Berlin. Von geheim gehaltenen Wegen zum schnellen Reichtum oder einer fehlenden Bestätigung der Telefonnummer ist in E-Mails häufig die Rede. Da fordern vorgebliche Banken persönliche Daten an, preisen selbst ernannte Krypto-Gurus Anlagestrategien, versprechen Börsenfirmen schnelle Gewinne und finanzielle Unabhängigkeit durch ihre Handelsstrategien. Das Internet ist voll von Betrugsversuchen, dem sogenannten Scamming.
Einen typischen Fall hat die Mainzer Polizei kürzlich publik gemacht. 150.000 Euro büßte das 53-jährige Opfer durch fingierte Aktien- und Kryptowährungskäufen ein. Über eine Anzeige in den sozialen Medien geriet er in eine WhatsApp-Gruppe, in der es angeblich um Aktientipps gehen sollte. Dort wurde eine Handels-App propagiert, die er dann auch installierte und den vorgeblichen Brokern zunächst 50.000 Euro überwies. Daraus wurden in der App schnell 200.000 Euro. Der vermeintliche Gewinn veranlasste ihn, weitere 100.000 Euro einzuzahlen. Dann flog der Betrug auf. Doch das Geld war schon futsch.
Prominente werden für kriminelle Zwecke missbraucht
„Kriminelle nutzen zunehmend professionelle Plattformen und Kommunikationskanäle, um Anleger zu täuschen“, warnen die Ermittler. Häufig köderten sie Anleger über soziale Netzwerke. Auch mit prominenten Namen gehen die Abzocker auf Kundenfang. So werden zum Beispiel Stars aus der Unterhaltungsbranche ohne ihr Wissen als Werbeträger eingesetzt. Auch bedienen sich die Täter der Namen bekannter Unternehmen, um Vertrauen zu erwecken. Betroffene Unternehmen weisen auf möglichen Namensklau hin. Vorsicht sei geboten, wenn man unerwartete Anrufe, Nachrichten oder E-Mails angeblich von der DWS bekomme, warnt die Fondsgesellschaft der Deutschen Bank: „Geben Sie keine persönlichen Daten preis und leisten Sie keine Zahlungen.“
Von diesem Vorgehen ist auch die Lernplattform „Tradingfreaks“ nach eigenen Angaben betroffen. Mit ihrem Namen würden Anleger zu professionell gefälschten Handelsplattformen geleitet. Das dort eingezahlte Geld sei dann verloren. Besonders perfide ist die anschließende Methode, das Opfer noch weiter auszunehmen. Bei ihm oder ihr melde sich ein „Anwalt“ oder „Ermittler“, der gegen eine Vorauszahlung verspricht, das Geld wieder hereinzuholen. Diese „Gebühr“ ist dann auch noch verschwunden. Mitunter geben sich die Anrufer als Mitarbeiter einer Verbraucherzentrale aus.
Betrug ist ein Milliardengeschäft
Wie hoch der jährliche Schaden durch derlei Maschen ist, weiß derzeit niemand. Aber das Ausmaß der illegalen Angebote ist immens. Allein 800 Webseiten hat das Landeskriminalamt Baden-Württemberg im Zuge einer Ermittlung sperren lassen. Dabei ging es um das sogenannte „Cybertrading Fraud“, bei dem den Opfern hohe Gewinne mit Kryptowährungen in Aussicht gestellt wurden. Eine Recherche des Journalistennetzwerks „Legion“, unter anderem von der ARD, hat sich mit den mafiösen Strukturen dieser Kriminalität befasst. Heraus kam dabei, dass die Betrüger in großem Stil aus Ländern wie Thailand oder Myanmar heraus weltweit operieren und damit Milliardenumsätze erzielen.
Die Autoren sprechen von einer Scamming-Industrie, die Hunderte Leute als Handlanger beschäftige und dabei auch vor Zwangsarbeit und Folter nicht zurückschrecke. Ihren Einblick in die Hintergründe der Taten haben die Autoren in dem hörenswerten Podcast „House of Scams“ zusammengefasst.
