Mannheim. Ob Eva Scherer klar gewesen ist, was sie auslöst?
Kapitalmarkttag von Daimler Truck in den USA. Die Finanzchefin hat ihren großen Auftritt, spricht über das Sparprogramm „Cost Down Europe“, mit dem der Nutzfahrzeughersteller wieder effizienter und schlagkräftiger werden will. Dann, nach etwa sechs Minuten, sagt Scherer die prägnante Zahl: 5.000. So viele Arbeitsplätze sollen in Deutschland bis zum Jahr 2030 wegfallen.
Die Empörung unter Arbeitnehmervertretern ist groß, auch am Tag danach. Sie fühlen sich überrumpelt. Offiziell von 5.000 Jobs hat Daimler Truck vorher nie gesprochen. Und abgestimmt soll das schon gar nicht gewesen sein.
IG Metall Mannheim: Wir akzeptieren diese Zahl nicht
„Manchen Managern fehlt es anscheinend an einer Sozialkompetenz!“, schimpft Thomas Hahl, Chef der Mannheimer IG Metall. Stattdessen biedere man sich dem Kapitalmarkt an. So eine Nachricht für die deutschen Standorte ausgerechnet aus den USA zu senden: ein Unding. „Wir akzeptieren diese Zahl nicht“, stellt Hahl klar. „Anstatt jetzt mit Ruhe und Vernunft an die Umsetzung der Vereinbarungen zu gehen, sorgt man für Unruhe bei den Beschäftigten und das ist kontraproduktiv!“
Auch Bruno Buschbacher, Betriebsratsvorsitzender bei Daimler Truck in Mannheim, vermisst jegliches Fingerspitzengefühl. „Total überzogen“ sei das alles und Teil eines „nicht vereinbarten Prozesses“. Bei Buschbachers Stellvertreter Stefan Höß sind am Mittwoch die Telefone nicht stillgestanden. Die Ängste der Kolleginnen und Kollegen haben die Betriebsratssitzung dominiert.
Michael Brecht, der Gesamtbetriebsratsvorsitzende von Daimler Truck, verlangt vom Vorstand sogar, dass er die Zahl zurücknimmt. Und dass Konzernchefin Karin Rådström „warme Worte“ an die Beschäftigten spricht, um sie zu beruhigen.
Ohnehin fragt sich Brecht, wo die 5.000 überhaupt herkommen. „Ich kann diese Zahl nicht ableiten, egal, wie ich auch rechne“, erklärt er.
Daimler Truck will Kosten um eine Milliarde Euro senken
Von dem Sparprogramm „Cost Down Europe“ bei der zuletzt schwächelnden Marke Mercedes-Benz Trucks sind sowohl die Produktion als auch die Zentrale, Verwaltung, Vertrieb und Entwicklung betroffen. Insgesamt sollen die wiederkehrenden Kosten in Europa um mehr als eine Milliarde Euro bis spätestens 2030 dauerhaft gesenkt werden. Den Namen „Cost Down Europa“ findet die Arbeitnehmervertretung übrigens „schrecklich“ und „blöd“.
Daimler Truck hatte sich bereits im Mai mit dem Gesamtbetriebsrat auf Eckpunkte für die deutschen Lkw-Standorte geeinigt. Diese umfassen auch einen sozialverträglichen Personalabbau. In dem Papier haben sich Daimler Truck und Arbeitnehmervertreter auch darauf geeinigt, dass es bis Ende 2034 keine betriebsbedingten Kündigungen geben soll. Die Bus-Sparte bleibt bei den aktuellen Plänen außen vor. Es geht um die Lastwagen-Sparte des Konzerns mit rund 28.000 Beschäftigten hierzulande. Wie stark einzelne Standorte wie Mannheim vom Stellenabbau betroffen sein werden, ist noch unklar.
Zu den Vorwürfen der Arbeitnehmervertretung gibt Daimler Truck auf Anfrage keinen Kommentar ab. Journalisten, die am Abend zuvor an einer Medienrunde zum Kapitalmarkttag teilgenommen hatten, berichten allerdings von einer sichtlich „grantigen“ Vorstandsvorsitzenden Karin Rådström.
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