Harthausen. Wer den Hof von Martin Heinz im pfälzischen Harthausen nahe Speyer betritt, fühlt sich ein wenig wie im Osten zu Zeiten der DDR. Trabis so weit das Auge reicht stehen - in sämtlichen Farben und Lackierungen, sogar umgebaut als Cabrio - in der alten Hofanlage, in der der 26-jährige Heinz seine auf die Ostfahrzeuge spezialisierte Werkstatt betreibt. Vor zehn Jahren bekam Heinz seinen ersten Trabi. Mit 17, nach der Führerscheinprüfung, durfte er ihn endlich fahren. Seitdem werden es immer mehr.
Liebhaberkreis wächst
Dass sein erster Wagen ein Trabi sein soll, war ihm lange klar. Weshalb, weiß er gar nicht genau. "Ich fand das Auto einfach richtig cool", sagt er und lächelt. Die insgesamt 23 Fahrzeuge, die er derzeit in Harthausen stehen hat, 13 davon im festen Bestand, blicken derweil aus ihren großen Kulleraugen freundlich zu ihm hinüber. Jedenfalls scheint es so. "Ein Trabi fällt auf, die Leute lachen und winken, wenn man damit unterwegs ist. Und der Trabi selbst macht immer ein freundliches Gesicht. Das Auto lächelt", sagt Mario Tuchtenhagen, der als Mechaniker bei Heinz arbeitet. Heinz stimmt ihm zu.
Vor genau 60 Jahren lief der erste Trabant, so lautet die korrekte Bezeichnung, im sächsischen Zwickau vom Band. Ganz so alt ist zwar keiner von Heinz' Wagen, doch mit dem Baujahr 1962, aus dem einer seiner Trabis stammt, kommt er nah an den Ur-Trabi heran. 1991 wurde die Produktion eingestellt. Bis dahin hat sich das Modell nur minimal verändert. "Laien erkennen die Unterschiede gar nicht", sagt Heinz.
Egal aus welchem Baujahr der Trabi stammt, das Fahrgefühl sei unbeschreiblich. "Es ist ursprüngliches Autofahren, ganz ohne Schnick-Schnack. Generell seien Trabis sehr robust. "Sie sind eigentlich nicht kaputtzukriegen. Sicher, mit Rost haben sie zu kämpfen, aber das ist bei einem so alten Fahrzeug normal. Und dass man nach fast 60 Jahren Verschleißteile erneuern muss, ist auch kein Wunder." Das meiste lasse sich reparieren. "Es gab in der DDR keine Wegwerfgesellschaft. Das Auto ist so konzipiert, dass alles aufgearbeitet werden kann", sagt Heinz.
Tom Hanks fährt ein blaues Modell
Die meisten, die bei ihm ein Auto für eine Hochzeit oder einen anderen Anlass ausborgen, kauften kurz darauf. Vor allem bei Jüngeren werde der Trabi immer beliebter. Im Ausland sei die Fangemeinde noch größer. "Auch Hollywood-Star Tom Hanks hat einen Trabi, ein blaues Modell", erzählt Heinz. In seiner Werkstatt stehen derweil reparaturbedürftige Autos aus Österreich, England und den Niederlanden. In die USA schickt Heinz regelmäßig Ersatzteile und auch in den Iran habe er schon Trabiteile geliefert.
Etwa zwischen 2400 und 4000 Euro kosten die aufbereiteten Fahrzeuge. Sie stammen aus Ostbeständen. Heinz selbst kommt nicht aus dem Osten. Das werde der Germersheimer immer gefragt. Verheiratet ist er zwar mit einer Brandenburgerin. Das sei jedoch Zufall gewesen. "Mit den Trabis hatte unser Kennenlernen nichts zu tun."
Um den Fortbestand des Ostautos macht sich Heinz keine Sorgen: Die Liebe zu den Kultautos wächst. Ab Februar werde ein zusätzlicher Mechaniker bei ihm anfangen, damit seine Werkstatt überhaupt alle Aufträge bewältigen kann. Auch um kommende runde Geburtstage sorgt er sich nicht: "Den Trabi wird es immer geben. Ganz sicher!"
Der Trabant
- Der Trabant, kurz Trabi, wurde ab 1957 im VEB Automobilwerk Zwickau in der DDR gebaut.
- Über den Namen entschied eine Umfrage. Er bedeutet "Begleiter" oder "Weggefährte" - wie das russische Wort Sputnik, nach dem der erste russische Satellit benannt wurde.
- Am 30. April 1991 wurde die Produktion nach mehr als drei Millionen gefertigten Fahrzeugen eingestellt.
URL dieses Artikels:
https://www.schwetzinger-zeitung.de/vermischtes_artikel,-vermischtes-der-trabi-macht-immer-ein-freundliches-gesicht-_arid,1143198.html
Links in diesem Artikel:
[1] https://www.schwetzinger-zeitung.de/orte/speyer.html