Von Gier und fehlendem Finanzwissen
Doch wie erreichen die Täter ihre Opfer? Es ist eine Mischung aus Gier, fehlendem Finanzwissen und einer professionellen Ansprache mit vermeintlich seriösem Hintergrund, welche die Opfer in eine Falle tappen lässt. Ist der Kontakt erst einmal zustande gekommen, etwa per E-Mail, wenden die Täter psychologisch ausgeklügelte Strategien an, um die Opfer zum Einsatz ihres Geldes zu bewegen. Inhaltlich haben sie dabei meist ein leichtes Spiel.
Von spekulativen Finanzprodukten haben die wenigsten Anleger konkrete Kenntnisse. Beim Daytrading, also dem kurzfristigen Kauf und Verkauf von zum Beispiel Aktien oder Optionsscheinen, stehen hohe Gewinnchancen in der Regel noch höhere Verlustrisiken gegenüber. Bei Kryptowährungen sehen die Anleger die enormen Kurssprünge in den Medien. Wie riskant der Kauf von Bitcoin & Co tatsächlich ist, wird weniger wahrgenommen. Die Unkenntnis machen sich unseriöse Portale und ihre Handlanger zunutze.
„Vorsicht bei Einladungen zu Online-Finanzakademien“
Die Vermittlung von Finanzwissen ist selbst zum Geschäftszweig geworden. Private Akademien bieten Lehrgänge zum Handel mit Wertpapieren an und lassen sich für ihre Seminare mitunter auch gut bezahlen. Mehrere Tausend Euro kann so eine „Ausbildung“ schon einmal kosten. Neben seriösen Angeboten sind auch auf diesem Feld Abzocker unterwegs. So riet die Bundesfinanzaufsicht (Bafin) schon 2022 zur „Vorsicht bei Einladungen zu Online-Finanzakademien“. Die Anbieter hätte es vor allem auf junge Leute abgesehen, versprächen schnellen Reichtum und einen luxuriösen Lebensstil.
Zwischen seriösen und zwielichtigen Angeboten bei der Finanzbildung oder auch der Geldanlage zu unterscheiden, ist angesichts der professionellen Vorgehensweise von Betrügern schwierig. Eine erste Hilfestellung bietet die Aufsichtsbehörde unter www.bafin.de. Auf der Webseite gibt es eine Warnliste, auf der problematische, illegale Angebote aufgeführt werden. Auch eine Unternehmensdatenbank findet sich auf dem Portal. Dort können Anleger nachschauen, ob ihr Anbieter registriert ist.
Aktueller Trend beim Scamming sind sogenannte Tradingplattformen
Darüber hinaus hat die Polizei Tipps zum Schutz vor Abzockern zusammengestellt. Die wichtigsten appellieren an den gesunden Menschenverstand. Hohe Gewinnversprechen sollten skeptisch machen, persönliche Daten nicht preisgegeben, der Anbieter eingehend geprüft und im Zweifel eine seriöse Beratung etwa durch die Hausbank oder eine Verbraucherzentrale gesucht werden.
Ein aktueller Trend beim Scamming sind sogenannte Tradingplattformen. Sie werben für angeblich lukrative Anlagen in Kryptowährungen, Derivaten und anderen komplexen Finanzprodukten. Den Betrügern geht es erst einmal darum, an die Telefonnummern von Interessenten zu kommen. Lässt sich jemand darauf ein, klingelt bald das Telefon und die Werbetour geht los.
Nach Angaben der Verbraucherzentralen wird meist zunächst nur ein geringer Betrag von 250 Euro für den Einstieg benötigt. Nach einer Einzahlung wird daraus schnell mehr – auf dem Bildschirm. So werden die Opfer zu höheren Einzahlungen geködert. Die angeblichen Gewinne existieren aber gar nicht. Das merken Anleger erst, wenn sie eine Auszahlung einfordern.
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