Klassik

Aussicht auf paradiesische Freuden: Bachchor mit Faurés Requiem

Zum 100. Todestag des französischen Komponisten Gabriel Fauré hat der Bachchor in der Mannheimer Christuskirche seine "Messe de Requiem" aufgeführt - und dabei eher tröstliche statt triste Töne angeschlagen

Von 
Uwe Rauschelbach
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Als Solist bei der Aufführung dabei: Martin Berner. © Martin Berner

Mannheim. Dumpfe Paukenschläge tönen schicksalhaft, doch die Violinen der Sinfonietta Mannheim beschwichtigen düstere Ahnungen mit zärtlich weichen Harmonien. In der von finsteren Nebeln umwaberten Christuskirche herrscht keineswegs trübe Requiem-Stimmung; die Vokalwerke von Johannes Brahms und Gabriel Fauré lassen sich durch den Bachchor eher als versöhnliche Botschaften wahrnehmen.

Brahms’ „Schicksalslied“, das ein Poem Friedrich Hölderlins vertont, thematisiert die Verlorenheit und Aussichtslosigkeit menschlichen Seins; der Bachchor artikuliert das rastlose Irren und Fallen der Kreatur in unruhig aufwogendem Gesang und in einem alarmierenden Unisono, das auch als Protest gegen die herrschenden kosmischen Verhältnisse verstanden werden will. Doch die Sinfonietta Mannheim transformiert die Erfahrungen des Abgründigen mit sanft leuchtendem Posaunenklang in lichtvolle Sphären, als hätten die fernen Götter doch noch ein Einsehen.

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Marion Krall dirigiert Chor und Orchester mit rhythmisch unbestechlicher Zeichengebung. So gelingt weitgehend auch der fugenartige Eingang zu Brahms’ Vertonung von Schillers „Nänie“, in der sich die Holzbläser der Sinfonietta, umflort von pastosen Hörnern, solistisch auszeichnen. Die Chorstatik wirkt stabil, auch die in Laienchören häufig vernachlässigte Tenorlage ist kräftig besetzt, sie hätte vom Orchester gelegentlich etwas zurückhaltender begleitet werden können. Die fließend-hymnischen Harmonien, die jene antike Mythenwelt kolorieren, setzen der Ohnmacht der Götter eine ästhetische Vision der Erlösung gegenüber, die sich als Verklärung des Irdischen deuten lässt.

Auch Gabriel Faurés Requiem ist eine milde Variante der Totenmesse; der „Tag des Zorns“ wird relativ kurz abgefertigt, bevor die elysischen Schlussklänge das menschliche Klagen und Jammern mit paradiesischen Verheißungen zum Verstummen bringen. Die kellertiefen Bässe, die Johannes Michel auf dem Pedalwerk der Steinmeyer-Orgel erzeugt, grundieren die anfänglich durchaus tragische Grundstimmung. Doch die erhabene Gebetshaltung, die Bariton Martin Berner im „Offertoire“ zum Ausdruck bringt und im „Libera me“ mit sonorer Autorität anreichert, entfaltet ihre besänftigende Wirkung und wird vom Chor, angeführt von den jubelnden Sopranistinnen, hymnisch gesteigert.

Serena Hart – sie sprang kurzfristig für Antonia Feurstein ein – singt das „Pie Jesu“ von der Orgelempore und bereichert die spätromantischen Klangwirkungen dieses Satzes mit ätherischen Farbgebungen. Auch das „Agnus Dei“ verströmt liebliche Versöhnungsbereitschaft, bevor die hellen und klar intonierenden Soprane im liturgischen Nachvollzug das ewige Licht anzünden.

Zwar nimmt auch der Komponist in seinem Requiem dem göttlichen Gericht nichts von seiner Schärfe, die der Bachchor mit dramatisierender Dynamik unterstreicht. Doch mit der Aussicht auf paradiesische Freuden lösen sich am Ende alle Spannungen auf. Orgel und Harfe geleiten den sanften Gesang von Chor und Orchester in himmlische Gefilde, wohin weder Zorn noch Rache reichen.

Freier Autor

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