Szene

Der Mannheimer Brückenaward - Ein Fest des Untergrunds

Rebellisch, mutig und auf keinen Fall kommerziell - zum elften Mal hat es der Mannheimer Brückenaward geschafft, das Festivalgelände unter der Mannheimer Eisenbahnbrücke zum Beben zu bringen

Von 
Markus Mertens
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Wild, laut, energisch: Goun beim 11. Brückenaward. © Markus Mertens

Mannheim. Wie rebellisch, mutig und anders die Macher des Mannheimer Brückenawards ihre Wege gehen, ist bekannt und essentieller Bestandteil des Kultfaktors, der es mittlerweile selbst in Reiseführer zur Stadt geschafft hat. Doch auch die größten kulturellen Würfe müssen sich wiederholen, ja, beweisen, um zu verfangen – und genau dazu darf man dem Mannheimer Brückenaward am späten Samstagabend von Herzen gratulieren.

Yolanda Diefenbach und ihre Band überzeugten beim Brückenaward. © Markus Mertens

Denn die Ausnahmestimmung, die sich pünktlich zur elften Auflage bereits am ersten Abend mit Künstlern wie Yin Yin oder How I Left angekündigt hatte, versetzt auch dem zweiten Tag eine Energie, die berührt, animiert und begeistert. Den Anfang machen die zwei Jungs von Goun. Der Sound, der zwischen Gitarre, Gesang und Schlagzeug aus den Boxen dröhnt, vermählt finstersten Noise Rock mit Ambient-Elementen, die bisweilen in eruptiven Soli ihren Gipfel finden. Im Ergebnis ist das am späteren Nachmittag teilweise gewöhnungsbedürftig, aber allemal ein Statement. Deutlich fragiler, aber keinen Deut weniger interessant schreitet die Zeit mit der Heidelberger Singer-Songwriterin Anna Stucky voran, die ganz allein an der Gitarre ihrer Pfade wandelt und mit den Songs ihrer neuen EP „Flowers“ unter Beweis stellt, dass auch heute noch eine aufrichtige, soulige Stimme, Texte zwischen tiefem Schmerz und heiterer Euphorie bei weit geöffnetem Herzen auf der Bühne für Anerkennung sorgen können.

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Wie divers das Lineup, wie heftig die Kontraste hier bisweilen sein können, stellt sich direkt im Folgenden unter Beweis. Denn während der Musiker Amor.vto seinen ganz eigenen brachialen Weg zwischen Spoken Word und Rap findet, um seinen Weltschmerz freizusetzen, fängt die zunehmend größere Gästeschar an der Eisenbahnbrücke in der Neckarstadt zu den sphärischen Klängen von Yolanda Diefenbach und ihrer Band fast schon an zu fliegen. Mit Gongs, Klangschalen und jeder Menge Leidenschaft flirren die Melodien zwischen Indie Pop und World Music und finden ihre Meisterschaft in der starken, stimmlich so versierten Protagonistin Yolanda Diefenbach.

Noch enthusiastischer wird es an diesem Abend nur bei Lokalmatador Gringo Mayer – und das nicht allein, weil die Dunkelheit nun endlich auch die optischen Künste von Projektor Pearson traditionell zu Gesicht bringt. Nein, ein glänzend aufgelegter Mayer feiert mit seinen Jungs eine Brückenaward-Party vom Allerfeinsten. Ein Set, das vom traditionellen „Gibt’s do net“ über das heitere „Viel zu arg“ bis hin zum lautstarken „Ru‘ do driwwe“ die volle Breitseite des Mundart-Pop auf dem Silberteller serviert, zelebriert demnach nicht nur seinen Urheber, sondern auch das Format und seine Fans, zu denen ein bunter Paradiesvogel wie Gringo Mayer besser nicht passen könnte. Denn der Brückenaward ist und bleibt ein musikalisches Fest des Untergrunds – und das ist auch hervorragend so.

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