Weltmeisterschaften

Kontroverse um Geschlechter-Tests zur WM in Liverpool und Tokio

Wer bei der WM im Boxen und in der Leichtathletik in der Frauen-Kategorie starten will, muss sich einem Gentest unterziehen. Die neue Maßnahme wird kontrovers diskutiert - auch von Weitsprung-Star Malaika Mihambo aus Heidelberg.

Von 
Jörg Soldwisch, Christian Johner
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Malaika Mihambo aus Heidelberg kritisierte die neue Regelung für die Weltmeisterschaften in der Leichtathletik in Tokio, dass Sportlerinnen einen Gentest zur Bestimmung des biologischen Geschlechts absolvieren müssen. © Sven Hoppe/dpa

Liverpool/Tokio/Heidelberg. Bei den Weltmeisterschaften im Boxen in Liverpool (ab 4. September) und in der Leichtathletik in Tokio (ab 13. September) dürfen nur Sportlerinnen in der Frauen-Kategorie starten, die sich einem sogenannten SRY-Gentest zur Bestimmung des biologischen Geschlechts unterziehen und das Ergebnis „weiblich“ vorweisen.

Die neue Regelung wird kontrovers diskutiert, auch unter den Athletinnen. Box-Olympiasiegerin Imane Khelif, die in Paris im Zentrum einer heftig geführten Geschlechterdebatte stand, legte beim Internationalen Sportgerichtshof (Cas) Berufung ein. Es gibt zudem Kritik von Menschenrechtsorganisationen.

Wie läuft so ein Test ab?

Die Sportlerinnen werden auf ein Gen auf dem Y-Chromosom untersucht, das für die Entwicklung männlicher Geschlechtsmerkmale entscheidend ist. Dabei reicht ein Wangenabstrich oder eine Blutabnahme. Davor steht aber ein langes Aufklärungsgespräch. „Sehr viele rechtliche Sachen werden dabei berücksichtigt“, sagte Olympia-Boxerin Maxi Klötzer der Deutschen Presse-Agentur, „weil auch etwas rauskommen kann, womit man vielleicht gar nicht rechnet“.

World Athletics will die Testresultate stichprobenhaft abfragen. Die Boxerinnen fanden für die Testung eine medizinische Einrichtung in der Nähe von Heidelberg. In manchen Ländern wie Japan wird der von World Boxing geforderte Test gar nicht mehr angeboten.

Wie reagieren die Sportlerinnen?

Sehr unterschiedlich. Weitsprung-Star des TSV Oftersheim Malaika Mihambo aus Heidelberg kritisierte die Maßnahme ebenso wie Diskuswerferin Kristin Pudenz, die von einem „Beigeschmack“ sprach und der „Märkischen Allgemeinen Zeitung“ sagte: „Wir werden uns dem beugen müssen. Es bleibt uns ja nichts anderes übrig, wenn wir dabei sein wollen.“ Boxerin Klötzer reagierte dagegen „sehr positiv“ auf die Einführung der Tests, „daran ist überhaupt nichts Verwerfliches“.

Wo liegen die Probleme?

Eine Kritik vor allem von Menschenrechtsorganisationen lautet, dass durch solche Tests die Privatsphäre verletzt werde. Die bloße Fokussierung auf biologische Merkmale werde zudem der Komplexität der Geschlechtsidentität nicht gerecht.

Laut Sportmediziner Wilhelm Bloch könne der Test zwar das Vorhandensein eines SRY-Gens und damit die Voraussetzung für die Entwicklung zum Mann feststellen. Doch die Funktionsfähigkeit des Gens werde nicht getestet. „Daher kann der Test Intersexualität nur bedingt nachweisen“, erklärte der Professor der Deutschen Sporthochschule Köln. dpa

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