Online-Handel

Kann ich kaufen, was andere zurückgeben?

Amazon bietet Retourenware zu günstigen Preisen auf seiner Plattform an. Experten erklären, wie Kundinnen und Kunden Fehlkäufe vermeiden

Von 
Olivia Dittrich
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2021 schickten alleine die Deutschen etwa 1,3 Milliarden Artikel als Retoure an Online-Händler zurück. © Moritz Frankenberg/dpa

Berlin. Bücher, Tablets, Küchengeräte - nur der Hinweis „gebrauchter Artikel“ verrät, dass es sich um Retouren-Ware („B-Ware“) handelt. Ein Klick weiter und man kann zwischen dem Zustand „gut“, „sehr gut“ und „wie neu“ wählen. Auf „Amazons Retourenkauf“, vormals „Amazon Warehouse“, bietet der Versandhändler Artikel zu reduzierten Preisen an. Was müssen Käufer dabei beachten?

Bei Retouren versuchen Händler, ihren Verlust zu minimieren

Laut Statistischem Bundesamt haben vergangenes Jahr 82 Prozent der Deutschen im Alter von 16 bis 74 Jahren mindestens einmal online eingekauft. Wo viel geshoppt wird, wird aber auch viel retourniert: Der Bundesverband E-Commerce und Versandhandel (BEVH) schätzt, dass in Deutschland 2021 rund 530 Millionen Pakete und etwa 1,3 Milliarden Artikel als Retoure wieder zurückgeschickt wurden. Das Kölner Handelsforschungsinstitut EHI und die Verbraucherzentrale schätzen, dass jedes zweite Paket bei Bekleidungskäufen im Internet an den Händler retourniert wird. Das seien täglich etwa 800 000 Pakete, was ungefähr 400 Tonnen CO2 oder 255 Autofahrten von Frankfurt nach Peking entspreche.

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Neben der großen Umweltbelastung sind Retouren für die Online-Händler ein riesiges Verlustgeschäft, wie Konstantinos Vasiadis erklärt. Sein Unternehmen Elvinci.de handle selbst mit Retouren und bewege täglich viele Tonnen davon für große Versandhändler von A nach B. Vasiadis seien die Kosten von Überproduktion und Rücksendungen bestens bekannt, sagt er. Zwar würden Händler schon in den Einkaufspreis gewisse Retourkosten einberechnen, das reiche aber in der Regel nicht. „Die Umweltbelastung, die Logistik und erneute Vermarktung sind bei Retouren mit niedrigem Warenwert deutlich kostenintensiver, als wenn man die Ware einfach entsorgt“, so Vasiadis. Mit dem Verkauf von Retoure-Produkten würden Händler versuchen, den Verlust zu minimieren. Im besten Fall kämen sie „auf eine schwarze Null“.

Auf Anfrage dieser Redaktion teilte das Unternehmen Amazon mit, dass 2023 „die meisten der zurückgegebenen Produkte in Europa und den USA“ wieder als neu verkauft werden konnten. In Europa hätten Kunden über Amazon Retourenkauf allein im Jahr 2022 „weit über zehn Millionen geöffnete oder gebrauchte Produkte gekauft - etwa Smartphones, Laptops, Tablets oder Haushalts- und Küchengeräte.“ Erst nach einer „gründlichen Prüfung“ würde man die zurückgeschickten Artikel wieder als Neuware anbieten. Und auch nur, wenn die Ware Amazons „hohen Qualitätsanforderungen“ genüge. Geöffnete und kaum verwendete Produkte würden repariert, dann mit Hinweisen auf den Zustand über den Retourenkauf-Marktplatz bis zu 80 Prozent günstiger verkauft.

„Man muss ganz genau schauen, wie die Artikel beschrieben sind“

Schnäppchen dieser Dimension verleiten zum schnellen Klick auf den „Kaufen“-Button. Kathrin Bartsch, Rechtsexpertin der Verbraucherzentrale Niedersachsen, rät jedoch zur Vorsicht: „Beim Kauf von B-Ware, aber auch gebrauchter Ware, muss man ganz genau schauen, wie die Artikel bei dem Anbieter beschrieben sind.“ Insbesondere Smartphones und Tablets hätten hin und wieder leichte Macken, wie beispielsweise kleine Kratzer auf dem Display, die „manch einen Käufer im Nachhinein stören könnten“. Die Rechtsexpertin empfiehlt zudem, sich vor dem Kauf zu überlegen, welche Eigenschaften bei Laptop, Handy und Co. für einen besonders wichtig sind.

Es biete sich außerdem an, im Internet zu recherchieren, bei welchem Anbieter man das Produkt am günstigsten oder auch mit einem guten Preis-Leistungs-Verhältnis erwerben kann, so Bartsch. Am wichtigsten sei aber das Kleingedruckte: „Man sollte als Käufer schauen, ob der Anbieter über die Gewährleistung hinaus Garantien anbietet. Welche das sind und ob diese auch nützen, steht in den Garantiebedingungen.“

Da Garantien nicht gesetzlich vorgeschrieben sind, können die Hersteller oder Verkäufer darüber selbst entscheiden. Stiftung Warentest zufolge wird bei B-Waren-Händlern oft garantiert, dass ein Gerät ein bis zwei Jahre funktioniert, wenn es der Kunde oder die Kundin „normal benutzt“. Wichtig zu wissen sei auch: „Bei B-Ware läuft die Garantie oft ab dem ersten Kauf. Wenn Sie ein refurbished, also ein aufgearbeitetes Produkt oder eine Retoure kaufen, kann es also sein, dass ein Teil der Garantiezeit bereits abgelaufen ist und es nur noch eine Restgarantie gibt“, so Stiftung Warentest.

Der Abschlag sei größer als die bisherige Nutzung, so ein Kenner

Auf der Suche nach dem perfekten Deal könnte man also auf Retourenkauf-Marktplätzen durchaus fündig werden: Das Preis-Leistung-Verhältnis sei einfach sehr gut, sagt Unternehmer Vasiadis. Der Abschlag auf Ware sei dort in der Regel viel größer als die tatsächliche bisherige Nutzung des Produkts. „Eine Waschmaschine beispielsweise, die eine Woche nach dem Kauf retourniert wurde, hat in der Zeit vielleicht fünf bis zehn Mal gewaschen. Eine Waschmaschine kann aber theoretisch 1500 bis 5000 Mal waschen. Das Haushaltsgerät hat also nur einen Bruchteil seines Lebenszyklus hinter sich und wird dort nun 20 bis 25 Prozent günstiger angeboten.“ Das Einzige, was die Menschen vom nachhaltigen Kauf abhalten würde, sei die Annahme, dass es sich um Produkte zweiter Klasse handle, sagt Vasiadis, „dabei sind sie wie neu“.

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