Einzelhandel

Kippt neues Gesetz den Teo-Markt im Mannheimer Hauptbahnhof?

Der Teo-Markt im Mannheimer Hauptbahnhof ist rund um die Uhr geöffnet – noch. Denn ein neues Gesetz könnte das Konzept unwirtschaftlich machen.

Von 
Christian Schall
Lesedauer: 
Der Teo-Markt der Handelskette Tegut im Mannheimer Hauptbahnhof hat vor knapp zwei Jahren eröffnet. © Ben Pakalski/Tegut

Stuttgart. Baden-Württemberg arbeitet an einer Änderung seines Ladenöffnungsgesetzes, die Folgen für ein noch recht junges Ladenkonzept haben könnte. Es geht um den bisher unregulierten „Betrieb vollautomatisierter Verkaufsstellen“, wie es im Verwaltungsdeutsch heißt, also Selbstbedienungsläden, die überwiegend ohne anwesendes Personal vor Ort funktionieren. Kunden registrieren sich, meist mit einem Zahlungsmittel, und erhalten dann Zutritt zum Laden. Die Auswahl der Ware und den Bezahlvorgang nehmen sie selbst vor.

Noch ist das Gesetz nicht verabschiedet, der Ministerrat hat kürzlich die Freigabe zur Anhörung beschlossen. Doch der Entwurf des baden-württembergischen Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus hat es in sich, wenn er so umgesetzt wird, wie geplant. Demnach sollen die Läden sonntags unter folgenden Vorgaben öffnen dürfen: „frühestens ab 7 Uhr und spätestens bis 24 Uhr, maximal für acht Stunden – unter Berücksichtigung der Hauptgottesdienstzeiten. Zudem ist die Verkaufsfläche auf 150 Quadratmeter begrenzt“.

„In Mannheim müssen wir kritisch prüfen“

Das wäre nur noch ein Drittel der bisherigen Öffnungszeit und würde besonders die Handelskette Tegut treffen, die mit ihrem smarten Ladenkonzept Teo weit fortgeschritten und verbreitet ist. Etwa 40 Läden sind es in Baden-Württemberg und Hessen. In der Region gibt es die automatisierten Märkte zum Beispiel im Mannheimer Hauptbahnhof und in Edingen-Neckarhausen. Beide sind rund um die Uhr geöffnet - noch. Nach Angaben einer Teo-Sprecherin bedeute die Entscheidung für den Standort in Edingen-Neckarhausen „erstmal noch nichts“. Mannheim dagegen sei ein Hochfrequenz-Standort: „Hier müssen wir kritisch prüfen.“

Mehr zum Thema

Kommentar Stuttgarter Landesregierung torpediert smartes Einkaufen

Veröffentlicht
Kommentar von
Christian Schall
Mehr erfahren

Auch das Handelsunternehmen Rewe testet unbemannte Geschäfte, beispielsweise im Terminal 1 des Frankfurter Flughafens. Edeka ist mit diesem Konzept im Terminal 3 am Flughafen Stuttgart vertreten. Für Bahnhöfe und Flughäfen sieht das Gesetz Ausnahmen vor. Die zugelassene Größe der Verkaufsfläche ist abhängig von der jährlichen Fluggastzahl. „Sollte beispielsweise ein Betreiber eine vollautomatisierte Verkaufsstelle in einem dieser Bereiche eröffnen, gelten für diese die differenzierten Regelungen des Ladenöffnungsgesetzes Baden-Württemberg“, sagt eine Sprecherin des Ministeriums.

Die Teo-Sprecherin ist überzeugt, dass auch der Teo-Markt im Mannheimer Hauptbahnhof von den Einschränkungen betroffen wäre. Unter welchen Bedingungen er dennoch öffnen dürfte, dazu warte das Unternehmen selbst gegenwärtig auf eine Rückmeldung. Auf Nachfrage gibt sie zu, dass es eher nicht mehr wirtschaftlich wäre, die Läden weiter zu betreiben. Denn, das ist wenig überraschend, „der Sonntag ist unser Prime Day“, also der umsatzstärkste Tag. Laut früheren Angaben eines Tegut-Sprechers gegenüber der Deutschen Presse-Agentur mache der Sonntag je nach Standort 25 bis 30 Prozent des Wochenumsatzes aus.

