Handel

Wem US-Zölle nützen könnten

Donald Trumps Vorhaben bedrohen deutsche Unternehmen, doch Verbraucher könnten sogar profitieren

Von 
Beate Kranz
Lesedauer: 
Deutsche Unternehmen verkauften zuletzt Waren im Wert von rund 158 Milliarden Euro in die USA. © Ingo Wagner/dpa

Berlin. Donald Trump hat es geschafft. Der Republikaner wird im nächsten Jahr zum zweiten Mal als Präsident ins Weiße Haus einziehen. Nicht nur die Politik, auch die Wirtschaft steht damit voraussichtlich vor einem Kurswechsel. Ökonomen erwarten einschneidende Veränderungen – auch für Deutschland.

Trump gilt als Verfechter des Protektionismus. Sein Ziel ist es, die heimische Wirtschaft zu stärken, auch auf Kosten alter Handelspartner und des Freihandels. So kündigte er in seinem Wahlkampf an, Einfuhrzölle von 10 bis 20 Prozent auf Produkte der Europäischen Union einzuführen. Chinesischen Unternehmen drohen sogar Zölle von bis zu 60 Prozent.

Top-Ökonomen sehen die Pläne für Zollerhöhungen für die Exportnation Deutschland mit großer Sorge. Dies würde „die exportorientierte deutsche Wirtschaft hart treffen“, sagt der Direktor des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW), Michael Hüther, dieser Redaktion. „Vor allem exportintensive Branchen wie der Maschinenbau, die Automobil- und die Pharmaindustrie wären stark betroffen, da sie überdurchschnittlich hohe Exportquoten in die USA aufweisen.“

Teurere Produkte ließen sich schwerer verkaufen, niedrigere Absätze seien die Folge. „Die Zölle erhöhen die Kosten für importierte Produkte in den USA, wodurch deren Wettbewerbsfähigkeit gegenüber heimischen Erzeugnissen sinkt“, sagt Hüther. „Die ohnehin schwache deutsche Wirtschaft würde darunter erheblich leiden.“ Der Präsident des Bundesverbandes Großhandel, Außenhandel, Dienstleistungen (BGA), Dirk Jandura, fürchtet darüber hinaus Gegenreaktionen der EU: „Unter einem Handelskrieg mit gegenseitigen Handelsbarrieren würden beide Seiten leiden. Da gibt es keine Gewinner.“

Auch der Direktor des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK), Sebastian Dullien, ist überzeugt: „Zölle in einer solchen Höhe würden die Gewinnmargen deutscher Unternehmen deutlich belasten. In einigen Fällen dürften deutsche Exporte damit in den USA nicht mehr wettbewerbsfähig sein.“

Etwa zehn Prozent der Exporte gehen in die Vereinigten Staaten

Aktuell sind die USA für Deutschland ein wichtiger Handelspartner. Etwa zehn Prozent der deutschen Exporte gehen im Wert von rund 158 Milliarden Euro in die Vereinigten Staaten: insbesondere Pharmaprodukte, Maschinen, Autos, Kfz-Teile sowie Datenverarbeitungsgeräte und chemische Erzeugnisse. Bei Importen stehen die USA auf Platz drei mit 94,7 Milliarden Euro - nach China und den Niederlanden. Für deutsche Firmen wird es aus Sicht von Dullien nicht leicht, neue Absatzmärkte als Ersatz für wegbrechende US-Exporte zu finden.

Eine Möglichkeit, um gegenzusteuern, wäre, den EU-Binnenmarkt zu stärken, etwa durch ein schnelles, kreditfinanziertes öffentliches Investitionsprogramm, schlägt Dullien vor: „Das hätte das Potenzial, den Zollschock zu einem beträchtlichen Teil abzufedern.“

Die Groß- und Außenhändler diversifizieren bereits seit mehreren Jahren ihre Lieferketten, um resilienter zu werden, sagt Jandura. Der BGA-Chef mahnt deshalb den Abschluss weiterer Freihandelsabkommen wie den lateinamerikanischen Mercosur an, um verlässlich planen und handeln zu können. Auch der Ausbau der eigenen wirtschaftlichen Stärke auf europäischer Ebene sei wichtig. Grundsätzlich hofft der BGA-Verbandspräsident auf weiter gute transatlantische Beziehungen: „Trotzdem müssen wir uns in Deutschland und Europa warm anziehen, der Gegenwind aus den USA wird schärfer wehen.“

Der IW-Präsident erwartet auch Auswirkungen auf die Konjunktur: „Eine Zollerhöhung von zehn Prozent auf alle Einfuhren und ein 60-prozentiger Zoll auf chinesische Einfuhren würde das BIP in Deutschland nächstes Jahr um circa 0,3 Prozent und die Jahre danach um bis zu 1,2 Prozent reduzieren“, prognostiziert Hüther.

Hinzu komme: Die Zollpolitik Trumps könnte auch die Bereitschaft deutscher Unternehmen, Betriebsstätten in die USA zu verlegen, weiter anheizen. In den Vereinigten Staaten locken neben Steuerbegünstigungen durch das milliardenschwere Investitionsprogramm IRA (Inflation Reduction Act) auch der Vorteil, durch eine Produktion in den USA Zölle zu vermeiden, so Hüther.

Bei Zollerhöhungen könnte die Inflation leicht sinken

Für die Inflation geben die Ökonomen Entwarnung: „Es ist nicht zu erwarten, dass sich das Preisniveau stark erhöht, solange die Energiepreise stabil bleiben“, meint Hüther. „Werden die angedrohten Zollerhöhungen umgesetzt, zeigen unsere Simulationen, dass die Inflation leicht sinken könnte. Dies wäre auf die geringere Nachfrage infolge des wirtschaftlichen Abschwungs und auf die Unterauslastung der Produktion aufgrund rückläufiger Exporte zurückzuführen.“

Auch Dullien rechnet durch die US-Zölle eher mit sinkenden Preisen in Deutschland. „Produkte, die - etwa aus China - wegen höherer Zölle nicht mehr in den USA verkauft würden, könnten auf den europäischen Markt strömen. Das würde die Preise in Europa eher drücken.“ Der IMK-Direktor glaubt deshalb: „Die US-Zölle sind schlecht für Unternehmen und Jobs in Deutschland, aber nicht für die Verbraucherinnen und Verbraucher beim Einkauf.“

Autor

Copyright © 2025 Mannheimer Morgen

VG WORT Zählmarke