Handel

Die Innenstädte der Region im Check

Wie sind die Städtezentren der Region aufgestellt? Passt der Einzelhandel-Mix? Wie locken sie Kundschaft in die City? Wir machen den Check in zehn größeren und kleineren Städten in der Region  

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Unserer Redaktion
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Wie schneiden die Innenstädte in der Region im Vergleich ab? Wir haben den großen Check gemacht. © Lenhardt/Ruffler/Schall/Venus

Rhein-Neckar.  Ob das Oberzentrum Mannheim oder touristisch geprägte Städte wie Heidelberg und Speyer: In diesem Teil unserer Serie „Zukunft Innenstadt“ haben wir Aufenthaltsqualität, Gastronomie oder Warenangebot verglichen. Das sind die Ergebnisse

Mannheim: unstrittige Nummer 1

Obwohl die Trends und Veränderungen im Einzelhandel auch vor Mannheim nicht Halt machen, bleibt die Stadt unangefochten die Nummer 1 zum Einkaufen in der Region. Die nach dem Ende des umstrittenen Verkehrsversuchs wieder gute Erreichbarkeit, kurze Wege und ein breites Sortiment sind Vorteile der City, die die Kunden schätzen.

Haupteinkaufsstraße der Region: die Planken. © Thomas Tröster

Zuletzt gab es jedoch einige Rückschläge: Ein Galeria-Haus (N 7) wurde geschlossen, und nach Verkleinerungen bei C&A, P&C oder Saturn hat die Innenstadt Tausende Quadratmeter Verkaufsfläche verloren. Wegen Insolvenz (Schlemmermeyer, Hallhuber) oder unternehmerischer Entscheidungen (Eis Fontanella, Thalia, Geox, Tchibo) haben einige Firmen die City verlassen oder Mehrfachstandorte aufgegeben – mit bisher ungewohnten Folgen: Leerstände auf den Planken. cs

Ludwigshafen: City ohne Glanz

Die Glanzzeiten der Ludwigshafener Fußgängerzonen liegen lange zurück. Wer heute durch Bismarckstraße und Ludwigstraße läuft und zwischen vielen Leerständen abwechselnd auf Handyshops, Döner-Imbisse oder Ein-Euro-Läden blickt, mag sich kaum vorstellen, dass sich hier einst ein Fachgeschäft an das nächste reihte. Nur sehr wenige sind übrig geblieben und trotzen der Verödung. Es ist ein sehr trostloser Anblick.

Die Bismarckstraße in Ludwigshafen. © Christian Schall

Die Stadt hat vieles versucht: Doch weder die Öffnung der Ludwigstraße für Autos noch die Ansiedlung großer Unternehmen wie Pfalzwerke und TWL als Frequenzbringer änderten etwas an der Lage der City. Auch die 2010 eröffnete Rhein-Galerie brachte keine zusätzliche Frequenz – im Gegenteil. Und der einstige Magnet, das Rathaus-Center, steht vor dem Abriss. cs

Heidelberg: Ein Magnet bald weg

Allein 600 gastronomische Betriebe sind für die Stadt Heidelberg erfasst. Sehr viele von ihnen konzentrieren sich im hinteren Bereich der Hauptstraße in der Altstadt, rund um den Marktplatz und in der Unteren Straße. Die Touristenströme sorgen für ausreichend Kunden, das Angebot ist weit überwiegend hochwertig und zieht auch junge Kundschaft an.

