Mannheim. Deutlich mehr als 15 000 Menschen haben am Samstag in Mannheim auf dem Alten Meßplatz gegen Rechtsextremismus demonstriert. Die Polizei ging von bis zu 20 000 Menschen in der Spitze aus, der Veranstalter von 25 000. Initiiert worden war die Versammlung „Nie wieder ist Jetzt! Demokratie und Vielfalt erhalten!“ von Grünen-Stadtrat Gerhard Fontagnier und der Vorsitzenden des Migrationsbeirats der Stadt, Zahra Alibabanezhad Salem. Die Organisatoren sprechen von der „größten politischen Kundgebung der Stadtgeschichte“.
Oberbürgermeister Christian Specht (CDU) erklärte, in Mannheim sei jeder und jede willkommen – unabhängig von Herkunft, Religion oder Hautfarbe. Am Jahrestag der Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz bezeichnete er die von Correctiv enthüllten Vertreibungspläne von Rechtsextremen als „Schande“. Eine völkisch-nationalistische Ideologie stehe „im krassen Widerspruch zu allem“, wofür Mannheim stehe. „Unser Mannheim wäre ohne Zuwanderung nicht denkbar“, sagte Specht und betonte, dass Gastarbeiter genauso zur Stadtgesellschaft zählten wie deren Kinder und Enkel.
Während der Rede versammelten sich Vertreter von Grünen, SPD, CDU, FDP und Linke hinter Specht auf der Bühne. Neben dem erwartbaren Fehlen der AfD fehlte auch die Mannheimer Liste (ML) auf der Bühne. Die ML führt am Sonntag hingegen an, dass Mitglieder der Partei unter den Teilnehmern gewesen seien. Fontagnier habe die ML bei Planungen „bewusst ausgegrenzt“, erklärt Vorsitzende Christiane Fuchs dieser Redaktion. „Fakt ist auch, dass wir keine Einladung hatten, auf die Bühne zu kommen.“
Ärger wegen Palästina-Flaggen
Kritik gab es an Tonproblemen während der gesamten Veranstaltung. So waren Redebeiträge nur im vorderen Teil des Alten Meßplatzes zu hören – bereits ab der Mitte war es schwierig, den Worten auf der Bühne zu folgen, im hinteren Teil nahezu unmöglich. Der Veranstalter bat am Sonntag für die zu kleine Tonanlage um Entschuldigung.
Kritisiert wurde auch die Teilnahme der Gruppe Free Palestine, die mit großen Palästina-Fahnen und Israel-feindlichen Parolen auf den Platz gezogen war. Der Kantor der Jüdischen Gemeinde, Amnon Seelig, erklärte am Sonntag, dass viele Juden die Demo „sofort verließen, als ihnen klar wurde, dass gegen die AfD zu versammeln in Mannheim nur unter der Flagge der Hamas möglich ist“. Auch der Veranstalter zeigte sich „verärgert“ über die Gruppe, die Aufforderungen nicht nachkam, Fahnen und Banner einzuholen.
Die Organisatoren sprachen dennoch von einem „großartigen Erfolg“, den man sich nicht verderben lassen werde. Sie kündigten weitere Aktionen an. Die Kundgebung reihte sich in zahlreiche Versammlungen ein, die auch in anderen Städten stattgefunden haben. Auslöser für die Proteste, die sich vor allem gegen die AfD richten, waren Berichte über ein Treffen in Potsdam, bei dem Rechtsextreme mit Politikern über Pläne diskutiert haben, Menschen mit Migrationshintergrund und unabhängig ihrer Staatsbürgerschaft zu deportieren.
Auch die offizielle Veranstaltung der Stadt Mannheim zum bundesweiten Gedenktag für die NS-Opfer stand im Zeichen der aktuellen Entwicklung. Vor mehr als 300 Gästen im Jüdischen Gemeindezentrum mahnte die Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde, Heidrun Deborah Kämper, „den Antisemitismus der Nazis, der in die Shoa mündete, und den Antisemitismus unserer Gegenwart zusammenzudenken. Sie haben so viel miteinander zu tun.“
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