Mannheim. Der Mannheimer Armaturenhersteller VAG wechselt den Besitzer: Wie das Unternehmen auf seiner Internetseite mitteilt, soll es von dem Schweizer Konzern GF, der unter anderem Rohrleitungssysteme herstellt, übernommen werden. Zwischen GF und dem bisherigen Eigentümer der VAG-Gruppe - dem Finanzinvestor Aurelius Equity - sei eine entsprechende Vereinbarung unterzeichnet worden. Bis Jahresende soll das Geschäft in trockenen Tüchern sein, unter anderem müssen die Kartellbehörden dem Verkauf noch zustimmen. Der Transaktionswert wird auf rund 200 Millionen Schweizer Franken beziffert, umgerechnet rund 213,5 Millionen Euro.
„Metallarmaturen sind ein Schlüsselelement in Wasserversorgungsnetzen. Die Übernahme der VAG rundet das Portfolio von GF im Bereich Infrastructure Flow Solutions ideal ab – es umfasst künftig Rohre, Formstücke, Armaturen, Reparaturkupplungen, Verbindungstechnologien und Wassermanagementlösungen“, wird Andreas Müller, CEO von GF, in einer Mitteilung zitiert. Wie das Schweizer Unternehmen auf Nachfrage weiter mitteilt, stärkt die geplante VAG-Akquisition die Marktstellung von GF vor allem in Europa und im Nahen Osten.
Auf die Frage, was die Übernahme für die rund 1000 VAG-Beschäftigten, davon etwa 200 in Mannheim, bedeutet, heißt es in dem GF-Statement weiter: „Die geplante Wachstumsstrategie eröffnet attraktive Möglichkeiten für die zukünftige Entwicklung der VAG-Gruppe, konkrete Aussagen zu einzelnen Standorten wären derzeit aber verfrüht.“ Thomas Hahl, Erster Bevollmächtigter der IG Metall in Mannheim, betont: „Die Übernahme darf nicht zu einem Kahlschlag in Mannheim führen. Wir wollen die Zukunft des Unternehmens auch unter einem neuen Eigentümer mitgestalten und eine gute Regelung für Mannheim erarbeiten.“
Die Wurzeln der Mannheimer VAG reichen zurück ins Jahr 1872
Ihre Wurzeln hat die heutige VAG Gruppe in der einstigen Mannheimer Industrieperle Bopp & Reuther. Sie wurde 1872 gegründet und entwickelte sich in den ersten Jahrzehnten schnell zu einer Art „Global Player“: Schon im Jahr 1900 lieferte das Unternehmen rund 60 Prozent der Weltproduktion an Wasserschiebern, also an Armaturen, mit denen sich der Wasserdurchfluss in Rohren steuern lässt. Um das weltweite Geschäft auszubauen, gründete Bopp & Reuther im Jahr 1925 schließlich zusammen mit sechs weiteren Armaturenherstellern eine gemeinsame Vertriebsgesellschaft: die Vereinigte Armaturengesellschaft, kurz VAG. Den 100. Geburtstag der Marke feiert die heutige VAG Gruppe dieses Jahr in Mannheim.
Zur Blütezeit von Bopp & Reuther standen auf dem Waldhof mehr als 3000 Menschen in Lohn und Brot - heute gibt es das Unternehmen in seiner damaligen Form nicht mehr. 1990 wurde Bopp & Reuther zunächst vom Karlsruher Mischkonzern IWKA übernommen und Anfang der 2000er Jahre schrittweise in mehrere Gesellschaften zerschlagen. Bopp & Reuther Armaturen wurde dabei mit seiner Vertriebsgesellschaft zusammengeführt und tritt seither als VAG Gruppe auf. Ab 2018 gehörte das Unternehmen dem Finanzinvestor Aurelius Equity, der nun mit der Schweizer GF die Vereinbarung zum Verkauf unterzeichnet hat.
In Mannheim, auf dem früheren Bopp & Reuther-Gelände, ist heute nicht nur die Zentrale der VAG angesiedelt. Der Standort ist auch einer von inzwischen weltweit acht Produktionsstätten der Gruppe. Etwa die Hälfte der rund 200 Beschäftigten in Mannheim arbeitet in der Fertigung. Weitere Produktionsstätten gibt es unter anderem in China, Indien, Brasilien und den USA. Dabei sind die Werke teilweise auf bestimmte Produktgruppen spezialisiert. Die roten Hydranten – eines der wenigen VAG-Produkte, die oberirdisch zum Einsatz kommen und deshalb im Alltag überhaupt bewusst wahrgenommen werden – werden zum Beispiel in Tschechien gefertigt. Die meisten VAG-Armaturen sind dagegen unterirdisch verbaut oder in Trink- und Abwasseranlagen. Auch in Staudämmen und Wasserkraftwerken finden sie Verwendung. Zu den Kunden des Mannheimer Unternehmens gehören entsprechend vor allem Anlagenbauer, Kraftwerksbetreiber und Wasserversorger.
In den Fabrikhallen auf dem Waldhof entstehen heute vor allem große Spezialarmaturen. Die Produkte, die hier hergestellt werden, kommen nicht von der Stange, sondern werden in der Regel nach kundenspezifischen Vorgaben gebaut. Dazu gehören zum Beispiel riesige Absperrklappen, die in Staudämmen zum Einsatz kommen. Sie haben einen Durchmesser von bis zu vier Metern.
Künftiger Besitzer aus der Schweiz
Die Georg Fischer AG - kurz GF- wurde 1802 gegründet und hat ihren Hauptsitz in Schaffhausen in der Schweiz.
Das Unternehmen ist nach eigenen Angaben in 46 Ländern aktiv und hat weltweit 74 Produktionsstandorte.
Ende 2024 arbeiteten bei GF nach Unternehmensangaben rund 19.000 Menschen , der Umsatz lag im vergangenen Jahr bei knapp 4,8 Milliarden Schweizer Franken (etwa 5,1 Milliarden Euro).
Der Jahresumsatz der VAG-Gruppe liegt bei rund 200 Millionen Euro.
VAG-Produkte „made in Mannheim“ werden weltweit verkauft, sie sind unter anderem im gigantischen Drei-Schluchten-Staudamm in China verbaut, im Pumpspeicherkraftwerk Kühtai 2 in Österreich, in Meerwasserentsalzungsanlagen im Mittleren Osten oder in Wasserkraftwerken in Nordamerika. Zuletzt wurde am Standort Mannheim in die Modernisierung der Produktion investiert: Vor wenigen Wochen ist eine neue Dreh- und Fräsmaschine für rund 1,5 Millionen Euro in Betrieb gegangen.
Aus den Anfängen der VAG im Jahr 1925 ist übrigens nicht nur der Markenname geblieben, dessen Jubiläum dieses Jahr gefeiert wird. Im Mannheimer Werk werden derzeit Armaturen überholt, die laut Unternehmen seit gut 100 Jahren im bayerischen Walchenseekraftwerk im Einsatz sind. Es ging 1924 in Betrieb und läuft noch heute. Die Armaturen werden jetzt in Mannheim wieder fit gemacht für die Zukunft.
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