Schwetzingen. Bei einer Ehe im Hochadel des 18. Jahrhunderts habe Liebe keine Rolle gespielt: „Es ging um Land. Es ging um Einfluss und es ging um Geld“, stellte Kunsthistorikerin und Schauspielerin Susanne Späinghaus am Sonntagnachmittag gleich zu Beginn der Führung durch die Beletage des Schwetzinger Schlosses klar – viel Raum für Spannendes aus der Ehe von Kurfürst Carl Theodor und Elisabeth Auguste, kleine Gehässigkeiten, zahlreiche Mätressen und Liebhaber inklusive. Und Liebe hätten die beiden, die im Jahr 1742 geheiratet hatten, zwar gefunden, aber nur außerhalb der Ehe. Nebenbei erfuhren die zahlreichen Teilnehmer Erstaunliches aus dem höfischen Alltag, den man sich in den aufwendig rekonstruierten Räumen gut vorstellen konnte, die so gestaltet wurden, als kämen die historischen Bewohner jeden Moment wieder.
Kurfürst Carl Theodor, dessen 300. Geburtstag im vergangenen Jahr gefeiert wurde, hatte prägende Wirkung. Er machte seine Kurpfalz zu einem europäischen Zentrum der Kunst, Kultur und Wissenschaft, führte im Geiste der Aufklärung zahlreiche Neuerungen ein wie die Abschaffung der Folter, öffnete die Mannheimer Bibliothek für sein Volk, ließ das Schwetzinger Schloss mit einem Blitzableitern ausstatten, diskutierte mit geistigen Größen wie Voltaire und vieles mehr. Kein Wunder, dass er noch heute Menschen fasziniert und das man sich fragt, wie er wohl lebte. Mehr dazu erfuhr man von „Freifrau von Hacke“ alias Susanne Späinghaus, die unterhaltsam und vollkommen in ihrer Rolle aufgehend berichtete: „Er war progressiv, Elisabeth Auguste eher konservativ. Während er fragte, warum nicht auch Deutsch Theater- und Opernsprache sein könne, meinte sie entsetzt: ‚Nein, die Oper muss auf Italienisch, das Theater auf Französisch sein‘.“ Sie habe den Prunk geliebt, das Tanzen und die Feste, er hingegen den Rückzug in sein kleines Kabinett neben dem Schlafraum, in dem er in Ruhe gelassen wurde und von dem aus eine Treppe in den Schlossgarten führte wo er gern einsame Spaziergänge machte.“ Bei Hofe sei übrigens nie geklopft worden, was als ungehörig gegolten habe, sodass an Türen stets nur gekratzt wurde.
Wer zu ihm wollte, habe nacheinander mehrere Vorzimmer durchlaufen müssen. Es sei denn, der Besucher sei von hohem Rang gewesen, wodurch er einige davon habe überspringen können. Und nichts sei eine Kleinigkeit bei Hofe gewesen – selbst so manches Outfit nicht: „Gala-Roben konnten schon mal so viel kosten wie ein kleines Landhaus. Jeder merkte bei gesellschaftlichen Anlässen, wenn es das war, was man schon vor zwei Jahren an hatte - ein Grund für Belustigung und Häme.“
Die ehelichen Pflichten konnten durch einen Ehevertrag penibel geregelt werden, sogar die Häufigkeit und die Tage an denen Geschlechtsverkehr stattzufinden hatte, genau wie die Anzahl der zu liefernden männlichen Nachkommen zum Erhalt des Familienzweigs. „Erst danach war man davon entbunden. Und sollte Verkehr außerplanmäßig stattfinden, legte ein Domestike ein mit Carl Theodors Logo besticktes Kissen auf das Bett der Fürstin, das diese oft habe zurückgehen lassen, wenn sie keine Lust hatte oder stattdessen auf einen ihrer Lover, der meist nur eine Treppe entfernt war. Denn sein Zimmer befand sich über ihrem Schlafgemach. Das Verhältnis der Eheleute war, vorsichtig ausgedrückt, oft angespannt – zum Teil aus heute kurios anmutenden Gründen, wie dem, dass sie ihre geliebte Eingestellte Jagd nicht mehr ausüben durfte, bei der unter anderem Kaninchen mit Kanonen in die Luft geschossen wurden um sie dann im Flug abzuschießen. Carl Theodor verlustierte sich mit Mätressen, die dafür in der Regel Titel bekamen, was somit als durchaus erstrebenswert galt, besonders, wenn man aus dem einfachen Volke stammte. Vor allem eine davon habe er heiß und innig geliebt: Maria Josepha Seyffert. Genauso wie Elisabeth Karl Ludwig Freiherr von Rodenhausen. Wie die Eheleute wenig zimperlich miteinander umgingen, sei auch anhand erhaltener Äußerungen erkennbar. Eigentlich, so die Kunsthistorikerin, sei es damals üblich gewesen, private Korrespondenz nach dem Tod der Persönlichkeit zu vernichten, was aber nicht immer geschah oder zumindest nicht komplett – ein Glück für die heutige Geschichtsforschung. „Ach, dieses Herrlein, das eh nicht so stark ist“, so Auguste verächtlich über ihren Ehemann, der heute als bedeutend gilt. Gerne habe sie sich als starke und unabhängige Frau inszeniert, wie auf einem Gemälde, das sie als Diana, die griechische Göttin der Jagd, zeigt: „So wie diese hat sie sich von Männern nicht viel sagen lassen. Doch im Gegensatz zur Göttin, die an Männern in anderer Hinsicht kein Interesse hatte, war dies bei ihr anders“.
Jürgen und Monika Feiler aus dem hessischen Neu-Isenburg waren von der Führung begeistert: „Meine Frau hat heute Geburtstag und der Besuch ist ein Geschenk. Wir finden das alles sehr spannend, extrem interessant und die Führung toll gemacht.“
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