Außer sonntags lässt das Gesetz im Land viele Freiheiten zu

Eigentlich hat Baden-Württemberg eines der liberalsten Ladenöffnungsgesetze bundesweit. „Verkaufsstellen dürfen geöffnet sein, soweit nicht Regelungen dieses Gesetzes entgegenstehen“, heißt es in dem Gesetz, das seit 14. Februar 2007 gilt. Dass vielerorts Supermärkte bis 22 Uhr oder gar Mitternacht geöffnet haben, ist etwa in Bayern undenkbar. Dort müssen die Ladentüren um 20 Uhr geschlossen werden.

Auf der grünen Wiese sind die Teo-Märkte so gestaltet wie dieser in Edingen-Neckarhausen. © Photo-Proßwitz

Streng, wie in nahezu allen Bundesländern, ist dagegen die Regelung an Sonn- und Feiertagen. Die Hürden für eine Öffnung sind hoch, das wissen die Verbände um den City-Einzelhandel in Mannheim nur zu gut. Es braucht einen Anlassbezug, die Mitsprache der Kirchen, und schließlich liegt die endgültige Entscheidung bei der Verwaltung über den Weg eines Gemeinderatsbeschlusses. Maximal drei Sonntage im Jahr sind erlaubt.

Wie die Ministeriumssprecherin erläutert, stehen Sonn- und Feiertage unter dem besonderen verfassungsrechtlichen Schutz des Grundgesetzes und der Landesverfassung. Die Begründung, dass in den genannten Läden sonntags kein Personal anwesend ist, genüge nicht. „Der Schutz der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ist dabei nur ein Teil dieses Schutzaspektes. Die alleinige Abwesenheit von Verkaufspersonal kann daher eine Öffnung von Verkaufsstellen an Sonn- und Feiertagen nicht rechtfertigen.“

Die Kirchen haben angekündigt, sich „konstruktiv-kritisch“ an der Anhörung beteiligen zu wollen. Die Entwicklungen rund um vollautomatisierte Ladengeschäfte stellten eine neue Herausforderung dar – auch wenn ihr Einsatz gerade im ländlichen Raum mit Blick auf die Nahversorgung nachvollziehbar erscheine, teilten die Diözese Rottenburg-Stuttgart, die Evangelische Landeskirche in Württemberg, die Erzdiözese Freiburg und die Evangelische Landeskirche in Baden gemeinsam mit. „Wichtig bleibt für uns, dass der Sonntag als Tag der Ruhe, der Begegnung und – für viele, insbesondere für die Familien – auch der Gottesdienste bewahrt wird. Das ist ein wertvolles Gut für unsere gesamte Gesellschaft und verdient weiterhin besonderen Schutz.“

Auch Kioske mit Automaten wären betroffen

Betreffen wird das Gesetz auch Läden und Kioske, die ebenfalls ohne Personal auskommen, weil die Ware in darin aufgestellten Automaten verkauft wird. Es sei davon auszugehen, „dass eine Mehrzahl von Automaten, die gesammelt in einen betretbaren und im Zweifel abschließbaren Raum gestellt werden, die Definition eines Warenautomaten nicht erfüllen“, sagt die Ministeriumssprecherin. Ein Warenautomat werde definiert als eine „selbsttätige Verkaufseinrichtung, d. h. eine Einrichtung, die nach Einwurf eines Geldstücks oder einer Wertmarke Waren auf mechanischem Wege für die Entnahme hergibt“.

Sollte das Gesetz wie geplant verabschiedet werden, wäre es nicht der erste Rückschlag für Tegut und die Teo-Märkte. Der Hessische Verwaltungsgerichtshof hatte vor fast zwei Jahren entschieden, dass eine von der Stadt Fulda verfügte Schließung der Teo-Läden an Sonntagen rechtens sei, da es sich um Verkaufsstellen im Sinne des Ladenöffnungsgesetzes handele. Seit einer Gesetzesänderung in Hessen Mitte 2024 dürfen die Märkte nun sonntags wieder öffnen.

Redaktion Redakteur in der Wirtschaftsredaktion

Copyright © 2025 Mannheimer Morgen

VG WORT Zählmarke