Filmfestival

IFFMH: Großes Kino auf ganz gegensätzliche Art

Der US-Psychothriller „Dead Mail“ und das indische Liebesdrama „Girls Will Be Girls“ - beides Beiträge in der Wettbewerbssektion des Internationalen Filmfestivals Mannheim-Heidelberg - sind herausragend

Von 
Georg Spindler
Lesedauer: 
Der Film „Girls Will Be Girls“ der indischen Regisseurin Shuchi Talati erzählt von Verliebtheit, Zweifel, Neugier und Rebellentum. © 2020/PLANTA

Mannheim/Heidelberg. Vom ersten Moment an ist die visuelle Sogkraft unwiderstehlich: Ein gefesselter Mann robbt zu einem Briefkasten, in der Hand einen blutverschmierten Zettel mit der Aufschrift „Helft mir“. Der US-Film „Dead Mail“ zieht sofort mitten hinein ins Geschehen. Das Werk des US-Regieduos Joe DeBoer und Kyle McConaghy, das im Wettbewerb des Internationalen Filmfestivals Mannheim-Heidelberg zu sehen ist, will nichts anderes als Spannung bieten. Und das tut es auf famose Art.

John Fleck besticht in der Rolle des Psychopathen Trent

Der Psychothriller handelt von der Freundschaft zweier Nerds. Als der Musikfan Trent Wittington dem Elektro-Ingenieur Josh begegnet, verbindet beide die Obsession, den besten Synthesizer der Welt zu bauen. Trent finanziert das Projekt, doch dann will Josh zu einer japanischen Major-Company gehen. Trent dreht durch. Der bislang so nette, eloquente, lediglich etwas verschrobene Einzelgänger offenbart eine dunkle, psychopathische Seite. Er mutiert zum Mörder und Sadisten.

Die Filmemacher erzählen ihre Geschichte mit außerordentlichem Gespür für Spannung, Tempo, Drive und Überraschungsmomente. Dass sie früher Kameramänner waren, ist spürbar: Ständig wechseln die Einstellungen in raschen Schnitten brillant von der Totalen in die Nahaufnahme oder zu Detailansichten, von ruhigen, weiten Schwenks zu hektischem Handkamera-Einsatz.

John Fleck besticht in der Rolle des Psychopathen Trent, dessen Wandlung vom höflichen Sonderling zum abgründigen Monster in Hochwasserhosen er eindringlich verkörpert. Eine Klasse für sich ist der Soundtrack mit Musik der Synthesizer-Pioniere Wendy Carlos und Janet Beat, der den Film bedrohlich brodelnd unterlegt. „Dead Mail“ hat Kult-Qualitäten, unbedingt ansehen!

Darstellerin Preeti Panigrahi ist eine Entdeckung

Nicht minder empfehlenswert, aber von ganz anderer Machart ist der Wettbewerbsbeitrag „Girls Will Be Girls“, das Langfilmdebüt der indischen Regisseurin Shuchi Talati. Sie inszeniert ihr Liebes- und Sozial-Drama über eine Musterschülerin auf einem indischen Elite-Internat konventionell als episches Erzähl-Kino. Aber das derart sensibel und einfühlsam, dass man als Betrachter jede Minute mitfiebert, wie die Romanze von Mira und ihrem Mitschüler Sri ausgeht.

Denn im strengen Regelwerk des Internats, an dem alle Uniform und Krawatte tragen, sind amouröse Beziehungen verboten. Mira ist als frisch ernannte Oberschülerin dafür verantwortlich, dass Moral- und Bekleidungsvorschriften eingehalten werden. Und dann wacht auch noch ihre Mutter mit Argusaugen über Miras Unbeflecktheit. Doch in ihr keimt die Liebe zu Sri, was Talati in hinreißenden Bildern voller Zartheit darstellt.

Mehr zum Thema

Filmfestival

Film "Sharp Corner": Wendungsreiche Perspektiven eines Leben eröffnen das Filmfestival

Veröffentlicht
Von
Thomas Groß
Mehr erfahren

Auch hier ist eine herausragende darstellerische Leistung zu würdigen: Preeti Panigrahi spielt Mira – ihre Verliebtheit, Zweifel, Neugier, erwachendes Rebellentum -schlichtweg bezwingend. Eine Entdeckung.

Weitere Infos zum Festival gibt es online unter www.iffmh.de

Redaktion

Copyright © 2025 Mannheimer Morgen

VG WORT Zählmarke