördert die Kundenzufriedenheit.
Die Rohstoffpreise explodieren. Wird Kaffee zum Luxusgut?
Bonafede: Das Preisspiel an der Börse treibt die Kaffeepreise in die Höhe, es wird auf Lebensmittel spekuliert. Opfer sind die Kaffeebauern, die Röster und der Kunde. Beim Preis haben wir keine Spielräume, wir müssen das kaufen, was uns der Importeur anbietet. Ob Kaffee dadurch ein Luxusgut wird, kann ich nicht beurteilen, aber für Qualität muss der Kunde bereit sein, einen fairen Preis zu zahlen. Meine Kunden gehen da immer noch mit und ich sehe keine Einbrüche im Absatz.
Was bedeutet für Sie Nachhaltigkeit?
Bonafede: Nachhaltigkeit beginnt zunächst bei mir, ich bin verantwortlich für mein Handeln im Privaten wie am Arbeitsplatz. Auch das gehört zu meinen Visionen: Für zukünftige Generationen verantwortlich zu handeln. In der Kaffeerösterei bieten wir nur Spezialitätenkaffee an, wir kaufen grundsätzlich nur qualitativ hochwertige Kaffeebohnen, die bereits vielen Standards entsprechen. Unser Peru Kaffee ist zum Beispiel Bio und fair, der Demeter Kaffee Camocim kommt direkt von einer zertifizierten Farm mit biodynamischem Anbau. Sao Silvestre kommt aus Brasilien, hier wird direkt von der Farm gekauft. Wir durften bei beiden Farmen vor Ort sein und waren sehr beeindruckt.
Die Kaffeewirtschaft hat sich verpflichtet, bis 2030 nachhaltig zu produzieren. Ist es in der Branche möglich, Nachhaltigkeit zu garantieren?
Bonafede: Meine persönliche Meinung, solange jeder nach seinem eigenen Vorteil strebt, werden wir auch den Nachhaltigkeitsgedanken nicht garantieren können. Die Welt muss sich ändern, nachhaltige Entwicklung ist immer nur durch Einzelne und im Kleinen umsetzbar.
Wie kann ich als Verbraucher nachhaltigen Kaffee erkennen?
Bonafede: Durch Vertrauen in den eigenen Röster, durch aktives Nachfragen, durch Zertifizierungen, sowie Farm-to-Cup-Produkte oder Demeter-Kaffee. Man muss als Verbraucher genau lesen, was auf der Verpackung steht und recherchieren, was genau hinter dem Zertifikat steckt.
Die Auswahl von Kaffeebohnen spielt eine wichtige Rolle. Welche Herkunftsländer finde ich in Ihrer Rösterei?
Bonafede: Unsere Kaffeebohnen kommen unter anderem aus Brasilien, Peru, Guatemala und Indien. Unsere Kaffeebar bietet heute die Möglichkeit, 14 verschiedene Kaffees rund um den Globus zu verkosten. Jede Sorte hat eine eigene Mühle, da der Mahlgrad verschieden ist und genau justiert werden muss.
Im 15. Jahrhundert begann die Kaffeehauskultur. Könnten Sie sich vorstellen, dass in Ihrem Kaffee auch Musik gemacht, diskutiert und gespielt wird?
Bonafede: Das ist eine gute Frage. Wir planen tatsächlich zusätzliche Veranstaltungen wie Coffee und House oder Coffee und Schach (Chess). Wir sind längst ein Ort, an dem die Menschen sich treffen und Kontakte pflegen.
Was bedeutet es für Sie, solange am Markt zu sein? Und was ist Ihr ganz persönlicher Zaubertrank?
Bonafede: Ich glaube, es ist der Mut, seinen eigenen Weg zu gehen und ein lebenslanger Lernprozess. Mein Zaubertrank ist ein doppelter Don Bonafede, eine Mischung aus Arabica und Robusta, mit dem mein Tag beginnt.
Mit welcher Motivation blicken Sie in die Zukunft?
Bonafede: Ich kann die Welt nicht retten, aber in meinem Mikroumfeld dafür sorgen, dass Bonafede weiterhin für Qualität, Begegnung und Genussmomente steht.
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