Mannheim. Mehr als fünf Millionen Menschen in Deutschland sind pflegebedürftig. Viele wären hilflos, wenn sie nicht zu Hause von Angehörigen gepflegt würden. Ohne deren Einsatz würde die Pflege zusammenbrechen. Wenn sie deswegen beruflich zurückstecken, bekommen sie im Alter einen Ausgleich von der Pflegekasse: Sie zahlt für sie Beiträge in die gesetzliche Rentenversicherung ein. Ende 2023 profitierten davon fast 1,1 Millionen Pflegende, so die neuesten Zahlen der Deutschen Rentenversicherung Bund. Ein Überblick über die wichtigsten Regeln:
Wie funktioniert die Rentenversicherung von Pflegenden?
Voraussetzung ist, dass der Pflegebedürftige eine Pflegeversicherung hat. Diese muss für den Pflegenden ganz normale Rentenbeiträge zahlen; er selbst muss keinen Eigenanteil leisten. Er erwirbt damit Rentenansprüche. Ist der Pflegebedürftige bei einer gesetzlichen Pflegekasse pflichtversichert, ist sie zuständig. Hat er eine private Pflegeversicherung, muss diese zahlen. Bei Beihilfeberechtigten, also Beamten, sind es die entsprechenden Stellen.
Unter welchen Bedingungen kann ich durch die Pflege von Angehörigen Rentenansprüche erwerben?
Es gibt mehrere Voraussetzungen: Der Pflegebedürftige muss mindestens Pflegegrad 2 haben. Diese Einstufung legt der Medizinische Dienst der Krankenkassen fest. Gepflegt werden muss mindestens zehn Stunden pro Woche, verteilt auf mindestens zwei Tage, und das nicht nur vorübergehend. Zudem darf der Pflegende nicht mehr als 30 Stunden pro Woche einer Erwerbstätigkeit nachgehen. Er oder sie darf also keinen Vollzeitjob haben.
Versichert bei der Pflege
- Wer Angehörige oder andere zu Hause pflegt, ist auch durch die gesetzliche Unfallversicherung abgesichert für den Fall, dass sie oder er einen Unfall oder eine Berufskrankheit erleidet oder sich beim Pflegebedürftigen infiziert, wenn die Pflege hierfür ursächlich war.
- Die Beiträge müssen die Kommunen zahlen, weder Pflegebedürftige noch Pflegende werden belastet . Die Voraussetzungen: mindestens Pflegegrad 2, unentgeltliche Pflege in häuslicher Umgebung (nicht im Pflegeheim), mindestens 10 Stunden pro Woche verteilt auf mindestens zwei Tage.
- Die Pflegeperson muss dies nicht anmelden und keinen Antrag stellen , erläutern die Verbraucherzentralen.
Spielt es eine Rolle, wo ich meine Mutter betreue?
Die Pflege muss in häuslicher Umgebung erfolgen. Das kann die Wohnung des Pflegebedürftigen sein, möglicherweise auch ein Seniorenheim. Der Einsatz eines professionellen Pflegedienstes ist ebenso möglich, wie der Besuch einer Tagespflege. Ihre Mutter kann auch zu Ihnen ziehen. Sie darf aber nicht in einem Pflege- oder Behindertenheim untergebracht sein. Ausnahme: Sie holen sie an jedem Wochenende regelmäßig an zwei Tagen wenigstens zehn Stunden zu sich nach Hause.
Gibt es den Rentenanspruch nur für Verwandte?
Nein. Zwar pflegen meist Angehörige. Aber berücksichtigt wird jede Pflege, auch beispielsweise durch Nachbarn oder eine Freundin. Wichtig ist nur, dass sie nicht erwerbsmäßig erfolgt, also weder im Hauptberuf noch im Minijob. Kein Problem ist, wenn eine finanzielle Anerkennung gezahlt wird, wenn etwa der Pflegende das Pflegegeld erhält.
Bekomme ich mehr Rente, weil ich meine Mutter 20 Stunden pro Woche pflege?