Die Galeria-Filiale am Bismarckplatz schließt bald. © Philipp Rothe

Im Bereich Handel gibt es größere Herausforderungen. So schließt in den nächsten Wochen Galeria (früher Horten) am Bismarckplatz, ein Magnet auf dem zentralen ÖPNV- Knoten und Platz in der Innenstadt. Im vorderen Bereich der Hauptstraße, einer 1a-Lage, hatte es zuletzt mehrere Wechsel und Geschäftsschließungen gegeben. Betroffen davon ist auch das Darmstädter Hof Centrum, das unter anderem einen großen Elektro-Filialisten verlor und dm gewann. miro

Lampertheim: Filialisten gesucht

Eine attraktive Innenstadt – das ist im südhessischen Lampertheim mit seinen knapp 33 000 Einwohnern seit vielen Jahren ein Thema. Doch wie in vielen Städten dieser Größenordnung ist es schwierig, neuen Einzelhandel anzusiedeln. Filialisten sind die angebotenen Verkaufsflächen oft zu klein, oder die Konkurrenz im Fachmarktzentrum im Gewerbegebiet ist zu groß.

Die Lampertheimer Kaiserstraße im Advent. © Berno Nix

Die Händler und Unternehmer, die vor Ort sind, bemühen sich regelmäßig mit Aktionen um ihre Kundschaft – so zum Beispiel mit dem Candlelight-Shopping am Freitag vor dem dritten Advent. Und ja, es gibt auch in Lampertheim Geschäfte, die als Lieblingsläden taugen, weil man gut beraten wird. Für ein ausgedehntes Einkaufserlebnis reicht das nicht. Aber für den täglichen Bedarf, und wenn man ein gutes Buch oder ein schönes Geschenk braucht. swa

Viernheim: dem Trend trotzen

Die südhessische Kleinstadt in Norden Mannheims teilt das Schicksal vieler vergleichbarer Kommunen, die nicht mit einem historischen Altstadtkern aufwarten können. In Ladenburg oder Bensheim etwa ist die Verweilqualität deutlich höher. Zahlreiche alteingesessene Geschäfte gibt es nicht mehr.

Einige Fachgeschäfte finden sich noch. © Martin Schulte

Dennoch trotzen eine Reihe familiengeführter Läden dem Trend – und dem nahen Rhein-Neckar-Zentrum. In der Buchhandlung kennt man die bevorzugte Lektüre der Kunden, es gibt eine Modeboutique für Damen und Lebensmittelgeschäfte. Der zentrale Platz an der Apostelkirche ist Treffpunkt, das große Bistro im Hintergrund ebenfalls, seit 45 Jahren brummt ein italienisches Restaurant am Ende der Fußgängerzone. Sie erreicht man nach ein paar Schritten vom Rathausparkplatz, der allerdings häufig belegt ist. mas

Weinheim: hohe Kaufkraft

Die Kaufkraftanalyse der IHK bescheinigt Weinheim eine Kaufkraft von mehr als 31 500 Euro pro Kopf und Jahr. In der Region Rhein-Neckar sind nur noch die Ladenburger bessergestellt. Nachholbedarf hat Weinheim allerdings in der Kaufkraftbindung. Bei einem Check der IHK im Jahr 2022 erhielt Weinheims Einzelhandel lediglich die Schulnote 3. Seitdem legen sich Stadtverwaltung und Einzelhändler ins Zeug.

Weinheim hat einen Pop-up-Store eröffnet. © Verena Müller

Um die Kunden vor Ort zu halten, wurde im März der Zweiburgen-Gutschein eingeführt, ein digitale Shopping-Karte, die mittlerweile bei über 60 Geschäften des Handels und Dienstleistern eingesetzt werden kann. Unter die Arme greift die Stadt dem Handel außerdem mit einem Pop-up-Store in der Fußgängerzone. Zum neuen Konzept gehören auch kostenlose Konzerte samstags und verkaufslange Abende. i.k

Neustadt: Altstadt versus Bauruine

Neustadt punktet mit einer hübschen Altstadt, in der sich zwischen Filialisten und auch Leerständen auch einige charmante Fachgeschäfte finden. Um den schmucken Rathausplatz konzentrieren sich Gastrobetriebe mit Außenbestuhlung im Sommer. Seit dem Weggang von H&M fehlt dem Einzelhandel allerdings ein großer Frequenzbringer. Die Hoffnung, dass der schwedische Modehändler zurückkehrt und ins geplante Einkaufszentrum nahe der Fußgängerzone einzieht, hat sich bis jetzt nicht erfüllt: Das ehemalige Hertie-Haus ist seit Jahren eine Betonruine, die Fertigstellung der Mall ist nicht abzusehen.

