Industrie

Gehr weiht zweitgrößte Solaranlage Mannheims ein

Alles mit der Kraft der Sonne: Der Spezialkunststoff-Hersteller Gehr betreibt die zweitgrößte Photovoltaikanlage Mannheims. Warum davon auch die Stadt profitiert

Von 
Alexander Jungert
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Luftaufnahme des Gehr-Areals in Mannheim-Neckarau. Auf den Dächern der Werkshallen sind die Solarpanels zu sehen, rechts im Hintergrund auch das GKM. © Gehr

Mannheim. Wer von oben auf die Werkshallen von Gehr in Mannheim-Neckarau schaut, sieht viele Solarpanels auf den Dächern. Tatsächlich befindet sich beim Kunststoff-Spezialisten eine der größten Photovoltaikanlagen Mannheims. Passend zur Einweihung scheint die Sonne. „Die Anlage ist eine beträchtliche Investition in den Umweltschutz“, sagt Unternehmenschef Helmut Gehr. Rund zwei Millionen Euro hat sie gekostet und erstreckt sich über eine Fläche von 10 000 Quadratmetern. Vor dem Anbringen der Panels wurden die Dächer der Werkshallen saniert.

Kompletter Strombedarf wird durch Ökostrom gedeckt

Seit 2016 deckt Gehr den kompletten Strombedarf durch Ökostrom aus erneuerbaren Energieträgern ab, nun geht die Firma wieder einen Schritt weiter in der Eigenerzeugung. Im Dauerbetrieb soll die Anlage mit einer jährlichen Laufleistung von 1,2 Millionen Kilowattstunden Strom produzieren. Damit ist sie laut Marktstammdatenregister der Bundesnetzagentur die zweitgrößte Photovoltaikanlage Mannheims, die größte hat demnach der Landmaschinenhersteller John Deere.

Gehr hebt hervor: Das Projekt ist sowohl für das Unternehmen als auch für die Stadt wichtig. Denn die Anlage wird als Beitrag aufgelistet, um Mannheim bis zum Jahr 2030 zu einer nachhaltigen, klimaneutralen und integrativen Stadt machen. Stichwort ist der „Local Green Deal“. Und Gehr will davon profitieren, dass Kunden wie der Schreibgerätehersteller Schwan-Stabilo oder der Kosmetikkonzern L’Oréal gerne mit nachhaltig ausgerichteten Lieferanten arbeiten.

Unternehmen gehört seit Jahrzehnten zu den führenden Herstellern der Branche

Das Familienunternehmen Gehr gehört nach eigenen Angaben seit mehr als 90 Jahren zu den führenden Herstellern von thermoplastischen Kunststoff-Halbzeugen. Vereinfacht gesagt sind das Werkstücke und Rohmaterialien, die von anderen Firmen weiterverarbeitet werden.

Helmut Gehr, 75 Jahre alt, steht im Management für die dritte, Tochter Annette Gehr für die vierte Generation. Am Hauptsitz und in den Niederlassungen weltweit produzieren und vertreiben mehr als 250 Beschäftigte ein Sortiment an Stäben, Platten, Rohren und Profilen. Die Maschinen in Mannheim laufen rund um die Uhr an allen sieben Wochentagen.

Der Preisdruck auf dem Markt für Kunststoffe ist hart

Einen Stift von Schwan-Stabilo haben bestimmt alle schon einmal in der Hand gehabt; die Hülle dafür kommt aus Mannheim. Hunderte Millionen Stück werden jährlich hergestellt. Hochleistungskunststoffe von Gehr werden außerdem in der Medizin verwendet - für Implantate.

Der Preisdruck auf dem Markt für Kunststoffe ist hart. Konkurrenten aus China mischen kräftig mit. Vor allem Maschinen und Rohstoffe sind dort günstiger. Die Nachfrage zieht seit Anfang des Jahres nach einer Schwächephase wieder an. Vor allem aus Frankreich, Spanien und England. Aus Deutschland komme allerdings noch verhältnismäßig wenig, erklärt Gehr. Das Unternehmen hat eine Produktion in Mannheim und in Boothwyn (US-Bundesstaat Pennsylvania), zudem mehrere Verkaufsbüros auf der ganzen Welt. Ein Werk könnte mittelfristig hinzukommen: Gehr erwägt, die Produktion in Richtung Asien auszuweiten.

Startschuss für die Photovoltaikanlage: Helmut Gehr (l.) und OB Christian Specht. © Axel Heiter Fotldesign

Auch Mannheims Oberbürgermeister Christian Specht (CDU) ist zur Einweihung der Photovoltaikanlage gekommen. Grundsätzlich zollt er der Leistung von familiengeführten Unternehmen Respekt. „Familienunternehmen schauen nicht nur auf die kurzfristigen Ergebnisse in der Bilanz, sondern denken in Generationen“, erklärt Specht. Auch die installierte Photovoltaikanlage bei Gehr sei ein Zeichen für das Denken in Generationen. Man übernehme damit „Verantwortung für den Standort und die Stadtgesellschaft“. Der „Local Green Deal“ solle zeigen: Wirtschaftswachstum mit weniger Ressourcenverbrauch sei möglich.

Gehr hat im vergangenen Sommer, fernab von Photovoltaik, mit einem anderen besonderen Projekt auf sich aufmerksam gemacht: dem „Hyperloop“. Damit sollen Passagiere in ferner Zukunft mit mehr als 800 Kilometern pro Stunde durch weitgehend luftleere Röhren von A nach B reisen - ohne Flugzeug und klimaneutral. Eine Fahrt von München nach Berlin würde so etwa 40 Minuten dauern. Die Idee geht auf Elon Musk zurück, den Mitgründer des Elektroautoherstellers Tesla.

Auf dem Campus der Technischen Universität München in Ottobrunn/Taufkirchen ist der nächste Schritt erreicht: mit einer Teststrecke in Form einer 24 Meter langen Röhre. Gehr ist Teil des Projekts vor den Toren Münchens. Spezielle Platten in der Hyperloop-Röhre stammen aus Mannheim. Sie liegen im Boden der Trasse, auf der die Pods fahren. In den Platten von Gehr liegen die Spulen des Magnets. Aus was sie bestehen, verrät Gehr nicht.

Redaktion berichtet aus der regionalen Wirtschaft

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