Mannheim/Heidelberg. Die Stimmung auf dem Bau ist nicht gut, und trotzdem drehen sich in Mannheim und anderen Teilen der Region immer noch viele Baukräne. Nun haben Mannheim und Heidelberg auch dank der Konversionsprojekte ein großes Potenzial. Aber auch abseits dieser Großflächen bewegt sich etwas. Das Immobiliennetzwerk der Metropolregion Rhein-Neckar hat Journalisten Einblick in mehrere Gewerbebauprojekte in Mannheim und Heidelberg gewährt. Ein Überblick.
Vareal Mannheim-Friedrichsfeld
Der Gewerbepark Vareal im Stadtteil Friedrichsfeld dürfte vielen Mannheimern zunächst einmal nichts sagen. Dabei hat das etwa 63.000 Quadratmeter große Areal eine mehr als 150 Jahre lange Industriegeschichte. 1863 wurde dort eine Ziegelei gegründet, 1888 mit der Produktion von Steinzeug begonnen - es war der Ursprung des Mannheimer Traditionsunternehmens Friatec. 2019 wurde es aufgespalten: Der japanische Konzern Kyocera hat das Keramiksegment übernommen, das belgische Unternehmen Aliaxis die Sparte mit Kunststoff-Rohrleitungssystemen.
Der Immobilieninvestor Aventos mit Sitz in Berlin und München hat dieses Gelände vor zweieinhalb Jahren zu einem nicht genannten Preis gekauft und baut es seitdem um. Wenn, wie geplant, bis zum Spätsommer 2026 alles fertig ist, stehen etwa 40.000 Quadratmeter vermietbare Gewerbefläche bereit. Einige Gebäude wurden abgerissen, dafür werden mehrere Hallen neu gebaut, damit sie den heutigen Anforderungen an Büros, Lager oder Produktion gerecht werden.
Dazu gehört auch eine rund 2.400 Quadratmeter große, Bento Box genannte, Halle. Sie bietet Multifunktionalität durch flexible Flächengrößen und kann für die leichte Produktion, als Werkstatt oder zur Lagerung genutzt werden.
Gerade fertiggestellt ist nach etwa acht Monaten Bauzeit eine knapp 10.000 Quadratmeter große und zehneinhalb Meter hohe Halle - das größte Einzelobjekt auf dem Vareal-Gelände. Sie lässt sich als Lager nutzen und ist bereits an einen Einzelnutzer vermietet, der sie in diesen Tagen übernehmen soll. Um wen es sich handelt, wurde nicht gesagt.
Die Erfahrung, dass ein historisches Gelände einige Überraschungen bereithält, musste Aventos bereits machen. „Die größte Herausforderung waren unterirdische Bauwerke wie alte Öfen oder Keller, die überbaut waren“, berichtet Aventos-Entwicklerin Mona Kienberger. Denkmalgeschützte Bauten wie die Pforte, das Verwaltungsgebäude oder die Schulungswerkstatt wurden restauriert. So wurden im Inneren der Werkstatt Backsteinmauerwerk und Dachgebälk freigelegt. Nun lernen dort, in einer historischen Industriekulisse, die Auszubildenden das Schweißen an Kunststoff.
Artem Mannheim-Neuostheim
Wer in Neuostheim in die Hans-Thoma-Straße abbiegt, passiert einen Neubau, der in den vergangenen Wochen zügig an Höhe gewonnen hat. Artem heißt das Projekt, für das die Viernheimer Adler Immobilien Invest Gruppe verantwortlich zeichnet. Das viergeschossige Bürogebäude mit etwa 3.700 Quadratmeter Mietfläche soll CO₂-neutral betrieben und im ersten Quartal 2026 fertiggestellt werden. Bereits jetzt ist es voll vermietet: an die Kanzlei Pabst Lorenz und Partner, die Steuerberatungsgesellschaft bkb und an den Personaldienstleister Acordiz - jeweils mit einer Laufzeit von zehn Jahren.
Generalunternehmer ist Goldbeck Süd aus Hirschberg. Das Unternehmen ist spezialisiert auf den Bau von Logistikhallen und Bürogebäuden mit vorgefertigten Teilen aus eigener Produktion, was den schnellen Baufortschritt erklärt. Die größte Herausforderung war die Lage der Baustelle am benachbarten City-Airport. Damit die großen Kräne den Flugverkehr nicht behindern, wurde der Rohbau nachts gestellt. „Es war alles eng getaktet, aber wir liegen nun sogar vor dem Zeitplan“, freut sich Markus Pföhler, operativer Geschäftsführer von Adler.
