Mannheim. Extremwetter, niedrige Getreidepreise und ein Krieg mitten in Europa: Für Landwirte war 2024 kein leichtes Jahr. Das bekommt auch der Traktorenhersteller John Deere in seinem Mannheimer Werk zu spüren. Deanna Kovar, Europa-Chefin von John Deere, nennt am Donnerstag zwar keine konkreten Zahlen für den Standort, als sie das Ende Oktober abgeschlossene Geschäftsjahr zusammenfasst. Insgesamt seien die Stückzahlen in der Mannheimer Produktion aber im zweistelligen Prozentbereich gesunken. 2023 wurden hier mehr als 40 000 Traktoren produziert.
Die schwächere Auslastung der Fabrik hat Folgen für die Beschäftigung: Die Belegschaft am Standort sei um acht bis neun Prozent geschrumpft, vor allem, weil befristete Verträge und Leasingkräfte nicht verlängert wurden. Teilweise habe man auch freiwerdende Stellen nicht nachbesetzt. Vor einem Jahr hatten noch rund 3600 Menschen in Mannheim gearbeitet.
Deutliche Rückgänge
- Im abgelaufenen Geschäftsjahr 2024 hat John Deere insgesamt einen Umsatz von 51,7 Milliarden US-Dollar (rund 49,1 Mrd. Euro) erwirtschaftet.
- Das entsprach einem Rückgang von rund 15 Prozent gegenüber 2023 – sei aber immer noch der dritthöchste Umsatz in der Unternehmensgeschichte.
- Der Nettogewinn sank um etwa 30 Prozent auf 7,1 Milliarden US-Dollar. Für 2025 erwartet das US-Unternehmen, dass der Nettogewinn weiter sinkt, auf fünf bis 5,5 Milliarden US-Dollar.
„Wir haben hart mit unserem Betriebsrat daran gearbeitet, so viele Arbeitsplätze wie möglich zu halten“, sagt Kovar. Ziel sei vor allem, in der aktuellen Situation die Stammbelegschaft zu bewahren - auch für kommende Zeiten, in denen es wieder mehr Arbeit in der Fabrik gibt.
Geringere Auslastung durch Arbeitszeitkonten gepuffert
Bis dahin gibt es Kovar zufolge aber noch eine längere Durststrecke zu überstehen: Für 2025 erwartet der Traktorenhersteller erst einmal einen weiteren Umsatzrückgang. Auch in Mannheim werde das Volumen weiter schrumpfen, da die Märkte Europa und USA, die das Werk vor allem beliefere, nach wie vor rückläufig blieben.
Kurzarbeit sei aktuell allerdings kein Thema, man nutze die Flexibilität von Arbeitszeitkonten. Sie ermöglichen es, in Zeiten hoher Auslastung Puffer aufzubauen, die dann in schlechteren Phasen aufgebraucht werden können.
2024 hatte John Deere praktisch weltweit mit Gegenwind zu kämpfen. Das Agrargeschäft sei immer volatil, 2024 sei aber insofern besonders, als fast alle Märkte gleichzeitig geschrumpft seien. Gerade in Europa sei der Rückgang außerdem dramatischer als sonst. Hier hatten die Landwirte - und damit die Kunden von John Deere - unter anderem mit Wetterextremen zu kämpfen: Während es in Frankreich und teilweise auch in Deutschland zu nass gewesen sei, habe man in Ländern wie Rumänien unter Dürre gelitten. Das habe zu sinkenden Erträgen für die Landwirte geführt, die entsprechend weniger Geld für neue Maschinen ausgaben.
Besser lief es unterdessen bei der Wirtgen Group, die zu John Deere gehört. Sie ist in der Region durch das Vögele-Werk in Ludwigshafen vertreten. Dort werden Straßenfertiger produziert. Volker Knickel, Mitglied der Geschäftsführung bei Wirtgen, spricht vom zweitbesten Jahr in der Geschichte der Gruppe. Auch auf das nächste Jahr schaue man positiv: In München steht 2025 die wichtige Branchenmesse Bauma an, wo Wirtgen seine Neuheiten präsentieren wird. Bei Vögele - in Ludwigshafen arbeiteten im vergangenen Jahr rund 1200 Menschen - sei die Entwicklung stabil, für 2025 erwartet Knickel ein noch stärkeres Geschäft.
Auch wenn der Industriestandort Deutschland im Moment stark in der Kritik steht - u.a. wegen hoher Energiepreise und viel Bürokratie - stehe John Deere klar zu seinen Standorten hier. Auch in Mannheim werde weiter investiert, sagt Kovar. Das liege nicht zuletzt auch an der guten Zusammenarbeit mit den Arbeitnehmervertretern.
„Die Frage ist nicht, ob wir hier weiter Traktoren bauen sondern eher, wie wir sie bauen.“ Alle Fabriken müssten schauen, dass sie so effizient wie möglich arbeiteten. Kovar verweist auf die neue Lackieranlage, die das Unternehmen kürzlich in Mannheim eingeweiht hat und die die Energieeffizienz am Standort deutlich erhöhe. Rund 80 Millionen Euro wurden dafür investiert. In seinem Kabinenwerk in Bruchsal hatte John Deere zuletzt eine neue Schweißanlage in Betrieb genommen, die ebenfalls weniger Energie verbrauche.
Auch in neue Produkte werde in Mannheim weiter investiert: So startet im Januar die Serienproduktion für ein neues Traktorenmodell, mit dem man das Spektrum der mittelgroßen Maschinen erweitere. Unklar ist unterdessen, inwieweit die Wahl von Donald Trump zum künftigen US-Präsidenten Folgen für das Mannheimer Werk haben könnte. So hatte Trump John Deere noch auf einer Wahlkampfveranstaltung mit Strafzöllen von 200 Prozent gedroht, wenn das Unternehmen Produktion ins Ausland - konkret nach Mexiko - verlagere und von dort aus Maschinen in die USA verkaufen wolle.
In Mannheim baut John Deere ebenfalls Traktoren für den amerikanischen Markt, Kovar zufolge wird grob ein Drittel der hier produzierten Maschinen dort verkauft. Es sei noch nicht absehbar, welche Richtlinien unter Trumps Präsidentschaft erlassen würden, so Kovar. Sie betont aber: „Wir sind ein 187 Jahre altes Unternehmen mit Sitz in den USA und haben mit zahlreichen Regierungen zusammengearbeitet. Wir freuen uns auch darauf, mit Trumps Regierung und dem neuen Kongress zusammenzuarbeiten - für unser Geschäft, aber vor allem für das Geschäft unserer Kunden.“
Beim Thema Zölle müsse man außerdem bedenken, dass die Art der Traktoren, die in Mannheim gebaut würden - nämlich vor allem mittelgroße Modelle - auch sonst vor allem in Europa produziert würden. Entsprechende Zölle würden deshalb nicht nur John Deere, sondern die gesamte Industrie in diesem Bereich treffen.
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