Nein. Es gibt nur die Mindestzeit von zehn Stunden pro Woche, verteilt auf mindestens zwei Tage. Ist die tatsächliche Stundenzahl höher, wird dies nicht berücksichtigt. Entscheidend sind vielmehr zwei Faktoren: Zum einen der Pflegegrad des Pflegebedürftigen - je höher er ist, desto mehr Rente winkt. Zum anderen wirkt sich aus, welche Leistungen er von der Pflegeversicherung bekommt. Zahlt sie Pflegegeld, gibt es mehr als bei Sachleistungen für ambulante Pflege, also wenn auch ein professioneller Pflegedienst im Einsatz ist, oder bei einer Kombination aus beidem.
Bei der Pflege meiner Mutter komme ich nur auf acht Stunden pro Woche. Ich kümmere mich aber auch um meinen Vater.
Der erforderliche Mindestumfang kann auch erreicht werden, indem der Pflegeaufwand für mehrere Personen zusammengerechnet wird, vorausgesetzt beide haben mindestens Pflegegrad 2. Umgekehrt ist es auch möglich, dass mehrere Personen, die gemeinsam einen Pflegebedürftigen betreuen, die Rentenansprüche untereinander aufteilen. Allerdings bekommt ihn jeder nur anteilig. Zudem muss jeder auf mindestens zehn Stunden an zwei Tagen in der Woche kommen.
Ich habe keinen Job. Bekomme ich trotzdem Rentenansprüche?
Ja, eine sozialversicherungspflichtige Berufstätigkeit ist nicht Voraussetzung. Durch die Pflege ist es möglich, bestimmte Mindestversicherungszeiten in der Rentenversicherung zu erreichen, etwa für die Rente mit 63 nach 35 Versicherungsjahren.
Ich bin bereits in Rente. Gehe ich leer aus?
Nur wenn Sie die Regelaltersgrenze erreicht haben und die volle Rente beziehen. Allerdings können Sie die Flexirente nutzen, bei der nur ein Teil der vollen Rente ausgezahlt wird und daneben zusätzliche Rentenansprüche erworben werden können. Es reicht schon eine Flexirente von 99,99 Prozent, wodurch sie nur wenige Cent im Monat niedriger ausfällt. Es ist auch möglich, nachträglich von der vollen Rente in die Flexirente zu wechseln.
Wie viel Rente bringt die Pflege?
Die Rente zahlt die gesetzliche Rentenversicherung, und zwar nicht als Extra-Pflegerente, sondern als Teil der normalen Altersrente. Beim Rentenzahlbetrag gibt es seit Anfang 2025 keinen Unterschied mehr zwischen West- und Ostdeutschland. Beim Pflegegrad 3 beispielsweise winkt für ein Jahr Pflege eine monatliche Rente von 15,05 EUR, wenn der Pflegebedürftige Pflegegeld bezieht. Erhält er Sachleistungen, sind es 10,53 EUR. Die Beträge sind also eher bescheiden, insbesondere wenn man bedenkt, dass auch ein Teilzeitjob weniger Rente bedeutet.
Wo muss ich die Pflegerente beantragen?
Normalerweise ist kein Antrag nötig. Vielmehr verschickt die Pflegeversicherung zusammen mit dem Pflegeantrag den „Fragebogen zur Zahlung der Beiträge zur sozialen Sicherung für nicht erwerbsmäßig tätige Pflegepersonen“, in dem die nötigen Daten der Pflegenden erfasst werden. Auch sollte der Gutachter des Medizinischen Diensts ermitteln, wer pflegt und in welchem Umfang. Er muss bestätigen, wie viele Stunden pro Woche nötig sind; eine Selbsteinschätzung reicht nicht. Vorsicht: Pflegezeiten werden nicht nachträglich anerkannt, sondern erst ab dem Zeitpunkt, an dem der Fragebogen an die Pflegekasse geschickt wurde. Wer sich nicht sicher ist, ob seine Pflege erfasst wird, sollte sich vergewissern. Und zwar nicht bei der Rentenversicherung, sondern bei der Pflegekasse des Pflegebedürftigen. Sie müssen also herausfinden, wo er abgesichert ist.
Wo kann ich mich informieren?
Bei der Deutschen Rentenversicherung gibt es, auch im Internet, eine ausführliche Broschüre: „Rente für Pflegepersonen: Ihr Einsatz lohnt sich“.
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