Das Gewerbegebiet floriert. Kürzlich ist an der Hans-Thoma-Straße im ebenfalls von Adler realisierten Projekt Connect4 Siemens als Großmieter eingezogen. Nur wenige Meter davon entfernt ist der Bürokomplex Greensite mit Parkhaus fertiggestellt worden. Der Discounter Aldi will seinen Markt neben der Dualen Hochschule ersetzen und um Wohnungen für Studenten aufstocken.
Adler hat bereits den Acreo Gewerbepark entwickelt, in den das Privatgymnasium Mannheim eingezogen ist, und plant in dem Gewerbegebiet weitere Projekte. „Wir sehen hier großes Potenzial“, sagt Pföhler.
Derzeit wird ein Neubau in der Seckenheimer Landstraße 210-220 mit etwa 5.000 Quadratmeter Büro- und 3.000 Quadratmeter Hallenfläche für Forschung und Entwicklung geplant, der bis zum ersten Quartal 2027 entstehen soll. An gleicher Stelle wird in Zusammenarbeit mit der BIMA (Bundesanstalt für Immobilienaufgaben) bis zum ersten Quartal 2026 auf 5.600 Quadratmetern der Bestand des Acreo weiterentwickelt, für moderne Büro-, Schulungs- und Werkstattflächen.
Print Media Academy Heidelberg
Das rund 50 Meter hohe Hochhaus gegenüber dem Hauptbahnhof ist eine Landmark in Heidelberg. Ende der 1990er Jahre im Auftrag von Heidelberger Druckmaschinen gebaut und 2000 eingeweiht, diente es dem Unternehmen als Schulungs- und Veranstaltungszentrum. Nachdem der Maschinenbauer nach Wiesloch abgezogen ist, steht das Gebäude seit 2022 leer.
Nach mehreren Veräußerungen kaufte der Heidelberger Immobilienunternehmer Hans-Jörg Kraus Ende vergangenen Jahres die Print Media Academy (PMA) und will sie nun sanieren. Besonders in den Blick nimmt der Unternehmer den größten Schwachpunkt der Immobilie: die Technik und Energieeffizienz. „Durch die abartige Übertechnisierung ist das Gebäude nicht wirtschaftlich zu betreiben“, kritisiert Kraus, „die Nebenkosten sind exorbitant hoch.“
Doch er ist überzeugt, „dass wir das hinbekommen“. Er sieht einen Ansatz, mit dem man die Energiekosten um 80 bis 90 Prozent reduzieren könne. „Damit wird das Objekt plötzlich interessant und wirtschaftlich.“
Zwei bis drei Geschosse sind für Kongresse vorgesehen, die restlichen Räume für Büros. Im Erdgeschoss und ersten Obergeschoss ist Gastronomie geplant. Kraus wird auch den Sitz seiner Firma in die PMA verlegen, denn er braucht mehr Platz: Die Zahl der Mitarbeiter ist in den vergangenen zehn Jahren von elf auf 40 gewachsen.
Sky One Bahnstadt Heidelberg
In das rund 21.000 Quadratmeter große Forschungs- und Bürogebäude am Eingang zur Bahnstadt wird Ascendis Pharma mit seiner deutschen Zentrale einziehen. Dem Bürotrakt, in Nachbarschaft zu Zollhofgarten, Kongresszentrum und Europaplatz, kommt eine Torfunktion zu. Die größte Herausforderung bei der Planung sei gewesen: „Wie integriert man ein Laborgebäude in einem Stadtteil, der vorrangig Wohngebiet ist“, erklärt Christian Kreiselmaier von Werkstadt Fischer Architekten in Mannheim, die das rund 60 Millionen Euro teure Projekt für den Bauherrn Skylabs S.à.r.l. geplant hat.
Etwa drei Viertel der Fläche sollen für Labore genutzt werden. Ebenso komplex sei die geforderte Energieeffizienz gewesen, da in der Bahnstadt Passivhausstandard vorgeschrieben sei. „Es ist schwierig, ein energieeffizientes Laborgebäude zu bauen“, so Kreiselmaier. Bei der Planung haben die Architekten langfristig gedacht: Der Bau ließe sich an veränderte Nutzungskonzepte anpassen und umgestalten.
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