Justiz

Plädoyers im Prozess um Mannheimer Pflegedienst

Der Prozess um Abrechnungsbetrug eines Mannheimer Pflegedienstes ist vor der Großen Wirtschaftsstrafkammer in die Zielgerade gebogen. Am Donnerstag soll das Urteil fallen

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Waltraud Kirsch-Mayer
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Mannheim. Der Prozess um Abrechnungsbetrug eines Mannheimer Pflegedienstes ist vor der Großen Wirtschaftsstrafkammer in die Zielgerade gebogen. Zum Ende der Beweisaufnahme sitzt nur noch der 72-jährige Geschäftsführer und Gesellschafter auf der Anklagebank. Das Verfahren gegen die Mutter und den Stiefvater von zwei schwerstbehinderten, inzwischen gestorbenen Söhnen ist gegen eine Geldauflage eingestellt worden.

Die Anklage geht davon aus, dass durch Scheinarbeitsverhältnisse und manipulierte Abrechnungen - insbesondere mit dem Vorgaukeln nicht vorhandener Fachkräfte für Behandlungspflege - ein Schaden von 2,2 Millionen Euro entstanden ist. Im Schlussplädoyer halbiert Staatsanwältin Jeanie Henn diese Summe: Weil die Leistungen erbracht wurden, aber eben nicht von examinierten Kräften.

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Waltraud Kirsch-Mayer
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Die Strafverfolgerin hält für glaubhaft, dass der Angeklagte und sein abgetauchter Geschäftspartner den Pflegedienst mit der Idee gründeten, Menschen mit schweren Behinderungen am sozialen Leben teilnehmen zu lassen. In den Betrug sei man hineingerutscht - aber mit „sinkender Hemmschwelle“. Es habe „krimineller Energie“ bedurft, um gegenüber den Leistungsträgern „eine Papierlage zu schaffen“, die Manipulationen verschleiert. Die Staatsanwältin hält dem 72-jährigen sein frühes Geständnis zugute, sieht aber eine Gefängnisstrafe von dreieinhalb Jahren für angemessen.

Verteidiger Ulrich Neumann verweist auf die „Aufklärungshilfe“ seines nicht vorbestraften Mandanten und argumentiert, dass die Kassen keineswegs in die Irre geführt wurden - schließlich sei bekannt, dass es das vorgeschriebene Fachpersonal auf dem leer gefegten Markt gar nicht gebe. Ohne einen konkreten Antrag stellt er in Frage, ob es Sinn ergebe, einen Mann im 73. Lebensjahr, der sein gesamtes Vermögen verloren hat, ins Gefängnis zu schicken. Das Urteil wird am Donnerstag verkündet. 

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