Blick in die Neustadter Fußgängerzone. © Klaus Venus

Die Stadt arbeitet an einem neuen Quartierskonzept mit Bürgerbeteiligung. Die Einzelhändler bemängeln fehlende Kurzzeitparkplätze, deshalb wurden jetzt Tagestickets an zwei Standorten gestrichen. be

Speyer: Frequenz steigt

Seit der Wiedereröffnung der Salierbrücke ist die Frequenz in den Speyerer Einkaufsstraßen wieder deutlich gestiegen. Dazu trägt auch bei, dass der hiesige Galeria Karstadt Kaufhof von der Schließung vorerst verschont blieb. Frequenzbringer sind vor allem die inhabergeführten Geschäfte in der Maximilian-, Gilgen- und Roßmarktstraße. Zudem sorgt eine sehr vielseitige Gastronomie für Zuspruch.

Speyerer Kniff: Weihnachtsmarkt verlängert. © Klaus Venus

Sorgenkind bleibt das Einkaufszentrum Postgalerie hinterm Altpörtel mit hohem Leerstand und stetem Wechsel. Besonders stark sind in Speyer die Tage zwischen Weihnachten und Dreikönig, da sich dann der Weihnachts- in einen Neujahrsmarkt verwandelt und einfach weiterläuft. Hier ist auch am Dreikönigstag verkaufsoffen. Parken lässt es sich auf dem großen Messplatz kostengünstig. jüg

Hockenheim: Lockruf der Feste

Mit einer neuen Qualität an Festen lockt Hockenheim zunehmend wieder Menschen in die Innenstadt. Dort ist allerdings schon das Kleinstadt-Leiden angekommen. Alteingesessene Geschäfte haben geschlossen, es kommen Läden nach, die wenig frequenzfördernd sind. Die Stadtverwaltung versucht, neuen Gewerbetreibenden mit einem Pop-up-Store in der Oberen Hauptstraße Kunden zu erschließen. Ein Innenstadt-Forum soll die Attraktivität erhöhen.

Hockenheim setzt auf Veranstaltungen © Dorothea Lenhardt

Was wiederum sehr gut funktioniert, ist das Gewerbegebiet Talhaus mit dem Globus, in dessen Passage weitere gute Geschäfte zuhause sind, aber auch die Spezialanbieter Haix (Schuhe), Engelbert Strauss (Arbeitskleidung) und Pferdesport Krämer, die um sich herum zahlreiche andere Spezialanbieter und ergänzende Geschäfte versammeln. jüg

Schwetzingen: Ein noch guter Mix

Der Spargelstadt Schwetzingen macht ein wenig der Wechsel von inhabergeführten Geschäften hin zu Dienstleistern in Ladenlokalen zu schaffen. Aber der Mix in der Innenstadt ist noch immer sehr gut für eine Stadt dieser Größe. Hinzu kommt die hohe Aufenthaltsqualität am Schlossplatz und vor allem bei größeren Festen auf den Kleinen Planken. Demnächst will der Sportartikel-Discounter Decathlon die Verkaufsfläche seines Stores verdreifachen, der liegt direkt an der B 535. Das dürfte Wirkung zeigen.

Bei Schwetzingen zieht das Ambiente. © Lenhardt

Schwetzingen gilt als besonders umsatzstark, hier gibt es eine besonders hohe Kaufkraft in der Region. Das liegt auch an den Geschäften im Gewerbegebiet Zündholz in Richtung Mannheim mit Möbel Höffner sowie dem großen Baumarkt von Hornbach und deren Umfeld. jüg

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