Rhein-Neckar. Wer in diesen Tagen Heizöl tanken muss, ist nicht zu beneiden. Die Preise haben zuletzt wieder empfindlich angezogen. Das gilt umso mehr in Baden-Württemberg, dem südlichen Hessen und Bayern. Denn im Süden ist das Heizöl nämlich immer noch etwas teurer als im Norden. Der Inhaber des Heizöl-Infoportals Tecson, Thomas Petersen, macht dafür vor allem längere Transportwege von den Seehäfen im Norden zu den Raffinerien im Süden, die das Rohöl weiterverarbeiten, verantwortlich. Bereits in einem normalen Marktumfeld betrage die Preisdifferenz zwischen einem und drei Prozent, bestätigt der Inhaber der Preisvergleichsplattform Heizöl 24, Oliver Klapschus. Aber dieses Jahr ist kein normales Jahr.
Der Krieg in der Ukraine, Sanktionen auf russische Öllieferungen, ausbleibender Regen und niedrige Pegelstände der Flüsse sorgten dafür, dass die ohnehin bestehenden regionalen Preisunterschiede größer ausfallen als gewöhnlich. Kamen vor einem Jahr noch etwa 35 Prozent aller Ölimporte aus Russland, sind es inzwischen nach Angaben des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) nur noch etwa 10 Prozent. Die Abhängigkeit sei gesunken, so das BMWK, Lieferstrukturen hätten sich verschoben.
Zusätzlich führte eine Überlastung des Schienennetzes dazu, dass Raffinerien teilweise nur im Teillastbetrieb arbeiten konnten, erklärt der Wirtschaftsverband Fuels & Energie (en2x,). Eingeschränkte Transportkapazitäten treiben die Kosten. Und dann fiel auch noch die einzige Raffinerie in Österreich zeitweise aus. „Die regionalen Verteilungsprozesse bei Heizöl sind diffizil“, sagt Klapschus: „Jede Störung hat große Auswirkungen“.
„In dieser Heizsaison ziehen extrem hohe Preise für Gas, Strom und Holz die Mineralölpreise mit rauf“, beobachtet Tecson: „Viele Gewerbekunden reaktivieren ihre Öltanks und Ölbrenner“. Im Süden macht sich all das auch deshalb stärker bemerkbar, weil der Anteil an Ölheizungen größer ist als im Norden. „Von fünf Millionen Ölheizungen in Deutschland befinden sich zwei Millionen in Bayern und Baden-Württemberg“, sagt Klapschus. „Saisonale Nachfrageeffekte schlagen deshalb stärker durch“.
Generell folgen Heizölpreise vor allem den Beschaffungskosten, also den Weltmarktpreisen für Benzin, Diesel und Heizöl. Heizöl ist ein Derivat des Rohöls und dem Diesel chemisch sehr ähnlich. Rohöl und Raffinerieprodukte werden an getrennten Märkten gehandelt. Die knappen Raffineriekapazitäten sorgen nach Angaben des Branchenverbands zunehmend dafür, dass sich die Preise für Mineralölprodukte vom Rohölpreis entkoppeln: „Das bedeutet: Nicht Rohöl am Weltmarkt ist knapp, wohl aber die daraus hergestellten Produkte“.
Im Moment spüren die Besitzer von Ölheizungen natürlich auch den nahenden Winter. „Mit den überraschend niedrigen Temperaturen Ende September rückte die nahende Heizperiode ins Bewusstsein“, sagt Eric Heymann, Volkswirt bei der Deutschen Bank Research. Tecson registriert regionale Knappheiten und lange Lieferzeiten.
Zusätzlich kürzen jetzt auch noch die Öl-Förderländer der OPEC die Produktion: „Mit dem aktuellen OPEC-Beschluss ist davon auszugehen, dass die Mineralölpreise weiter klettern werden“, prognostiziert Tecson. Die erdölexportierenden Staaten hatten in der vergangenen Woche bekannt gegeben, ihre Förderung um insgesamt zwei Millionen Barrel am Tag zu kürzen. Sie reagierten damit auf die sich abkühlende Konjunktur in vielen Teilen der Welt. Die Förderländer antizipieren eine sinkende Nachfrage und fahren die Produktion zurück. Damit hatte der Markt allerdings gerechnet und die erwarteten Effekte über Preiserhöhungen ein Stück weit vorweggenommen.
Verschärft werden die Wirkungen von Preiserhöhungen durch den schwächelnden Euro, der die Ölimporte zusätzlich verteuert. „Mit den Preissetzungen der Heizölhändler ergaben sich in allen Regionen bereits merkliche Verteuerungen in einem Bereich von zwei bis viereinhalb Cent pro Liter“, registriert Tecson. Besserung sei erst einmal nicht in Sicht.
Inzwischen dämpfen allerdings weltweite Konjunktursorgen den Preisanstieg. Wenn die Industrie weniger produziert, sinkt die Nachfrage nach Brennstoffen. Die Heizölpreise befänden sich dennoch auf sehr hohem Preisniveau, registriert Tecson. Noch unklar sind aktuell die Folgen des Lecks an der Druschba-Ölpipeline, die russisches Öl nach Mitteleuropa liefert.
In Frankreich gehen überdies die Streiks in den Raffinerien weiter. Die Kraftstoffproduktion ist dadurch seit Wochen deutlich verringert.
„Die dramatisch gestiegenen Preise für Wärmeenergie drohen die finanzielle Leistungsfähigkeit privater Haushalte und Unternehmen in erheblichem Ausmaß zu überfordern“, meldet der Verband für Energiehandel Südwest-Mitte, der die Interessen von rund 350 Mitgliedsfirmen - unter anderem aus Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und Hessen - vertritt. Die Bestellaktivität der Heizölverbraucher sei zuletzt stark zurückgegangen, registriert Tecson. Allerdings sind durch den vorausgegangenen Bestellboom die Auftragsbücher bei den Heizölhändlern voll. Die Lieferzeiten bewegen sich bei drei bis fünf Wochen.
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